Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
der große Steinblock die Form einer Tür hatte und nicht ganz doppelt so hoch reichte wie sein Kopf. Darüber war ein dunkler Zwischenraum von der Oberkante bis zum niedrigen Deckengewölbe des Gangs. Wahrscheinlich sollte die Tür nur Kankra fernhalten und war von innen, außerhalb ihrer Reichweite, mit einem Riegel oder Bolzen gesichert. Mit aller Kraft, die ihm noch blieb, sprang Sam hoch, bekam die Oberkante zu fassen, zog sich hinauf und sprang auf der andern Seite hinunter. Dann rannte er, so schnell er konnte, das flammende Schwert in der Hand, um eine Biegung und in einen krummen Tunnel hinein.
Zu wissen, dass sein Master noch am Leben war, ließ ihn alle Müdigkeit vergessen und trieb ihn zu höchster Eile an. Voraus konnte er nicht viel sehen, denn der Gang wand sich in engen Kurven, aber er glaubte, die beiden Orks bald einzuholen: Ihre Stimmen klangen wieder näher. Nun schien er ganz dicht dran zu sein.
»Das werd ich tun«, sagte Schagrat wütend. »In die oberste Kammer werd ich ihn sperren.«
»Wozu?«, knurrte Gorbag. »Hast du unten nicht genug sichere Zellen?«
»Er kommt in ein sicheres Plätzchen, sag ich dir«, antwortete Schagrat. »Klar? Er ist wertvoll. Von meinen Jungs kann ich nicht allen trauen, von deinen überhaupt keinem und dir auch nicht, wenn du so verrückt nach deinem Spaß bist. Er kommt dahin, wo ich ihn haben will und wo du nicht eingelassen wirst, wenn du dich nicht benehmen kannst. In die oberste Kammer, sag ich. Da ist er gut aufgehoben.«
»Meinst du?«, sagte Sam. »Da vergisst du den enormen Elbenkrieger, der hier frei herumläuft.« Und dann raste er um die letzte Ecke, musste aber feststellen, dass der Hall im Tunnel und das ungewohnt scharfe Gehör, das der Ring ihm verlieh, ihn über die Entfernung getäuscht hatten.
Die beiden Orks waren immer noch ein Stück weit voraus. Er konnte sie sehen: schwarze, gedrungene Gestalten im roten Fackelschein. Der Gang führte nun in gerader Linie eine Steigung hinauf zu einer weit offen stehenden Doppeltür, vermutlich einem Eingang zu den Kellern unter dem hohen Wachtturm. Die Orks, die den Gefangenen trugen, waren schon drinnen, Gorbag und Schagrat dicht davor.
Sam hörte Fetzen grölenden Gesangs, Hörnerschall und Gongschläge, ein wüstes Getöse. Gorbag und Schagrat überschritten die Schwelle.
Brüllend und sein Schwert schwenkend, rannte Sam hinterdrein, aber seine schwache Stimme ging unter in dem Tumult. Niemand achtete auf ihn.
Die großen Türflügel schlugen zu. Rumms! Innen fielen eiserne Riegel ins Schloss. Schnapp! Die Tür war zu. Sam warf sich gegen die Metallplatten und sank besinnungslos zu Boden. Er lag draußen in der Dunkelheit. Frodo war am Leben, aber vom Feind gefangen.
Dritter Teil:
DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGS
ÜBERSICHT
D ies ist der dritte Teil des Herrn der Ringe .
Im ersten Teil, Die Gefährten , wurde erzählt, wie Gandalf der Graue herausfand, dass der Ring im Besitz des Hobbits Frodo tatsächlich der Eine Ring war, der die anderen Ringe der Macht beherrschte. Darauf mussten Frodo und seine Gefährten aus ihrer Heimat, dem friedlichen Auenland, fliehen, verfolgt von den furchtbaren Schwarzen Reitern aus Mordor, bis sie endlich mit Hilfe des Waldläufers Aragorn aus Eriador unter höchsten Gefahren Elronds Haus in Bruchtal erreichten.
Dort wurde unter Elronds Vorsitz eine große Ratsversammlung abgehalten, die den Beschluss fasste, einen Versuch zur Vernichtung des Rings zu unternehmen. Zum Träger des Rings wurde Frodo bestimmt. Dann wurden Gefährten ausgewählt, die ihm helfen sollten, seinen Auftrag zu erfüllen: sich wenn irgend möglich ins Land des Feindes, nach Mordor, einzuschleichen und dort den Ring ins Feuer des Flammenbergs zu werfen, worin allein er zerstört werden konnte. Die Gefährten waren Aragorn und Boromir, der Sohn des Statthalters von Gondor, stellvertretend für die Menschen; Legolas, der Sohn des Elbenkönigs aus dem Düsterwald, für die Elben; Gimli, der Sohn Glóins vom Einsamen Berg, für die Zwerge; Frodo mit seinem Diener Samweis und seinen zwei jungen Vettern Meriadoc und Peregrin für die Hobbits; und außerdem Gandalf der Graue.
In aller Heimlichkeit zogen die Gefährten von Bruchtal weit nach Süden. Ein Versuch, das Hochgebirge im Winter auf dem Pass am Caradhras zu überschreiten, misslang; und dann führte Gandalf sie durch eine Geheimtür in die weiträumigen Minen von Moria, auf der Suche nach einem Weg unter den Bergen hindurch. Im Kampfmit
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