Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
kaum möglich. So viel Kraft und Ausdauer hat niemand.«
Kasale sah mich an. »Da irrt Ihr, General. Ich könnte es jetzt.«
Kasale war gut in Form, sehr gut, würde ich sagen. Aber sie war eher drahtig als muskulös. Es war ein Wunder, dass sie sich in dieser schweren Rüstung, in der ich sie das erste Mal gesehen hatte, überhaupt bewegen konnte. Damit trug sie gut und gerne, wenn noch Ausrüstung und Schwert hinzukamen, die Hälfte ihres eigenen Gewichts zusätzlich.
»Die Rüstungen sind nicht so schwer, wie sie aussehen«, erklärte Serafine, die offensichtlich den Grund meiner Skepsis verstand.
»Richtig«, stimmte Kasale zu. »Habt Ihr Euch Eure eigene Rüstung noch gar nicht angesehen?«
»Sagt, Kasale«, fragte Serafine mit einem seltsamen Gesichtsausdruck, »warum nennt Ihr Havald General?«
»Weil er es ist. Er ist der Lanzengeneral der Zweiten Legion«, erklärte sie Serafine überrascht. »Wusstet Ihr das nicht?«
Serafine schaute mich unverwandt an. »Nein«, sagte sie, ohne den Blick von mir zu lösen. »Das wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass es seine Idee war, die Zweite Legion wiedererstehen zu lassen. Nicht, dass er sie kommandieren würde.«
»Das wird sich noch zeigen. Ich glaube nicht, dass ich geeignet bin, eine Legion in den Kampf zu führen.«
»Das glaube ich auch nicht«, bestätigte Serafine. »Dazu müsstest du Disziplin besitzen. Zeig mir deinen Ring.«
Ich zog meinen Handschuh aus und hielt ihr die Hand hin.
»Neun Steine«, hauchte sie fassungslos. »In Friedenszeiten gibt es nur acht Steine! Woher hast du ihn?«
»Wir fanden ihn zusammen mit der Fahne des Zweiten Bullen.«
Sie war noch immer fassungslos. »Wie kann es sein, dass du diesen Ring trägst? Seine Magie müsste das verhindern!«
Ich seufzte. »Kommandant Keralos, der Statthalter von Askir, bestätigte meinen Rang, aber es ist noch immer meine Absicht, den Ring dann an denjenigen weiterzugeben, der die Legion letztlich führen wird. Ich werde es kaum sein, da hast du recht.«
Sie sah mich prüfend an, noch immer mit diesem Unglauben in den Augen. »Weißt du, dass du damit im Moment der Oberbefehlshaber der in Gasalabad stationierten Truppen bist? Bist du dir der Verantwortung bewusst, Havald?«
Ja, aber ich wollte sie nicht.
»Es gibt einen Grund, warum wir hier sind«, sagte ich etwas barsch. »Du sagtest, du wüsstest, wo die Tore hier in der Garnison sind. Zeig sie mir.«
Sie salutierte zackig. »Jawohl, Lanzengeneral, Ser!«, sagte sie schneidend. Auf einmal verstand ich, dass Serafine wütend auf mich war. Aber warum?
Kasale zog eine Augenbraue hoch.
Serafine fand die Tore. Wortlos. Eines für Lasten, zwei von den kleineren für Personen. Ich notierte mir die versteckten Zeichen, aber das, worauf ich gehofft hatte – dass wir hier noch Torsteine finden würden –, erfüllte sich nicht.
Das war es vorerst mit der Garnison. Alles Weitere lag nun in Kasales Hand. In ihrer und Faihlyds. Denn ohne die Hilfe der Emira würde alles zehnmal schwieriger werden. Auf dem Rückweg fehlte mir Serafines Lächeln, an das ich mich irgendwie gewöhnt hatte. Sie blickte nur stur geradeaus. Kasale sprach auch nur das Nötigste. Wieder zu Hause angekommen, nickte sie uns wortlos zu, nahm die Zügel der Pferde entgegen und ritt davon.
»Serafine …«, begann ich, aber sie funkelte mich nur an.
»Ihr werdet es merken, wenn ich wieder mit Euch reden will, Lanzengeneral, Ser!«, fauchte sie, drehte sich auf dem Absatz um und rauschte mit wehendem Umhang vor mir ins Haus.
Natürlich stand Armin in der Tür. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder und verbeugte sich tief. Ich warf ihm meinen Umhang zu und ging in die Küche. Serafine war nicht da, aber Leandra und Natalyia warteten auf mich.
17. Ein Brunnen voller Sterne
»Das hat ziemlich lange gedauert«, sagte Leandra in einem Tonfall, der sich nicht viel von dem Serafines unterschied. Sie war ebenfalls wütend. Ich setzte mich und war froh, dass wenigstens Afala lächelte, als sie meinen Becher füllte. Natalyia sagte wie üblich nichts und beobachtete mich nur.
»Esseri«, meinte Armin vorsichtig von der Tür aus. »Es ist nur noch kurze Zeit, bis Prinzessin Marinae Zeugnis vor Boron ablegen wird.«
»Was ist eigentlich los?«, fragte ich, hauptsächlich an Leandra gerichtet. Bei Serafine konnte ich ahnen, warum sie wütend auf mich war, aber Leandra sollte eigentlich keinen Grund haben.
»Dieser von Gering ist ein sturer, blinder Hornochse mit dem
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