Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
zusammenbraute: Und dann auf einmal brach es los. Ich wollte, ihr hättet ihr Kampflied hören können, als sie losmarschierten.«
»Wenn Saruman es gehört hätte, wäre er jetzt hundert Meilen weit von hier, und wenn er auf den eigenen zwei Beinen hätte wegrennen müssen«, sagte Pippin.
Nach Isengard! Am Tor gescharrt, und sei’s so hart wie Stein!
Den Felsenwall mit Hörnerschall und Trommelschlag reißt ein!
»Es ging noch lange so weiter. Zum großen Teil war es ein Lied ohne Worte, wie eine Musik von Hörnern und Trommeln. Es war sehr aufpeitschend. Trotzdem dachte ich, es sei nur Marschmusik und nichts weiter – bis wir hierher kamen. Jetzt weiß ich’s besser.«
»Wir kamen über den letzten Bergkamm hinunter ins Nan Curunír, nach Einbruch der Nacht«, setzte Merry die Erzählung fort. »Da hatte ich zum ersten Mal den Eindruck, dass der Wald selbst hinter uns hermarschierte. Ich dachte erst, ich träume einen Enttraum, aber Pippin hatte es auch bemerkt. Wir haben beide Angst gehabt. Näheres erfuhren wir dann später.
Es waren die Huorns – so nennen die Ents sie in ihrer ›Kurzsprache‹. Baumbart redet nicht gern über sie, aber ich denke, es sind Ents, die fast so wie Bäume geworden sind, wenigstens dem Aussehen nach. Sie stehen irgendwo im Wald oder am Waldrand, still und stumm, und passen unablässig auf die Bäume auf; aber tief in den dunkelsten Tälern gibt es, glaube ich, Hunderte und Aberhunderte von ihnen.
Riesenkräfte stecken in ihnen, und sie scheinen sich in eine Art Schatten hüllen zu können: Es ist schwer zu sehen, wie sie sich bewegen. Du stehst still und schaust vielleicht nach dem Wetter oder hörst zu, wie der Wind rauscht, und auf einmal steht ein Wald von großen, umhertappenden Bäumen rings um dich herum. Sie haben noch Stimmen, und mit den Ents können sie reden – und darum heißen sie Huorns, sagt Baumbart –, aber sie sind wild und eigensinnig geworden. Gefährliche Burschen. Ich möchte lieber keinem begegnen, wenn kein echter Ent dabei wäre und aufpasste.
Jedenfalls, zu Anfang der Nacht krochen wir durch eine lange Schlucht ins obere Ende des Zauberertals hinunter, die Ents mit all ihren rauschenden Huorns hinterdrein. Natürlich konnten wir sie nicht sehen, aber es war alles ein einziges Geknarr und Geknirsch. Die Nacht war sehr dunkel und wolkig. Sobald sie aus den Bergen heraus waren, gingen sie sehr schnell. Es hörte sich an wie Sturmgebraus. Der Mond kam nicht hinter den Wolken vor, und bald nach Mitternacht stand ein hoher Wald um den Nordwall von Isengard. Von den Feinden war nichts zu sehen, auch kein Wachtposten rief uns an. Aus einem Fenster hoch im Turm schimmerte Licht, das war alles.
Baumbart und einige andere Ents schlichen weiter, bis in Sichtweite des großen Tors. Pippin und ich waren mit dabei; wir saßen auf Baumbarts Schultern, und ich spürte die fiebernde Spannung, unter der er stand. Aber selbst wenn sie aufgebracht sind, können Ents sehr bedachtsam und geduldig sein. Sie standen still wie Bildsäulen, abgesehen davon, dass sie atmeten und horchten.
Dann brach auf einmal ein Mordsgetöse los. Trompeten wurden geblasen, und von allen Teilen des Ringwalls kam Antwort. Wir dachten, sie hätten uns entdeckt und gleich käme es zur Schlacht. Aber nichts dergleichen. Sarumans ganzes Heer marschierte ab. Ich weiß nicht viel über diesen Krieg und die Reiter von Rohan, aber anscheinend hatte Saruman vor, den König und sein ganzes Volk mit einem einzigen Vernichtungsschlag zu beseitigen. Isengard wurde entblößt. Ich sah die Feinde vorüberziehen: endlose Marschkolonnen der Orks, darunter manche Trupps, die auf großen Wölfen ritten. Auch Bataillone von Menschen waren dabei. Viele von ihnen trugen Fackeln, und ich konnte ihre Gesichter erkennen. Die meisten sahen ganz normal aus, ziemlich groß und dunkelhaarig, grimmige Burschen, aber nicht besonders bösartig. Aber es gab auch andere, die gefielen mir weniger: groß wie Menschen, fahlgelbe Haut, schielend und schlitzäugig. Sie haben mich gleich an diesen Südländer in Bree erinnert, wisst ihr noch? – Nur war der nicht so offensichtlich orkähnlich wie die meisten von diesen.«
»An den hab ich auch schon gedacht«, sagte Aragorn. »In Helms Klamm mussten wir mit vielen solchen Halborks fertig werden. Jetzt scheint mit klar, dass dieser Südländer ein Spitzel Sarumans war; ob er aber auch für die Schwarzen Reiter spionierte oder nur für Saruman, das weiß ich nicht. Bei
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