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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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aufgehenden Sonne.
    »Sprich, Legolas!«, sagte Gandalf. »Sag uns, was du da vor uns siehst!«
    Legolas schaute voraus, die Augen mit der Hand gegen die aufgehende Sonne abschirmend. »Einen weißen Bach sehe ich, der von den verschneiten Höhen herabkommt«, sagte er. »Wo er aus des Tales Schatten hervortritt, erhebt sich auf der Ostseite ein grüner Hügel. Ein Erdwall und mächtige Mauern und eine Dornenhecke umgeben ihn. Darinnen, den Hang hinauf ansteigend, sehe ich Dächer von Häusern; und in der Mitte, auf einer grünen Terrasse hoch oben, steht eine große Halle, wie sie die Menschen bauen. Trügt mich mein Auge nicht, so ist ihr Dach von Gold; es glänzt weit übers Land hin. Von Gold sind auch die Türpfosten. Männer in schimmernder Rüstung stehen dort; doch alle andern, die dort wohnen, scheinen noch zu schlafen.«
    »Edoras heißt dieser eingefriedete Bezirk«, sagte Gandalf, »und die goldene Halle ist Meduseld, wo Théoden sitzt, Thengels Sohn, der König der Mark von Rohan. Wir kommen bei Tagesanbruch. Nun sehen wir den Weg deutlich vor uns. Doch müssen wir sehr vorsichtig reiten, denn es ist Krieg, und die Rohirrim, die Pferdeherren, schlafen nicht sämtlich, auch wenn es von weitem so aussieht. Zieht keine Waffe und führt keine hochfahrenden Reden, rate ich euch allen, bis wir vor Théodens Thron stehen.«
    Der Morgen war hell und klar, und Vögel sangen, als die Reisenden zu dem Bach kamen. Er floss rasch in die Ebene hinab, und am Fuß der Hügel, wo er ihren Weg kreuzte, beschrieb er einen weiten Bogen nach Osten, um sich mit der Entwasser in ihrem schilfumwucherten Bett zu vereinigen. Das Land war grün, mit vielen Weidenbäumen auf den feuchten Wiesen und an den grasigen Ufern des Bachs. Jetzt schon röteten sich in diesem südlichen Land ihre Zweigspitzen, im Vorgefühl des nahen Frühlings. Durch den Bach führte eine Furt zwischen flachen, von vielen Pferdehufen zertrampelten Ufern. Sie ritten hinüber und kamen auf einen breiten, ausgefahrenen Weg, der ins höher liegende Land hinaufführte.
    Am Fuß des ummauerten Hügels zog sich der Weg durch den Schatten vieler hoher grüner Grabhügel. Auf ihren Westseiten war das Gras mit einem weißen Schleier wie von dünnem Schnee bedeckt: Kleine Blumen, wie unzählige Sterne, sprossen dort zwischen den Grashalmen auf.
    »Schaut«, sagte Gandalf, »wie schön diese leuchtenden Augen aus dem Gras blicken! Immertreu werden sie genannt, simbelmyne in der Sprache dieser Menschen, denn sie blühen zu allen Jahreszeiten und wachsen, wo tote Menschen ruhen. Seht! Wir haben die großen Hügelgräber erreicht, wo Théodens Ahnen ruhen.«
    »Sieben Gräber zur Linken und neun zur Rechten«, sagte Aragorn. »Viele lange Menschenleben ist es her, dass die goldene Halle erbaut wurde.«
    »Fünfhundertmal sind seither in meiner Heimat im Düsterwald die roten Blätter von den Bäumen gefallen«, sagte Legolas, »doch dies dünkt uns eine kurze Zeit.«
    »Die Reiter der Mark aber dünkt sie so lang«, sagte Aragorn, »dass die Erinnerung an den Bau dieses Hauses nur noch in Liedern bewahrt wird, während die Jahre zuvor im Nebel der Zeiten verschwimmen. Jetzt nennen sie dieses Land ihr Eigen und ihre Heimat, und ihre Sprache hat sich von der ihrer Verwandten im Norden entfernt.« Dann begann er leise, Verse in einer getragenen, demElben und dem Zwerg unbekannten Sprache zu singen; doch hörten sie ihm zu, denn es klang sehr melodisch.
    »Das, denk ich mir, ist die Sprache der Rohirrim«, sagte Legolas, »denn sie gleicht diesem Land: bald volltönend und wogend, bald harsch und streng wie die Berge. Doch kann ich nicht erraten, was es bedeutet, außer dass es von der Trauer sterblicher Menschen erfüllt ist.«
    »So lautet es in der Gemeinsprache«, sagte Aragorn, »so gut ich es wiedergeben kann:
    Wo sind Reiter und Ross und das Horn, das weithin hallende?
    Wo sind Harnisch und Helm und das Haar, das glänzend wallende?
    Wo ist die Hand an der Harfe? Wo ist das lodernde Feuer?
    Wo nun Frühling und Herbst und voll reifen Kornes die Scheuer?
    Lang vergangen wie Regen im Wald und Wind in den Ästen;
    Im Schatten hinter den Bergen versanken die Tage im Westen.
    Wer wird den Rauch des toten Holzes sammeln gehen
    Oder die flutenden Jahre vom Meer wiederkehren sehen?
    So sprach vor langer Zeit in Rohan ein vergessener Dichter zum Gedenken Eorls des Jungen, wie er groß und prächtig von Norden heranritt auf seinem flügelfüßigen Ross Felaróf, dem Ahnherrn der

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