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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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Geste zu deuten vermochte, mit den Schultern.
    »Wieso verflucht noch eins kann er sich nicht erinnern?«, fragte Ganzhalb und raufte sich den Bart, was Pymli nachdenklich stimmte: war dies nicht das Vorrecht der Lendhenzwerge?
    »Vielleicht wurde es ihm als Schicksalsspruch mit auf den Weg gegeben?«, argwöhnte Allround. »Um die ganze Sache spannender zu machen, womöglich.«
    Er erwähnte die Zahl Neun nicht, und dadurch waren die anderen derart beschwichtigt, dass sie seine armselige Deutung klaglos hinnahmen. Er winkte ihnen zum Abschied, und daran erkannten sie, dass er sie zum Aufbruch zu ermuntern suchte.
    Alsbald taperten die Gefährten durch nebelverhangene Wiesen und stille Schneisen, und sie ächzten unter den Bürden von Rucksack und Quest. Da Frohdoof, als wanderndes Mitglied der Gemeinschaft, seine Herrschaft über die Mittelmäßige Welt abgelegt, das heißt den Einen Ohrring in einer hellgrünen Schatulle im höchsten Turmverlies Vidas Tierlyths zurückgelassen hatte, wo schon in anderen, andersfarbigen Schatullen die Anderen Einen lagerten, war das Zeitalter des unentwegten Frohsinns beendet. So schallten aus der Ferne verstörende Klagelaute zu ihnen herüber; und, was zu jenem Zeitpunkt noch keiner ahnte: allenthalben begannen Missetäter, ihr baldiges Unwesen zu treiben vorzubereiten. Und durchs Unterholz, wo er sich verhedderte, einen Zeitenwandel erahnend, schlich Guelle, jener Zwielichtige, der in früheren Zeiten den Einen Ohrring besessen hatte und ihn seither mit grünlich schimmernder Gier zurückzuerlangen trachtete. Er führte zischelnd Selbstgespräche, die von keinem Zeugen vernommen wurden und niemals in die Annalen übernommen werden konnten.
    Den Zwei Blauen Zauberern war für die Weile von Frohdoofs Abwesenheit die Regentschaft über die Mittelmäßige Welt übertragen worden; immerhin hatten sie diese schon einmal innegehabt, und dies schien sie für die Aufgabe zu prädestinieren. Kaum, dass die Gefährten außer Sichtweite geraten waren, setzten sie sich nebeneinander auf den Thron von Vidas Tierlyth und widmeten sich den Regierungsgeschäften.
    »Ob wir vielleicht wieder ein Zeitalter der Dunkelheit ausrufen sollten?«, fragte der links Sitzende, wahrscheinlich war es Alfonsheroin. »Frohdoof selbst hatte doch ähnliche Pläne…«
    »Wir müssen sein Andenken in Ehren halten!«, sagte der rechts Sitzende, und es war dies wohl Palastdirn. »Außerdem wär’s weniger langweilig. So für uns. Und überhaupt.«
    »Wir könnten zu den Schatullen eilen und uns ein paar Eine Kleinodien besorgen«, sprach der linke, also wahrscheinlich Alfonsheroin. »Die haben doch so viel Macht ! Mit deren Hilfe wäre es ein Leichtes, Unheil zu bewirken. Und es würde uns viel schwerer fallen, trügen wir die Einen nicht.«
    »Der Ehering allein reicht doch schon aus, um größtes Unglück und Entsetzen zu bewirken!«, grinste Palastdirn, und beide rieben sich die Hände und schnitten geifernde Grimassen. Der Rat der Weisen hätte wohl doch eher Gard Ariel als zwischenzeitliche Herrscherin ausrufen sollen, ganz wie sie es sich gewünscht hätte – allein sah sie in jenen Tagen einmal mehr viel zu gut aus, zum Lieben und Verzweifeln, und da hatte jene, die ihr gerade ein solches Angebot zu unterbreiten suchten, ganz plötzlich, während sie durch einen Türspalt lugten, dahinter Gard Ariels gleißende Nacktheit strahlte, die Angst befallen, der sexuellen Sklaverei anheim geliefert zu werden. Und sie hatten es sein gelassen, das mit dem Unterbreiten.
    Die wandernden Gefährten aber ahnten nicht, was sich hinter ihrem Rücken zusammenbraute, während ihre Schritte sie weiter fort brachten von Vidas Tierlyth. Jeder trug seinen eigenen Rucksack. Saurum hatte einen schwarzen mit detailreich gestickten Totenköpfen erwählt: Vorzeichen eines nahenden Rückfalls? Und wer hatte den Rucksack überhaupt zusammengenäht, in Vidas Tierlyth, der Hochburg des Guten? Ach, es gab viele Fragen, mit denen sich die Freunde quälten.

Siebtes Kapitel:
Der Weg der Müden Schar
    Es war zu einer Uhrzeit, die sie alle schon eine längere Weile zuvor erwartet hätten, und die Gemeinschaft hetzte durch glitschige Wiesen voll der stillen Wasserlachen, dass es nur so sprühte von Fontänen, und die Morgensonne ging strahlend auf, und dann verschwand sie hinter dunklen Wolken, die von jähem Regen kündeten. Die Gefährten glaubten, ein Omen zu sehen, dessen spitzfindige Deutung sie allerdings späteren Zeitaltern

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