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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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dass er fast zurückschrak; aber dann spürte er, wie ihr Wille langsam erschlaffte und in Furcht umschlug.
    Er sprang zwischen ihnen hindurch, aber sofort, während er die Phiole wegsteckte, spürte er so deutlich, als hätte er einen stählernen Riegel hinter sich zuschnappen gehört, dass sie ihre Wacht wiederaufgenommen hatten. Und aus ihren grausigen Köpfen stieg ein lauter, schriller Schrei auf, der von den Turmmauern widerhallte. Von hoch oben, wie ein Antwortsignal, kam ein einziger scheppernder Glockenschlag.
    »Das fehlte noch!«, sagte Sam. »Jetzt hab ich an der Haustür geklingelt. Na, ist da jemand?«, rief er. »Sagt Hauptmann Schagrat, der große Elbenkrieger ist da, mit dem großen Elbenschwert!«
    Keine Antwort kam. Sam ging weiter. Stich schimmerte blau in seiner Hand. Der Hof lag in tiefem Schatten, doch konnte er sehen, dass das Pflaster mit Leichen übersät war. Genau vor seinen Füßen lagen zwei Ork-Bogenschützen, denen Messer im Rücken staken. Dahinter lagen noch viele, manche einzeln, so wie sie niedergehauen oder erschossen worden waren, andere paarweise umklammert, die der Tod offenbar im wechselseitigen Würgen, Stechen oder Beißen ereilt hatte. Die Steine waren glitschig von dunklem Blut.
    Sam bemerkte, dass die Orks zwei verschiedene Uniformen trugen, die eine mit dem Abzeichen des roten Auges, die andere mit einem durch einen Totenkopf gespenstisch entstellten Mond; aber mit der näheren Betrachtung hielt er sich nicht auf. Auf der andern Seite des Hofs war unten im Turm eine große Tür, die halb offen stand; ein roter Lichtschein drang heraus, und ein dicker Ork lag tot auf der Schwelle. Sam sprang über ihn hinweg und ging hinein. Dann schaute er sich ratlos um.
    Ein breiter, hallender Korridor führte von der Tür zur Rückseite des Turms an der Bergwand, trüb erhellt von blakenden Fackeln in Haltern an den Wänden, doch das hintere Ende verlor sich im schummerigen Licht. Viele Türen und Öffnungen zu beiden Seiten waren zu sehen, doch bis auf zwei oder drei Leichen, die auch hier auf dem Boden lagen, war der Gang leer. Nach dem, was Sam aus dem Gespräch der beiden Hauptmänner gehört hatte, wusste er, dass Frodo, ob tot oder lebendig, höchstwahrscheinlich in einer Kammer hoch oben im Turm steckte; aber es konnte einen ganzen Tag dauern, bis er den Weg dorthin fand.
    »Ich denke mal, es wird an der Rückseite sein«, sagte sich Sam. »Der ganze Turm lehnt ja ein bisschen hintenüber. Und es wird sowieso am besten sein, wenn ich diesen Lichtern nachgehe.«
    Er folgte dem Korridor, aber nur langsam, denn jeder Schritt wurde ihm schwerer. Die Angst setzte ihm wieder zu. Kein Laut war zu hören, bis auf das Tappen seiner Füße, das sich zu einem hallenden Lärm zu verstärken schien, wie wenn breite Hände klatschendauf Steine schlügen. Die Leichen, die Leere, die schwarzen Wände, die im Fackelschein feucht glänzten, als ob sie von Blut troffen, die Furcht vor einem plötzlichen Tod, der an jeder Tür oder dunklen Stelle lauern konnte, und hinter sich obendrein die steinerne Bösartigkeit der lauernden Wächter am Tor: Es war alles fast zu viel für das bisschen Mut, das er zusammenraffen konnte. Ein Kampf wäre ihm lieber gewesen – nur nicht mit zu vielen Feinden auf einmal – als diese drückende Ungewissheit. Er musste sich zwingen, an Frodo zu denken, wie er jetzt wohl gefesselt, gequält oder tot irgendwo in diesem abscheulichen Gemäuer läge. Er ging weiter.
    Er hatte den Fackelschein hinter sich gelassen und fast schon eine große, gewölbte Tür am Ende des Ganges erreicht, die Innenseite des unterirdischen Eingangs, wie er richtig vermutete, als er von irgendwo hoch oben ein fürchterliches, halb ersticktes Kreischen hörte. Er blieb jäh stehen. Dann hörte er Fußtritte näherkommen. Über ihm rannte jemand in höchster Eile eine hallende Treppe herunter.
    Sein Wille war zu schwach und regte sich zu langsam, um seine Hand aufzuhalten: Sie zog an der Kette und umklammerte den Ring. Aber Sam steckte ihn nicht auf den Finger, denn als er ihn noch an die Brust drückte, kam ein Ork heruntergepoltert. Aus einer dunklen Öffnung von rechts sprang er hervor und rannte auf Sam los. Sechs Schritt vor ihm hob er den Kopf und sah ihn; Sam hörte ihn nach Luft schnappen und sah, wie er die blutunterlaufenen Augen aufriss. Entsetzt blieb der Kerl stehen. Denn vor sich sah er nicht den kleinen, erschrockenen Hobbit, der kaum sein Schwert ruhig in der Hand halten konnte;

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