Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Pferde. Und so singen die Menschen heute noch des Abends.«
Mit diesen Worten ritten die Gefährten an den stillen Gräbern vorüber. Auf dem Weg, der sich durch die grünen Buckel der Hügel hinaufwand, kamen sie schließlich zu den windumwehten Mauern und dem Tor von Edoras.
Viele Männer in blanker Rüstung saßen dort, die sogleich aufsprangen und ihnen mit Speeren den Weg versperrten. »Stehen bleiben, ihr Fremdlinge!«, riefen sie in der Sprache der Riddermark und fragten nach den Namen der Reisenden und dem Grund ihres Kommens. Aus ihren Mienen sprach Neugier, aber wenig Wohlwollen; und auf Gandalf fielen manche finsteren Blicke.
»Zwar verstehe ich eure Worte«, antwortete der Zauberer in ihrer Sprache, »doch nur wenige Fremde verstehen sie. Warum also gebraucht ihr nicht die Gemeinsprache, wie es im Westen Sitte ist, wenn ihr denn eine Antwort erwartet?«
»König Théodens Wille ist, dass niemand durch sein Tor eingelassen werde, der nicht unsere Sprache spricht und nicht unser Freund ist«, antwortete einer der Wächter. »Niemand ist hier in Kriegszeiten willkommen außer den Menschen aus unserem Volk und denen aus Mundburg im Lande Gondor. Wer seid ihr, die ihr in seltsamer Tracht unverfroren über unsere Ebene dahergeritten kommt, auf Pferden, die den unsrigen gleichen? Lange haben wir hier gewacht und euch von fern beobachtet. Noch nie haben wir so seltsame Reiter gesehen und noch nie ein stolzeres Ross als das eine, das dich trägt. Es ist einer der Mearas , wenn nicht irgendeine Hexerei unsere Augen trügt. Sag, bist du nicht ein Zauberer, ein Spion Sarumans? Seid ihr Phantome aus seiner Hexenküche? Sprecht nun, aber macht es kurz!«
»Weder sind wir Phantome«, sagte Aragorn, »noch trügen euch eure Augen. Denn in der Tat sind dies eure Pferde, die wir reiten, wie du vermutlich schon wusstest, ehe du fragtest. Doch selten wohl bringt der Dieb das Pferd in den Stall zurück. Hier sind Hasufel und Arod, die Éomer, Dritter Marschall der Mark, uns vor zwei Tagen erst geliehen hat. Wir bringen sie zurück, wie wir ihm versprochen hatten. Ist Éomer nicht inzwischen heimgekehrt, und hat er unseren Besuch nicht angekündigt?«
Die Miene des Wachtpostens verriet Besorgnis. »Von Éomer habe ich nichts zu sagen«, antwortete er. »Wenn es wahr ist, was du sagst, wird Théoden gewiss davon gehört haben. Vielleicht ist eure Ankunft nicht völlig unerwartet. Erst vor zwei Nächten kam Schlangenzunge zu uns ans Tor und sagte, dass nach Théodens Willen kein Fremder einzulassen sei.«
»Schlangenzunge!«, sagte Gandalf und sah den Wächter scharf an. »Sprich nicht weiter! Ich will nicht zu Schlangenzunge, sondern zum Herrn der Mark selbst. Ich habe es eilig. Willst du nicht hineingehen oder melden lassen, dass wir angekommen sind?« Seine Augen funkelten unter den dichten Brauen hervor, als er den Blick auf den Mann heftete.
»Ja, ich will hineingehen«, antwortete der Wächter zögernd. »Aber welche Namen soll ich nennen? Und was soll ich von dir sagen? Alt und müde scheinst du jetzt zu sein, doch was in dir steckt, dünkt mich hart und hitzig.«
»Scharf ist dein Blick, und treffend deine Worte!«, sagte der Zauberer. »Denn ich bin Gandalf. Ich bin wiedergekehrt. Und sieh da, auch ich bringe ein Pferd zurück. Hier ist Schattenfell, der große Hengst, den keines anderen Hand zu zähmen vermag. Und neben mir steht Aragorn, Arathorns Sohn, der Erbe von Königen, und nach Mundburg will er gehen. Und hier sind Legolas, der Elb, und Gimli, der Zwerg, unsere Gefährten. Geh nun und sag deinem Herrn, dass wir an seinem Tor warten und mit ihm zu reden wünschen, wenn er uns gestatten will, seine Halle zu betreten.«
»Seltsam zwar sind die Namen, die du nennst, doch will ich sie melden, wie du es wünschst, und hören, was der König befiehlt«, sagte der Wächter. »Wartet hier ein wenig, bis ich euch die Antwort bringe, die ihm zu geben beliebt. Erhofft nicht zu viel! Dies sind dunkle Zeiten!« Er ging rasch davon und ließ die Fremden in der wachsamen Obhut seiner Kameraden.
Nach einer Weile kam er wieder. »Folgt mir!«, sagte er. »Théoden gewährt euch Einlass, doch alle Waffen, die ihr tragt, und sei es auch nur ein Stock, müsst ihr an der Schwelle zurücklassen. Die Türhüter werden sie verwahren.«
Die dunklen Flügel des Tores öffneten sich. Die Reisenden traten ein und folgten, einer hinter dem andern gehend, dem Wächter. Ein breiter, mit behauenen Steinen gepflasterter Weg führte
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