Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
dauern wie zu Pferd. Noch ist sie nicht angekommen, doch das wird bald der Fall sein. Ab dann … ist es nur eine Frage der Zeit, bis Marinaes Wille bricht. Es wird nicht möglich sein, Janas zu erreichen, um sie noch vorher zu retten. Später … Später wird es vielleicht auch nicht mehr möglich sein. Denn dieses spezielle Haus ist zugleich ein Tempel des Namenlosen. Auch Sarak konnte uns nur grob sagen, wo sich der Zugang befindet, genau wusste er es nicht. Er wurde immer von Dienern durch lange Gänge dorthin gebracht.« Ich sah die drei Frauen vor mir an und erkannte, dass sie verstanden. »Es ist denkbar, dass der Tempel unauffindbar bleibt. Seit Jahrhunderten sucht man die Tempel des Namenlosen, und kaum jemand war dabei jemals erfolgreich.«
»Und wenn doch, dann hörte man nichts mehr von ihnen«, sagte Serafine leise.
Das war es, was Faihlyd zum Weinen gebracht hatte. Denn so wie es aussah, war Marinae verloren. Nachdem sie erfahren hatte, dass die Nekromantin nicht Marinae gewesen war und es noch Hoffnung gab, dass ihre Schwester lebte, war es doppelt hart für sie, das jetzt aus Saraks Mund zu hören, zumal er seine Genugtuung darüber wirklich nicht verbarg.
»Es gibt eine ferne Hoffnung«, fuhr ich fort und stellte fest, dass mein Becher schon wieder leer war. Ich schenkte mir erneut ein. »Die Lanze des Ruhms ist ein schnelles Schiff, und Armin kennt Janas wie seine Westentasche. Wenn es einen Ort dort gibt, an dem sich der Tempel des Namenlosen befinden könnte, dann nur an einer Stelle: in den Katakomben der alten Totenstadt. Ein verfluchter und verwünschter Ort, wo angeblich Untiere hausen. Was Sarak beschrieben hat, stützt Armins Vermutung. Doch mittlerweile, sagt Armin, weiß der Turm bestimmt, dass wir auf der Seite der Emira stehen. Eines ist sicher: Sollte der Turm uns in die Hände bekommen, wird es uns nicht viel besser ergehen als Sarak.« Ich leerte meinen Becher in einem Zug. »Und das sogar mit dem gleichen Recht, weil wir gegen den Emir von Janas intrigieren. Armin beabsichtigt durchaus, den Turm ins Wanken zu bringen und den Adler wieder in Janas zu etablieren. Denn auch das wäre eine Möglichkeit: den Thron von Janas an sich zu reißen und dann mit der Macht und dem Gesetz des Emirats die Diener des Namenlosen auszuräuchern.« Ich stellte meinen leeren Becher mit einem Knall ab, der meine Zuhörerinnen zusammenzucken ließ. »Als letzte, aber wahrscheinlichste Möglichkeit zieht Faihlyd in Betracht, an der Spitze ihrer Armee nach Janas zu reiten. Für Marinae käme sie zu spät, doch sie könnte ihre Schwester rächen.«
Ich erhob mich vom Tisch. Jetzt merkte ich den Wein deutlich. Gut so. »Verzeiht«, sagte ich. »Aber ich will jetzt nur noch schlafen.« Ich fixierte Natalyia mit meinem Blick. »Diesmal will ich wirklich nicht geweckt werden.«
»Ich richte es Afala aus«, entgegnete Natalyia milde.
»Havald«, sagte Serafine. »Warte einen Moment.«
»Ja?« Ich stellte erleichtert fest, dass ich sehr müde war. Also konnte ich davon ausgehen, dass ich auch schlafen würde.
»Marinae ist noch nicht in diesem Haus, nicht wahr?«
Ich nickte. »Morgen oder übermorgen wird das Schiff dort ankommen.«
»Heute noch nicht?«
»Nein, nicht heute.« Ich wusste nicht, worauf sie hinauswollte.
»Was, wenn es eine Möglichkeit gäbe, so schnell nach Janas zu gelangen, dass man dieses Schiff abfangen kann? Vielleicht noch bevor es Janas erreicht. Es muss ein Schiff des Turms und als solches leicht zu finden sein.«
»Es wird ein imperiales Tor in Janas geben, dessen bin ich mir sicher, aber wir kennen das Muster der Steine nicht. Oder kennst du es vielleicht?«
»Nein. Sonst hätte ich es euch schon gesagt. Ich weiß allerdings, wo sich das Tor befindet. Ich stamme aus dem Haus des Adlers, und der Stammsitz unserer Familie lag dort. Es gibt oder gab ein Tor in der Garnison. Aber ich dachte nicht an das Tor. Ich dachte daran, zu fliegen.«
Wir sahen sie alle entgeistert an.
»Fliegen?«, fragte ich fassungslos.
»Ich weiß nicht, wie die Elfen zu Gasalabad stehen, jetzt da das Reich nicht mehr existiert. Aber habt ihr vielleicht daran gedacht, sie zu fragen?«
»Elfen?«, wiederholte Leandra genauso fassungslos wie ich.
Jetzt war es an Serafine, sie überrascht anzusehen. »Warum seid Ihr so erstaunt, Leandra?«, fragte sie. »Ihr tragt die Rüstung eines Greifenreiters, führt den Greif als Wappen. Warum nicht Eure Cousins fragen, ob sie Euch einen Gefallen tun und Euch
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