Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
Wasser gleich dazu.
Es hörte auf, ich holte schmerzhaft Luft, erlitt einen neuen Hustenanfall, röchelte etwas und lag still. Noch immer brannte meine Lunge, aber sie tat ihren Dienst. Allmählich verstand ich, dass ich auf den warmen Steinplatten im Hof lag, dass die Schatten sich bewegten und die Geräusche Stimmen waren.
»Zäh wie ein altes, dreimal gekautes Stück Leder«, hörte ich Armin sagen. »Sturer Bock! Bedenkt, dass er überall Ärger macht, ganz gleich, wo er sich gerade aufhält. Meint Ihr wirklich, die Götter würden ihn zu sich nehmen wollen?«
»Ich habe auch nicht vor, ihn herzugeben.« Das war Leandra. »Er soll bleiben, wo er ist. Bei mir!« O je, diesmal klang sie richtig wütend.
»Die Götter sollen warten«, sprach Serafine. Sie war ebenfalls wütend. »Ich bin noch nicht fertig mit ihm.« Ich hörte Armin lachen.
»Habt ihr gesehen, wie schnell er sich bewegt hat?« Natalyias Stimme. Sie klang beeindruckt.
»Wir brauchen ein Ferkel«, meinte Leandra.
Was für ein Ferkel denn?
Das war Leandras Gesicht über mir, und sie lächelte, sah aber besorgt aus. Sie war dreckig, blutete aus einem Schnitt an der Stirn, ihre Kleider sahen halb verbrannt aus, doch ihre violetten Augen schimmerten voller Genugtuung.
»Was ist passiert?«, fragte ich, oder versuchte es zu fragen. Ich musste wieder husten.
Sie verstand mich trotzdem. »Ich hätte dich beinahe umgebracht«, gestand sie mir und schlug die Augen nieder. »Es tut mir leid.«
»Ihr hättet es sehen sollen, Esseri!«, rief Armin begeistert. »Es war wie die Faust der Götter. Der Donner warf uns alle von den Füßen, und Ihr seid wie ein Kind gegen den Brunnenrand geflogen, und dann wart Ihr weg. Gesehen hat das keiner, wir waren alle blind. Aber Ihr wart anschließend verschwunden, also musstet Ihr im Brunnen sein. Ich war der Erste, der daran dachte, und ich hatte recht, gelobt sei die Gnade der Götter, mir den Gedanken zu gewähren. Ich schwöre Euch, Esseri, ich …«
»Armin«, sagte Leandra ganz sanft. »Sei still.«
Armin sagte nichts weiter. Das war gar nicht seine Art, was hatte Leandra mit ihm gemacht?
»Ich bin in den Brunnen gefallen«, erinnerte ich mich. »Der Brunnen ist tief.«
»Ja, das ist er«, bestätigte Leandra.
»Dann bin ich untergegangen.« Ich versuchte mich aufzurichten, meine Schulter war dagegen, und ich sank zurück und hustete erneut. »Wie habt ihr mich da herausbekommen?« Über ihre Schulter hinweg erblickte ich etwas Seltsames.
»Einer der Ziersträucher im Garten ist verkohlt«, teilte ich ihr ungläubig mit.
»Ja. Aber das ist nicht wichtig«, sagte Leandra. »Wie wir dich wieder hinaufbekommen haben? Natalyia ist in den Stein getaucht, hat in den Brunnen hineingegriffen und dich durch den Stein wieder ans Licht gezogen«, erklärte sie lächelnd und warf der wortlosen und klitschnassen Natalyia, die neben ihr kniete, einen dankbaren Blick zu.
Natalyia selbst sagte nichts. Manchmal wünschte ich mir, sie würde mehr sprechen.
Ich versuchte noch einmal, mich aufzurichten. Es war nicht nur meine Schulter, auch Leandra und Natalyia drückten mich wieder herab.
»Bleibt still liegen«, sagte Natalyia mahnend. So schnell konnten Wünsche in Erfüllung gehen. »Wir müssen auf den Arzt warten. Die Bolzen müssen entfernt werden, der in Eurem Hals bereitet mir Sorgen. Ihr verliert viel Blut.«
Ich konnte den rechten Arm bewegen und ertastete am Hals den Bolzenschaft. Er steckte von oben in mir, die Spitze war tief eingedrungen.
»Ihr habt noch einen abgebrochenen Bolzen im Rücken stecken und im linken Oberschenkel«, teilte mir Armin hilfreich mit. »Der im Rücken sieht tödlich aus, er muss Euer Herz nur knapp verfehlt haben.«
»Solltest du nicht still sein?«, fragte Leandra milde.
»Ja, Essera, ich vergaß«, gab Armin hastig zurück.
»Wir brauchen sein Schwert«, stellte Leandra fest und sah besorgt auf mich herab. »Seht, wie bleich er ist. Er stirbt uns sonst, bevor der Gelehrte da ist.« Sie sah zu Natalyia hinüber. »Kannst du es holen? Es muss auf dem Grund des Brunnens liegen.«
Natalyia schüttelte den Kopf. »Der Brunnen ist sehr tief in den Stein gesetzt. Vielleicht könnte ich so tief kommen, aber ich würde den Rückweg sehr wahrscheinlich nicht schaffen. Wenn es die letzte Möglichkeit ist, werde ich es versuchen, aber rechnet nicht damit, dass ich zurückkomme.«
»Lasst es da liegen«, versuchte ich zu sagen, aber es war noch immer ein Röcheln. Oder ein Gurgeln.
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