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Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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hätte.«
    »Ich habe nur gesagt, daß Einar dich aufspürt und abschlachten wird.«
    »Das hast du mir oft genug gesagt.«
    Nur am ersten Tag, in jenen endlosen Stunden, in denen ihre Wut mächtiger war als ihre Angst vor ihm, als ihr Wille noch ungebrochen war. Nie zuvor war sie gezwungen worden, gefesselt zu Füßen eines Mannes zu liegen. Und er hatte auch noch grinsend seinen Fuß auf ihren Kopf und Rücken gestellt. Vor Durst und Erschöpfung geschwächt, hörte sie auf zu zählen, wie oft die Nacht dem Tag folgte. Nun war sie so müde und steif, daß sie sich am liebsten nie mehr bewegt hätte. Er zog sie hinter sich her. Wäre sie gestürzt, hätte er sie einfach auf der Erde weitergeschleift.
    »Ich sagte dir auch, daß ich dich töten werde«, brachte sie kraftlos hervor. Das war während der endlosen Stunden des zweiten Tages. Um sie zu strafen, gab er ihr kein Wasser, bis ihre Zunge anschwoll und ihre Lippen aufplatzten.
    »Meine Leute haben sehr darüber gelacht.«
    »Du hast ihnen nicht gesagt, daß ich dich mit meinem Messer in den Hals stach.«
    Das hatte er ihnen verschwiegen. Sein Mannesstolz hatte es nicht zugelassen. Unwillkürlich strichen seine Finger über die verkrustete Narbe an seinem Hals, wo die Messerspitze sich in seine Haut gebort hatte, bis Blut spritzte.
    Er fühlte sich ertappt und ließ die Hand sinken. Seine Augen funkelten vor Wut, doch er fragte sie ruhig: »Kannst du alleine gehen, ohne daß ich dich stütze?«
    »Natürlich kann ich.«
    Er ließ sie los; sie sackte in die Knie und stürzte.
    Voller Verachtung blickte er auf sie hinunter, bückte sich und warf sie über seine Schulter.
    Sie wehrte sich mit letzter Kraft. »Halt still, sonst schleif ich dich an den Haaren nach oben.«
    Sie gehorchte. Er trug sie den gewundenen, steinigen Pfad nach oben. Bei dem ständigen Schwanken seiner Schritte zog sich ihr Magen zusammen. Sie schloß die Augen. Durchdringendes, vielstimmiges Vogelgezwitscher begleitete ihren Weg den Hügel hinauf. Sie mochte Vögel, schon als Kind hatte sie gern ihre spielerischen Flüge beobachtet. Sie biß die Zähne zusammen, um gegen das Übelkeitsgefühl anzukämpfen. Der Mann stapfte den Pfad unbeirrt weiter bergan. Sie zählte zehn weitere Schritte auf dem holprigen Pfad. Beim elften bäumte sie sich auf, da sie den Druck auf den Magen nicht länger ertrug. Er schlug sie. Sie hielt es nicht länger aus und kreischte: »Laß mich herunter! Ich muß mich übergeben!«
    Er zögerte nicht und ließ sie neben dem Weg in ein Dornengestrüpp plumpsen. Mirana wälzte sich zur Seite, die Dornen kratzten ihre Arme blutig. Auf Knien liegend, die Hände in Dornengestrüpp verkrallt, würgte sie qualvoll immer wieder. Sie erbrach nur Schleim, da ihr Magen leer war. Sie vermochte dem trockenen, quälenden Würgen nicht Einhalt zu gebieten. Ihre Kehle brannte wie Feuer, Tränen strömten übers Gesicht. Ihr strähniges Haar hing wie ein schwarzer Vorhang zu Boden.
    Dann spürte sie ihn hinter sich. »Du hast nichts im Bauch«, meinte er ohne Mitleid, und sie wünschte, sie hätte ihr Messer, um es ihm tief in die Lenden zu bohren.
    »Was ist mit ihr los, Rorik?«
    Hafter war herbeigeeilt. Hinter ihm sechs weitere Krieger, die sie alle angafften. Auch Frauen näherten sich. Ein Kind fragte mit heller Stimme: »Wer ist die Frau, Papa? Ist sie eine neue Sklavin? Was ist los mit ihr? Stirbt sie?«
    Alle starrten sie an, und sie wünschte allen den Tod.
    Rorik sagte zu Hafter gewandt: »Ich trug sie über der Schulter. Sie ist zu schwach, um alleine zu gehen. Und jetzt kotzt sie die ganze Insel voll. Vielleicht will sie nur Mitleid schinden. Wir hätten sie über Bord werfen sollen.«
    Sie hob den Kopf. »Ich wünsche, daß deine Geschlechtsteile abfaulen. Ich wünsche, daß diese Insel im Meer versinkt und du mit ihr.«
    Nach einer tödlichen Stille warf er den Kopf in den Nacken und lachte böse und zornig, es war ein Lachen, das sie hätte warnen müssen.
    »Ich hasse dich«, sagte sie, beugte sich vor und würgte erneut. »Du bist eine grausame Bestie. Du hast mich wie einen Hund drei Tage angekettet, hast deine stinkenden Füße auf mich gestellt, und jetzt erwartest du, daß ich einen Freudentanz aufführe, weil ich endlich wieder gehen darf.«
    Er packte sie unter den Achseln, zog sie hoch und schleifte sie den Pfad zurück zur Mole. Dort warf er sie in hohem Bogen ins Wasser. Der Kälteschock raubte ihr den Atem, sie wollte schreien, doch das Wasser erstickte

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