Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Leuchtfeuer und die reitenden Boten; und Gandalf sagte, das seien Zeichen, dass der Krieg begonnen habe. Er schien es ungeheuer eilig zu haben. Aber nun scheint alles wieder ruhig seinen Gang zu nehmen.«
»Nur weil nun alles bereit ist«, sagte Beregond. »Es ist nur das tiefe Atemholen vor dem Sprung ins Wasser.«
»Aber warum brannten letzte Nacht die Leuchtfeuer?«
»Es wäre zu spät, um Hilfe zu rufen, wenn wir schon belagert werden«, antwortete Beregond. »Aber ich weiß nicht, was der Fürst und seine Hauptleute beschlossen haben. Sie holen auf vielen Wegen Nachrichten ein. Und der Herr Denethor ist nicht wie andere Menschen; er blickt weit. Manche sagen, wenn er des Nachts allein in seiner Kammer hoch oben im Turm sitzt und seinen Sinn hierhin und dorthin lenkt, könne er etwas von der Zukunft erkennen; und manchmal suche er sogar den Feind in seinen Gedanken auf und ringe mit ihm. Und daher komme es, dass er so früh gealtert und vor der Zeit verbraucht ist. Doch wie dem auch sei, Herr Faramir ist außer Landes, jenseits des Stroms bei einem gefährlichen Unternehmen, und hat vielleicht Nachrichten gesandt.
Doch wenn du meine Meinung darüber hören willst, weshalb die Leuchtfeuer angezündet wurden, so sage ich, es war die Nachricht, die gestern Abend aus Lebennin eintraf. Eine große Flotte läuft die Anduin-Mündungen an, eine Flotte der Korsaren von Umbar im Süden. Sie haben längst die Furcht vor Gondors Macht verlernt und sich mit dem Feind verbündet; und nun führen sie einen schweren Schlag für seine Sache. Denn dieser Angriff wird uns einen großen Teil der Hilfe entziehen, die wir aus Lebennin und Belfalas erwartet haben, wo ein zähes und zahlreiches Volk lebt. Umso nötiger brauchen wir Hilfe aus Rohan, und umso froher sind wir über die Siegesnachricht, die ihr mitbringt.
Dennoch« – er unterbrach sich, stand auf und blickte in die Runde, nach Norden, Osten und Süden –, »was in Isengard geschehen ist, sollte uns zeigen, dass wir in die Maschen eines weit gespannten Kriegsplans geraten sind. Dies sind keine Scharmützel an den Furten mehr, keine Überfälle aus Ithilien und Anórien, Hinterhalte und Plünderungen. Dies ist ein großer, lange vorbereiteter Krieg, und wir, was immer unser Stolz uns einflüstern mag, sind nur auf einem seiner Schauplätze. Der ferne Osten jenseits des Binnenmeers, berichtet man, ist in Bewegung, der Norden im Düsterwald und in den Ländern dahinter, und ebenso Harad im Süden. Und alle Reiche werden nun auf die Probe gestellt, ob sie standhalten oder fallen – und ins Dunkel sinken.
Doch haben wir die Ehre, Master Peregrin, stets dem geballten Hass des Dunklen Herrschers standhalten zu müssen, einem Hass, der aus den Tiefen der Zeit und über die Weiten des Meeres kommt. Hier wird er am härtesten zuschlagen. Und das ist der Grund, warum Mithrandir es so eilig hatte zu kommen. Denn wenn wir fallen, wer wird dann noch standhalten? Und siehst du viel Hoffnung, Master Peregrin, dass wir standhalten können?«
Pippin gab keine Antwort. Er blickte auf die dicken Mauern, die Türme und die kriegerischen Fahnen und die Sonne am hohen Himmel, und dann auf die Dunkelheit, die sich im Osten sammelte; und er dachte an die langen Arme dieses Schattens: an die Orks inden Wäldern und im Gebirge, an Isengards Verrat, die Vögel mit dem bösen Blick, die Schwarzen Reiter, vor denen man sogar auf den Straßen des Auenlands nicht sicher war, und an die geflügelten Schreckgestalten der Nazgûl. Ihn schauderte; viel Hoffnung schien es nicht zu geben. Und im gleichen Augenblick verblasste die Sonne für eine Sekunde, als wäre ein dunkler Flügel über sie hingeglitten. Und hoch aus den Lüften, fast zu fern für das Ohr, glaubte er einen Schrei zu hören, dünn und dennoch herzbeklemmend, grausam und kalt. Er wurde bleich und drückte sich an die Mauer.
»Was war das?«, sagte Beregond. »Hast du es auch gespürt?«
»Ja«, murmelte Pippin. »Das Zeichen unseres Falls, der Schatten des Unheils, ein furchtbarer Reiter der Luft.«
»Ja, der Schatten des Unheils«, sagte Beregond. »Ich fürchte, Minas Tirith wird fallen. Die Nacht kommt. Das Blut scheint mir in den Adern gefrieren zu wollen.«
Eine Weile saßen sie stumm da und ließen die Köpfe hängen. Dann sah Pippin auf. Die Sonne schien immer noch, und immer noch wehten die Fahnen im Winde. Er schüttelte sich. »Es ist vorüber«, sagte er. »Nein, noch ist mir nicht zum Verzweifeln. Gandalf ist in den
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