Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
»Doch zuerst muss ich nach Bruchtal. Denn wenn mir in einer so seligen Zeit überhaupt etwas fehlen kann, so habe ich Bilbo vermisst; und ich war traurig, dass er in Elronds Gefolge nicht mitgekommen war.«
»Wundert dich das, Ringträger?«, sagte Arwen. »Denn du kennst die Macht des Dings, das nun vernichtet ist; und alles, das diese Macht bewirkt hat, schwindet nun dahin. Und länger als du hat dein Verwandter dieses Ding besessen. Alt an Jahren ist er, für einen von seiner Art; und er wartet auf dich, denn er selbst will keine lange Reise mehr antreten außer der einen.«
»Dann bitte ich, bald abreisen zu dürfen«, sagte Frodo.
»In sieben Tagen wollen wir aufbrechen«, sagte Aragorn. »Denn wir werden dich ein ganzes Stück begleiten, nämlich bis nach Rohan. In drei Tagen kommt Éomer wieder, um Théoden in die Markheimzuholen, und wir werden zu Ehren des Gefallenen mit ihm reiten. Jetzt aber, bevor du gehst, will ich noch bestätigen, was Faramir zu dir gesagt hat: Das Reich von Gondor steht dir allezeit offen – dir und allen deinen Gefährten. Und hätte ich irgendetwas, um deine Taten angemessen zu belohnen, so würde ich es dir geben; doch was immer du dir wünschen magst, das nimm mit; und dann reite mit ehrenvollem Geleit als ein Fürst dieses Landes!«
Die Königin Arwen aber sagte: »Ich habe ein Geschenk für dich. Denn Elronds Tochter bin ich, doch werde ich nicht mit ihm gehen, wenn er zu den Anfurten aufbricht. Lúthiens Schicksal habe ich gewählt, und wie sie, so habe ich mich entschieden, für das süße wie für das bittere Los. Doch an meiner statt sollst du gehen, Ringträger, wenn die Zeit kommt und wenn du es dann willst. Wenn deine alten Wunden dich quälen und die Erinnerung an deine Bürde schwer auf dir lastet, dann kannst du in den Westen fahren, wo du von all deinen Gebrechen und der Müdigkeit geheilt wirst. Doch trage nun dies, zum Gedenken an Elbenstein und Abendstern, mit denen das Schicksal dich verbunden hat!«
Und sie nahm einen weißen sternförmigen Edelstein, der an ihrer Brust lag, und hängte ihn an seiner silbernen Kette Frodo um den Hals. »Dies wird dir helfen«, sagte sie, »wenn die Erinnerung an Nacht und Schrecken dich peinigt.«
Nach drei Tagen, wie der König gesagt hatte, kam Éomer von Rohan in die Stadt geritten, und mit ihm kam eine Éored der edelsten Ritter der Mark. Man begrüßte ihn, und als alle im Merethrond, dem großen Festsaal, bei Tisch saßen, erfüllte ihn die Schönheit der Frauen, die er dort sah, mit tiefer Bewunderung. Und bevor er zur Ruhe ging, schickte er nach Gimli, dem Zwerg, und sagte: »Gimli Glóinssohn, hast du deine Axt bereit?«
»Nein, Herr Éomer«, sagte Gimli, »aber ich kann sie jederzeit holen, wenn nötig.«
»Urteile selbst!«, sagte Éomer. »Denn zwischen uns stehen noch einige unbedachte Worte, die ich einst über die Herrin des Goldenen Waldes sagte. Und nun habe ich sie mit eigenen Augen gesehen.«
»Nun«, sagte Gimli, »und was sagst du jetzt?«
»Ach!«, sagte Éomer. »Ich sage nicht, dass sie die schönste aller Lebenden ist.«
»Dann muss ich meine Axt holen«, sagte Gimli.
»Aber höre zuerst meine Entschuldigung an«, sagte Éomer. »Hätte ich sie in anderer Gesellschaft gesehen, ich hätte alles von ihr gesagt, was du nur wünschen kannst. Doch nun nenne ich die Königin Arwen Abendstern als Erste und bin meinerseits bereit, mich mit jedem zu schlagen, der mir widerspricht. Soll ich mein Schwert holen lassen?«
Da verbeugte Gimli sich tief. »Nein, für mich bist du entschuldigt, Herr Éomer«, sagte er. »Du hast den Abend gewählt; meine Liebe gilt dem Morgen. Und mein Herz sagt mir, dass er bald für immer dahingehen wird.«
Endlich kam der Tag des Aufbruchs, und eine große und erlesene Gesellschaft machte sich bereit, aus der Stadt nach Norden zu reiten. Dann gingen die Könige von Gondor und Rohan zu den Heiligtümern und den Grabkammern in der Rath Dínen und trugen König Théoden auf einer goldenen Bahre hinaus. Schweigend schritten sie durch die Stadt. Sie legten die Bahre auf einen großen Wagen. Reiter von Rohan umgaben den toten König und trugen ihm sein Banner voran. Meriadoc, Théodens Knappe, saß auf dem Wagen und hielt die Wappen des Königs.
Für die anderen Gefährten gab es Reittiere, die ihrem Wuchs gemäß waren. Frodo und Samweis ritten an Aragorns Seite; Gandalf ritt Schattenfell, und Pippin ritt mit den Rittern von Gondor. Legolas und Gimli ritten wie immer
Weitere Kostenlose Bücher