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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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waren halb ausgebreitet. Musik schallte über den Fluss, als der Schwan näher kam, und nun erkannten sie erst, dass es ein Boot war, von geschickten Elbenhänden zum Ebenbild des Vogels geschaffen. Zwei weiß gekleidete Elben steuerten es mit schwarzen Paddeln. In der Mitte saß Celeborn, und hinter ihm stand Galadriel, groß und weiß, einen Kranz goldener Blumen im Haar; und sie hielt eine Harfe in der Hand und sang. Traurig und sanft klang ihre Stimme durch die kühle, klare Luft:
    Ich sang von Laub, von goldnem Laub, und schon hat sich’s gekräuselt;
Ich sang vom Wind, und sieh, er kam, der in den Zweigen säuselt.
Eh noch die Sonn’, eh noch der Mond zum ersten Male schien,
Schon wuchs der Baum des goldnen Lichts am Strand von Ilmarin.
Als nur die Sterne Eldamars die ewge Nacht verscheuchten,
Das sah man ihn die Elbenstadt von Tirion beleuchten;
Lang wuchs dort goldnes Laub am Jahreszweig der Zeit,
Doch jetzt klagt hinterm Scheidemeer das Elbenvolk sein Leid:
O Lórien! Der Winter naht, die leeren, toten Tage,
Die Blätter treibt der Fluss davon, wohin er sie auch trage.
O Lórien! Zu lange säum’ ich hier im Lande schon
Und flecht mir goldne Elanor in die verblichne Kron.
Doch sänge ich von Schiffen nun, wüsst ich nicht, welches wäre
Zur Fahrt bereit und trüge mich über die weiten Meere.
    Aragorn hielt sein Boot an, als das Schwanenboot längsseits herankam. Frau Galadriel beendete ihr Lied und begrüßte sie. »Wir kommen, um euch ein letztes Lebewohl zu sagen und euch mit Segenswünschen aus unserem Land zu entlassen«, sagte sie.
    »Obwohl ihr unsere Gäste gewesen seid«, sagte Celeborn, »habt ihr noch nicht mit uns gegessen, und wir bitten euch daher zu einem Abschiedsmahl hier zwischen den fließenden Wassern, die euch von Lórien forttragen werden.«
    Langsam fuhr der Schwan weiter zur Anlegestelle, und sie wendeten die Boote und folgten ihm. Dort auf der grünen Wiese am äußersten Zipfel von Egladil wurde das Abschiedsfest gefeiert; doch Frodo aß und trank nur wenig; er hatte Auge und Ohr nur für die Schönheit der hohen Frau und ihre Stimme. Sie kam ihm nun nicht mehr schrecklich oder einschüchternd vor, und auch von geheimen Kräften war nichts an ihr zu bemerken. Er sah sie schon so, wie die Menschen späterer Tage manchmal noch die Elben ansehen: als gegenwärtig und doch entrückt, leibhaftige Erscheinungen dessen, worüber die Ströme der Zeit längst hinweggeflossen sind.
    Nachdem sie, im Grase sitzend, gespeist und getrunken hatten, kam Celeborn noch einmal auf ihren Reiseweg zu sprechen. Er hob die Hand und zeigte nach Süden zu den Wäldern unterhalb der Landzunge.
    »Kommt ihr weiter flussabwärts«, sagte er, »so hören die Wälder auf, und das Land wird kahl und baumlos. Dort fließt der Strom durch ein felsiges Tal zwischen Hochmooren, bis er schließlich nach vielen Wegstunden die hohe Insel Zinnenfels erreicht, die wir Tol Brandir nennen. Ihre steilen Ufer umfließt er in zwei Armen und stürzt dann, mächtig schäumend und tosend, den Rauros-Fall hinab ins Nindalf oder Fennfeld, wie es in eurer Zunge genannt wird. Es ist ein weites Sumpfland, durch das der Strom träg und auf viele Arme verteilt dahinkriecht. Dort fließt ihm in vielen Mündungen die Entwasser aus Fangorns Wald im Westen zu. Hinter diesem Fluss, auf der rechten Seite des Großen Stroms, liegt Rohan. Auf der linken Seite seht ihr dort die kahlen Hügel der Emyn Muil, wo der Wind von Osten hereinweht, denn von ihnen blickt man über die Totensümpfe und das Niemandsland bis zur Cirith Gorgor und dem schwarzen Tor von Mordor.
    Boromir und jeder, der mit ihm nach Minas Tirith gehen will, wird gut daran tun, den Großen Strom vor dem Rauros-Fall zu verlassen und die Entwasser oberhalb der Sümpfe zu überqueren. Doch sollte er diesem Fluss nicht zu weit aufwärts folgen, weil er sonstGefahr läuft, in Fangorns Wald zu geraten. Das ist ein seltsames Land, über das heute wenig bekannt ist. Doch gewiss bedarf es für Boromir und Aragorn dieser Warnung nicht.«
    »Freilich haben wir in Minas Tirith von Fangorn gehört«, sagte Boromir, »doch was mir zu Ohren gekommen ist, scheinen mir zumeist Märchen zu sein, wie sie die alten Weiber den Kindern erzählen. Alles Land nördlich von Rohan liegt für uns heute so fern, dass sich die Phantasie dort frei ergehen kann. In alter Zeit lag Fangorn an den Grenzen unseres Reiches; doch nun ist seit vielen Menschenaltern niemand von uns mehr dort gewesen, um die

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