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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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sehr genau an und ging wieder fort. Während der nächsten ein, zwei Jahre war er dann öfter gekommen, immer unerwartet nach Einbruch der Dunkelheit, und ohne Vorankündigung bei Sonnenaufgang wieder verschwunden. Über seine eigenen Reisen und Angelegenheiten mochte er nicht sprechen; dafür erkundigte er sich in allen Einzelheiten nach Frodos Gesundheit und seinen Beschäftigungen.
    Dann plötzlich war er nicht mehr gekommen. Seit über neun Jahren hatte Frodo nichts mehr von ihm gesehen oder gehört. Allmählich dachte er, der Zauberer werde wohl nie mehr auftauchen und habe längst jedes Interesse an den Hobbits verloren. Aber an diesem Abend, als Sam in der Dämmerung heimging, hörte Frodo das einst so vertraute Klopfen am Fenster seines Studierzimmers.
    Freudig überrascht begrüßte er den alten Freund. Sie musterten einander gründlich.
    »Na, geht’s dir gut?«, sagte Gandalf. »Du hast dich überhaupt nicht verändert, Frodo!«
    »Du auch nicht«, antwortete Frodo, aber im Stillen fand er, dass Gandalf doch um einiges älter und ein bisschen mitgenommen aussah. Er setzte ihm mit Fragen zu, wie es ihm gehe und was in der weiten Welt los sei, und bald waren sie tief im Gespräch und gingen noch lange nicht schlafen.
    Am nächsten Vormittag, nach einem späten Frühstück, saß der Zauberer mit Frodo im Studierzimmer am offenen Fenster. Ein Feuer brannte hell im Kamin, aber die Sonne schien warm, und der Wind kam von Süden. Alles sah frisch aus, und die Felder und die Zweigspitzen der Bäume schimmerten in jungem Grün.
    Gandalf dachte an den Frühling vor fast achtzig Jahren, als Bilbo aus Beutelsend fortgerannt war, ohne auch nur ein Taschentuch mitzunehmen. Der Zauberer hatte nun vielleicht mehr weiße Haare als damals, Bart und Brauen waren vielleicht länger, und sein Gesicht hatte mehr Sorgen- und Weisheitsfalten, aber seine Augen leuchteten wie eh und je, und er zog noch mit ebenso vollem Behagen an seiner Pfeife und blies Rauchringe in die Luft.
    Jetzt rauchte er schweigend, denn auch Frodo war still und tief in Gedanken versunken. Noch am hellen Vormittag spürte er, wie ein dunkler Schatten auf ihn fiel: ein Schatten dessen, wovon ihm Gandalf berichtet hatte. Endlich brach er das Schweigen.
    »Letzte Nacht hast du angefangen, mir allerlei Seltsames über meinen Ring zu erzählen, Gandalf«, sagte er. »Dann hast du aufgehört, weil solche Dinge, sagtest du, am besten nur bei Tageslicht zu besprechen seien. Meinst du nicht, du solltest nun fortfahren? Du sagtest, der Ring sei gefährlich, viel gefährlicher, als ich ahne. In welcher Hinsicht?«
    »In vieler Hinsicht«, antwortete der Zauberer. »Er ist viel mächtiger, als ich zuerst zu denken wagte, so mächtig, dass er am Ende jeden Sterblichen, der ihn besäße, ganz und gar beherrschen würde. Der Ring würde dann ihn besitzen.
    In Eregion wurden vor langer Zeit viele Elbenringe geschmiedet, Zauberringe, wie ihr sie nennt, und sie waren natürlich von verschiedener Art, manche stärker und manche schwächer. Die minderen Ringe waren nur Übungen in der noch nicht voll entfalteten Kunst, für die Elbenschmiede kaum mehr als Spielzeug – und dennoch, wie mir scheint, für Sterbliche immer noch gefährlich genug. Die großen Ringe aber, die Ringe der Macht, die konnten dem Träger zum Verhängnis werden.
    Ein Sterblicher, Frodo, der einen der Großen Ringe trägt, stirbt nicht, aber er wächst auch nicht und bereichert nicht sein Leben. Er lebt einfach fort, bis zuletzt jede Minute nur noch in endloser Müdigkeit verstreicht. Und gebraucht er den Ring oft, um sich unsichtbar zu machen, so schwindet er: Er wird für immer unsichtbar undlebt in einem Dämmerlicht unter dem Auge der dunklen Macht, welche die Ringe beherrscht. Ja, früher oder später – später, wenn er zu Anfang stark oder gutwillig ist, doch weder Stärke noch guter Wille werden von Dauer sein –, früher oder später wird die dunkle Macht ihn aufzehren.«
    »Furchtbar!«, sagte Frodo. Wieder schwiegen sie lange. Im Garten hörte man Sam Gamdschie den Rasen mähen.
    »Wie lange weißt du das schon?«, fragte Frodo endlich. »Und wie viel hat Bilbo davon gewusst?«
    »Bilbo wusste bestimmt nicht mehr, als er dir gesagt hat«, sagte Gandalf. »Er hätte jedenfalls nie etwas, das er für gefährlich hielt, an dich weitergegeben, auch nicht, als ich versprochen hatte, ein Auge auf dich zu haben. Er fand den Ring wunderschön und in Notlagen sehr nützlich; wenn irgendetwas daran

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