Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
gefallen war, damit begnügt, Merry und Pippin gefangen zu nehmen? Sie haben sich um uns andere nicht gekümmert und auch unser Lager nicht angegriffen; stattdessen sind sie in aller Eile nach Isengard abmarschiert. Haben sie womöglich gedacht, sie hätten den Ringträger und seinen treuen Begleiter gefangen? Das glaub ich nicht. Den Orks gibt man keine so klaren Befehle: Das hätten ihre Oberen nicht gewagt, auch wenn sie selbst so viel gewusst hätten. Über den Ring würden sie mit Orks nicht offen reden, denn das sind keine vertrauenswürdigen Diener. Ich glaube aber, die Orks hatten den Befehl, Hobbits gefangen zu nehmen, und zwar lebendig und um jeden Preis. Bevor der Kampf begann, wurde ein Versuch gemacht, sich mit diesen wertvollen Gefangenen wegzuschleichen. Verrat vielleicht, nicht unwahrscheinlich bei diesem Gesindel. Irgendein starker und mutiger Ork könnte versucht haben, die Beute zum eigenen Vorteil in Sicherheit zu bringen. Ja, so reime ich mir’s zusammen – aber es kann auch anders gewesen sein. Aber auf eines können wir jedenfalls zählen: Wenigstens einer von unseren Freunden ist entkommen. Nun ist es an uns, ihn zu finden und ihm zu helfen, bevor wir nach Rohan zurückkehren. Wenn die Not ihn in diesen finsteren Wald getrieben hat, darf Fangorn auch uns nicht schrecken.«
»Ich weiß nicht, was mich mehr schreckt, Fangorn oder der Gedanke an den Fußmarsch durch ganz Rohan«, sagte Gimli.
»Dann auf in den Wald!«, sagte Aragorn.
Nicht lange, und Aragorn fand neue Spuren. An einer Stelle nah am Ufer der Entwasser waren Fußabdrücke: Hobbitspuren, aber zu schwach, als dass er viel daraus hätte entnehmen können. Dann entdeckte er weitere Abdrücke bei einem dicken Baumstamm genau am Rand des Waldes, aber der Boden war nackt und trocken und verriet nicht viel.
»Mindestens ein Hobbit hat eine Weile hier gestanden und zurückgeschaut; dann hat er sich umgedreht und ist in den Wald gegangen«, sagte Aragorn.
»Dann müssen wir wohl auch hinein«, sagte Gimli. »Aber Fangorn sieht nicht sehr einladend aus, und wir wurden vor ihm gewarnt. Ich wünschte, unsere Jagd hätte anderswohin geführt!«
»Was immer man von ihm erzählen mag, ich habe nicht das Gefühl, dass dieser Wald bösartig ist«, sagte Legolas. Er stand unter den vordersten Bäumen, vorgebeugt, als horchte er, und spähte mit großen Augen in die Schatten hinein. »Nein, bös ist ernicht; oder, wenn etwas darin bös ist, dann weit von hier. Nur ein sehr schwaches Echo von dunklen Stellen höre ich, wo die Bäume ein schwarzes Herz haben. Keine Tücke ist hier in der Nähe, wohl aber Wut und Wachsamkeit.«
»Na, auf mich kann er keine Wut haben«, sagte Gimli. »Ich habe ihm nichts getan.«
»Nur gut so!«, sagte Legolas. »Dennoch, ihm ist etwas angetan worden. Da drinnen geschieht etwas, oder es bahnt sich etwas an. Spürt ihr nicht die Spannung in der Luft? Mir nimmt es den Atem.«
»Stickig ist die Luft«, sagte der Zwerg. »Dieser Wald ist lichter als der Düsterwald, aber er riecht morsch und moderig.«
»Er ist alt, uralt«, sagte der Elb. »So alt, dass ich mich fast wieder jung fühle, so jung wie noch nie, seit ich mit Kindern wie euch unterwegs bin. Alt ist er und voller Erinnerungen. Glücklich wäre ich gewesen, in Tagen des Friedens hierher zu kommen.«
»Du vielleicht!«, sagte Gimli naserümpfend. »Du bist eben ein Waldelb; und ein bisschen sonderbar seid ihr Elben ja alle. Immerhin, du beruhigst mich. Wo du hingehst, da geh ich mit. Aber halte bitte deinen Bogen bereit, und ich mache am Gürtel die Axt locker. Nicht wegen der Bäume!«, fügte er hastig hinzu und blickte zu dem Baum auf, unter dem sie standen. »Ich möchte nur nicht unversehens diesem alten Mann begegnen, ohne ein durchschlagendes Argument zur Hand zu haben, weiter nichts. Gehn wir!«
Damit schritten die drei Jäger in den Fangornwald hinein. Legolas und Gimli überließen die Spurensuche Aragorn. Viel konnte er nicht sehen. Der Waldboden war trocken und mit einer Laubschicht bedeckt. In der Annahme, dass die Flüchtlinge sich nah am Wasser gehalten hätten, kehrte er oft zum Flussufer zurück. So kam er an die Stelle, wo Merry und Pippin getrunken und ihre Füße gebadet hatten. Deutlich lagen da die Fußabdrücke zweier Hobbits vor aller Augen, der eine etwas kleiner als der andere.
»Frohe Kunde!«, sagte Aragorn. »Doch sind die Spuren zwei Tage alt. Und anscheinend haben die Hobbits sich hier vom Ufer weggewendet.«
»Was
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