Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
zu leisten, nach Cair Andros hin; und nachdem diese Gefahr beseitigt und weitere Verstärkung aus dem Süden eingetroffen war, hatte die Stadt eine mehr als ausreichende Besatzung. Kundschafter meldeten, dass sich auf den Straßen im Osten bis zur Wegscheide beim gestürzten König keine Feinde mehr bewegten. Alles war bereit für den letzten Vorstoß.
Legolas und Gimli ritten wieder miteinander auf einem Pferd, in der Vorhut zusammen mit Gandalf, Aragorn, den Dúnedain und Elronds Söhnen. Merry aber, zu seiner Beschämung, durfte nicht mit.
»Du bist noch nicht ganz gesund«, sagte Aragorn. »Aber mach dir nichts draus! Du brauchst in diesem Krieg nichts weiter zu tun, du hast mehr als genug geleistet. Peregrin soll mitgehen, zu Ehren des Auenlandvolks. Und um seine Chance, mal etwas richtig Gefährliches zu erleben, brauchst du ihn nicht zu beneiden, denn er hat zwar bisher alles so gut gemacht, wie es die Umstände erlaubten, aber Heldentaten wie deine hat er noch nicht vorzuweisen. Aber in Wahrheit sind wir alle nun etwa gleichermaßen in Gefahr. Sollte uns jetzt ein bitteres Ende vor dem Schwarzen Tor beschieden sein, dann kommt auch für dich bald das letzte Gefecht, entweder hier oder wo immer die schwarze Flut dich einholt. Lebe wohl!«
Niedergeschlagen schaute Merry nun zu, wie das Heer Aufstellung nahm. Bergil war bei ihm, ebenfalls bedrückt, weil sein Vater als Anführer einer der Kompanien aus der Stadt mitging: In die Turmwache konnte er nicht wieder aufgenommen werden, solange über seinen Fall nicht entschieden war. In derselben Kompanie sollte auch Pippin marschieren, als Soldat in Gondors Diensten. Merry stand nicht weit entfernt und konnte ihn sehen, ein kleines, aber aufrechtes Kerlchen zwischen den langen Recken aus Minas Tirith.
Endlich erschallten die Trompeten, und das Heer setzte sich in Bewegung. Schwadron für Schwadron und Kompanie für Kompanie schwenkten sie herum und marschierten ab nach Osten. Und als sie auf der großen Straße zum Dammweg längst außer Sicht waren, stand Merry noch immer da und schaute ihnen nach. Das letzte Aufblinken von Speeren und Helmen in der Morgensonne war verschwunden, aber er blieb stehen, den Kopf gesenkt und mit schwerem Herzen; er fühlte sich allein und von seinen Freunden verlassen. Alle, an denen er hing, waren fort und marschierten der Düsternis entgegen, die weit im Osten den Himmel bedeckte; und ihm blieb wenig Hoffnung, je einen von ihnen wiederzusehen.
Wie von seiner Niedergeschlagenheit auf den Plan gerufen, kehrte der Schmerz in seinem Arm wieder. Er fühlte sich alt und schwach, und der Sonnenschein kam ihm blass vor. Er fasste sich erst wieder, als Bergil ihn mit der Hand anstupste.
»Komm, Herr Perian!«, sagte er. »Du hast immer noch Schmerzen, ich seh’s doch. Ich bringe dich zurück zu den Heilern. Aber hab keine Angst! Die kommen wieder. Die Mannen von Minas Tirith sind unschlagbar. Und jetzt haben sie auch noch den Herrn Elbenstein und Beregond von der Wache.«
Vor dem Mittag kam das Heer nach Osgiliath. Dort waren alle in der Stadt abkömmlichen Handwerker schon an der Arbeit. Manche besserten die Fähren und Bootsbrücken aus, die die Feinde angelegt und bei ihrer Flucht teilweise wieder zerstört hatten; andere sammelten ein, was die Feinde an Brauchbarem zurückgelassen hatten; und wieder andere hoben in aller Eile auf dem Ostufer Schanzen aus.
Die Vorhut schritt durch die Ruinen von Alt-Gondor und setzte über den breiten Strom; und weiter ging es die lange, gerade Straße hinauf, die in den großen Tagen des Reiches gebaut worden war, um den schönen Sonnenturm mit dem hohen Mondturm zu verbinden, dem jetzigen Minas Morgul in seinem verfluchten Tal. Fünf Meilen hinter Osgiliath machten sie halt nach ihrem ersten Tagesmarsch.
Die Reiter aber stießen, bevor es Abend wurde, noch bis zu der Wegscheide und dem großen Baumring vor. Alles war still, nichts zu sehen vom Feind, kein Ruf oder Schrei zu hören, kein Pfeil kam zwischen den Felsen oder Büschen am Weg hervorgeschwirrt; und doch schien das Land, je weiter sie vordrangen, immer wachsamer zu werden. Baum und Stein, Halm und Blatt, alles lauschte. Das Dunkel vor ihnen hatte sich zerstreut, weit im Westen lag das Anduintal im Sonnenuntergang, und die weißen Berggipfel röteten sich unterm blauen Himmel; aber über dem Ephel Dúath brütete ein dämmernder Schatten.
Dann stellte Aragorn Trompeter auf jede der vier Straßen, die von dem Baumring ausgingen, und sie
Weitere Kostenlose Bücher