Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
dass ich verstand, und ihre Stimme wurde noch weicher.
»Havald …« Sie schüttelte den Kopf. »Nichts …« Sie holte tief Luft, bevor sie weitersprach. »Danach gab sie mir den Ring und sandte mich aus, Ser Roderic zu suchen. Noch in derselben Nacht brach ich auf. Du hast recht, Havald. Es ist so. Ich kann weder rasten noch ruhen, bis Steinherz Thalak die Gerechtigkeit gibt, die er verdient.«
Ich sah auf die Klinge in ihrer Hand hinab, die rubinroten Augen lachten spöttisch. Was war Liebe gegen einen Schwur mit steinernem Herzen?
Ich setzte mich und stützte den Kopf schwer auf beide Hände. Ich erinnerte mich an die Karte aus dem Gasthof, die Leandra so liebevoll abgezeichnet hatte. Sah vor meinem geistigen Auge diese kleine Insel, das Wort Thalak daneben, sah die vielen Reiche, die zwischen uns und dem kleinen Ort lagen, alle nun unterworfen, alle dienten sie jetzt dem dunklen Herrscher. Auch von diesen Reichen waren wohl einige wehrhaft gewesen, hatten geglaubt und gehofft, gegen den eisernen Griff Thalaks bestehen zu können …
Ich hatte Leandra maßlos unterschätzt. Wenn ich zuerst noch gedacht hatte, es wäre ein unmögliches Unterfangen, die Reiche von der Bedrohung Thalaks zu befreien, wenn ich bezweifelt hatte, dass wir uns seiner Macht überhaupt erwehren, ihm überhaupt Widerstand leisten könnten, so fand ich Leandras Ziel nun weitaus erschreckender. Sie suchte nicht nur den Widerstand gegen den Gegner, sondern die vollständige Zerstörung seines Reiches. Sie wollte den Imperator selbst auf den Knien vor sich, wenn sie Gericht hielt.
Vielleicht entrang sich mir ein Stöhnen, ich weiß es nicht.
Leandra trat neben mich, legte eine Hand zärtlich in meinen Nacken, mit der anderen hielt sie das verfluchte Schwert. »Ich habe Zeit, Havald«, sagte sie leise. »Jahrhunderte, wenn es sein muss. Aber ich werde das Urteil vollstrecken. Ich glaube daran, und du selbst hast gesagt, dass mit Glauben alles möglich ist. Selbst wenn die Reiche untergehen, wird Thalak die Gerechtigkeit der Rose Illians erfahren.«
Sie beugte sich vor und gab mir einen Kuss auf meine Hand. »Glaube einfach an mich, Havald. Denn ich folge ebenfalls meinem Herzen.«
Ich schaute hoch und versank in diesen violetten Augen, die ich selten so weich und zugleich so entschlossen gesehen hatte. »Ich weiß das, Lea, ich weiß.« Ich erhob mich und hielt sie so fest ich konnte, atmete ihren Geruch ein. »Ich weiß, dass du deinem Herzen folgst.«
Einem Herzen aus Stein, vor langer Zeit in verfluchten Stahl geschmiedet.
»Schreib, was du willst, Leandra, sag ihr alles, was dir wichtig ist. Hab keine Sorge, dass deine Worte an ein falsches Ohr gelangen«, sagte ich dann leise, noch während ich sie eng umschlungen hielt. »Wenn Janos die Rose nicht mehr unter den Lebenden vorfindet, dann soll er die Nachricht zerstören. Wenn der Erbe das Reich verraten hat, soll Janos zurückkehren. Er ist bei uns von größerem Nutzen, als wenn er das tut, was er sonst tun würde.«
»Was würde er denn tun?«, fragte sie. Ich spürte ihren Atem an meiner Brust.
»Das, was er gelernt hat. Als Freischärler dem Feind ein Dorn in der Seite zu sein. Nächtliche Angriffe, zerstörter Proviant, vergiftete Brunnen …«
Ich konnte ihn sehen, Janos, wie er mit rußgeschwärztem Gesicht durch die Nacht schlich, ein mörderischer Schatten, an seiner Seite Sieglinde, die ihm folgen würde, bis das Unvermeidliche geschah.
»Andere werden das tun. Dafür brauchen sie ihn nicht. Gib ihm den Auftrag, nach Coldenstatt zu reisen. Was auch immer geschieht, es wird dauern, bis Thalaks Truppen den Norden erreichen. Selbst wenn die Krone verraten ist, wird es Zeit brauchen, bis seine Armeen den Ländern seinen Frieden aufgezwungen haben. Janos soll in Coldenstatt den Schmied Ragnar aufsuchen und ihm seine Axt zurückgeben. Sie gehört dem Schmied und ist sein Erbe. Und wenn Janos kann, soll er Leute finden, treue Leute, die für das Reich die Festung am Pass besetzen. Danach soll er versuchen, zu uns aufzuschließen, vielleicht haben wir bis dahin andere Tore gefunden.« Ich zögerte einen Moment. »Er soll Ragnar und vielleicht auch seiner Familie den Weg hierher weisen, auch durch das Tor. Man kann Ragnar vertrauen, er ist ein guter Mann. Du wirst ihn mögen.«
»Du gehst davon aus, dass dein Freund Ragnar Hof, Haus und Schmiede, vielleicht auch seine Familie und sein Glück verlassen wird, um sich uns anzuschließen?«
»Er wird es tun. So ist er.
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