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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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flehten und hofften die Schreiber in der Dämmrigkeit ihrer Stube. Doch meistens ist das Schicksal nicht auf der Seite derer, die flehen und hoffen.
    Nun aber wenden wir uns dem Zweiten Teil der Geschichte um den Einen Ohrring zu, in der minderen Übersetzung jener, die unter ihrer Lampe saßen.

Erstes Kapitel:
Eine Langanhaltende Party
    Nach Beendigung des Ohrringkrieges hatte auch das Drittletzte Zeitalter der Mittelmäßigen Welt ein Ende gefunden; und da Saurum, der Dunkle Herrscher Murderors, besiegt worden war, feierten alle Geschöpfe die Endlose Fete, die Frohdoof, der Hobbknick aus dem Flauen Land, ausgerufen hatte. Es war das Vorletzte Zeitalter, eine Ära unbegrenzten Frohlockens. Allerdings dauerte diese Epoche nicht allzu lang, und das Letzte Zeitalter der Mittelmäßigen Welt sah die grausame Herrschaft der Zwei Blauen Zauberer, welche, aus dem Äußersten Westen zurückkehrend, der schrankenlosen Boshaftigkeit huldigten und die Wesen der Hinnenlande versklavten.
    Jedoch, wie es die Weisen auf zerknitterten Pergamentrollen aufgezeichnet haben, darauf sie mit dünnen Federn kritzelten, fanden die Zwei Blauen keine Genugtuung in ihrem ruchlosen Tun und, enttäuscht von der Schalheit ihrer Tyrannei, schworen alsbald dem Bösen ab und legten den Einen Ehering nieder. Sie errichteten mit der Hilfe Frohdoofs eine neue Regentschaft unabänderlichen Glücks; und somit hatte das Allerletzte Zeitalter begonnen.
    Die Geschöpfe der Mittelmäßigen Welt lebten nun wieder in einem Zustand permanenten Frohmuts, denn die Macht des Wiederaufgetauchten Ohrrings, der in Frohdoofs unversehrtem Läppchen baumelte, bewirkte, dass kein Unheil sich an die Gestade der bis dato Sterblichen Lande zurückschleichen konnte, und ein jedes Herz schlug im Glückstaumel, unbehelligt vom Dahinfließen der Zeit. Allenthalben tanzten und jauchzten die Bewohner der Mittelmäßigen Welt und hörten gar nicht auf, einander zu küssen, sodass bisweilen Illu-Manta, auch Eydu geheißen, der Eine Schöpfer, hinunterblickte auf Ahdada, die inzwischen nicht mehr platte, sondern runde Welt, und sich stirnrunzelnd fragte: »War das eigentlich vorgesehen in meinem ursprünglichen Plan, den ich entwarf in der Leere, bevor ich die Zeit erfand?«
    Er konnte sich gar nicht mehr richtig erinnern! Zuweilen rief er Mandel den Schläfrigsten Gott an, seinen Statthalter auf Erden, der sofort abnahm, und fragte ihn um Rat: »Nun, liebster Mandel, was geht denn da vor sich, in der Mittelmäßigen Welt? Ein Leben ohne Pein und Müh’? So haben Wir uns das doch nicht ausgedacht, oder?«
    Mandel jedoch zuckte nur mit den Schultern (was Illu-Manta gar nicht hören konnte) und räkelte sich sorgenvoll auf seinem plüschigen Thron über dem höchsten Gipfel der Welt, den die Albernen Tanyquaelmich nennen, im Entrückten Osten, dem Segensreich Valium. Dann wandte er sich an Varsdas, seine anmutige Gemahlin, um ihren Rat in dieser Frage zu erbitten – zumindest plante er es, doch fand er sie zu seiner Verblüffung nicht mehr vor. Er hatte wohl schon längere Zeit nicht mehr nach links gesehen. Varsdas aber, auch Titttaille geheißen, war in die Mittelmäßige Welt geeilt, um dort endlos zu feiern, wie sich später herausstellte, und Savanna und die anderen Göttinnen hatte sie mitgenommen, genauso wie unzählige gefüllte Trinkgefäße, die Mandel in einem Gletscher des Tanyquaelmich verborgen hatte – nur zur Sicherheit, falls ihn einst ein Durst anfliegen mochte.
    Illu-Manta jedoch, halb und halb in dunklem Zorn und hellem Entsetzen, wandte sich ab von Ahdada und starrte in den Äußeren Hohlraum, der ihn, wie schon Äonen zuvor, an sein eigenes Inneres erinnerte.
    In der Mittelmäßigen Welt jedoch nahmen die Lustbarkeiten kein Ende. In allen Ebenen wurde getanzt, und auf den Berggipfeln riefen körperlose Stimmen »Juckuruh«, den von allen Wesen gern übernommenen Jubelruf der Lendhenzwerge. In den Tälern der glückselig gurgelnden Flüsse hallte Lachen wider und es wurden Hochburgen errichtet, die eigens dem närrischen Frohsinn gewidmet waren. Vidas Tierlyth wurde mit riesigen Kuschelecken ausgestattet, für deren Steinmetzkunst sich die Lendhenzwerge vom Überlaufenen Berg verantwortlich zeigten. Durch Vidas Moduul hingegen, der nun lebensfroh illuminierten ehemaligen Geisterlichtstadt, hallten Seufzer erquicklichen Ergötzens, in die sogar das Jauchzen schöner Elfenmädchen verstrickt war. Der Herr der Nazgulashs, der alte Gespensterfürst, agierte dort

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