Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
starken Schneefall, den wir da hatten.
Und jetzt gehn sie auf Raub aus und hausen im Freien, verstecken sich in den Wäldern hinter Archet und in der Wildnis weiter nördlich. Wie in den Räuberpistolen, die man sich so aus den schlimmen alten Zeiten erzählt, kann ich nur sagen. Die Straße ist nicht sicher, niemand wagt sich mehr weit fort, und man schließt früh alle Türen zu. Überall an der Hecke müssen wir Wachen aufstellen, und am Tor sind nachts immer mehrere Mann auf Posten.«
»Na, uns hat aber niemand behelligt«, sagte Pippin, »und dabei sind wir doch langsam dahergetrödelt und haben nie eine Wache aufgestellt. Wir dachten, wir hätten alle Gefahren hinter uns gelassen.«
»O nein, junger Mann, ganz im Gegenteil!«, sagte Butterblüm. »Aber dass sie euch in Frieden gelassen haben, wundert mich nicht. Mit Bewaffneten, mit Leuten, die Schwerter, Helme, Schilde und all so was haben, legen die sich nicht an. Das würden sie sich zweimal überlegen. Und ich muss schon sagen, ich war auch ein bisschen verdutzt, als ich euch gesehn hab.«
Nun erst wurde den Hobbits klar, warum die Leute im Ort so große Augen gemacht hatten, als sie vorüberritten: weniger vor Staunen über ihre Rückkehr als vielmehr über ihren kriegerischen Aufzug. Sie selbst hatten sich so sehr an das Waffenhandwerk und das Reiten in geordneten Schwadronen gewöhnt, dass sie ganz vergessen hatten, dass die blanke Rüstung, die unter den Mänteln hervorschaute, die Helme von Gondor und Rohan und die zierlichen Wappen auf ihren Schilden sich in der Heimat ziemlich fremdländisch ausnehmen würden. Auch Gandalf ritt nun auf seinem edlen grauen Pferd, in einem weißen Gewand unter einem weiten blausilbernen Umhang und mit dem langen Schwert Glamdring an der Seite.
Gandalf lachte. »Schön, schön«, sagte er, »wenn sie schon vor uns fünfen Angst haben, dann sind wir auf unseren Reisen ärgeren Feinden begegnet. Aber jedenfalls wirst du nachts vor ihnen Ruhe haben, solange wir da sind.«
»Wie lange wird das sein?«, sagte Butterblüm. »Ich kann nicht leugnen, dass wir froh wären, wenn ihr eine Weile dabliebt. Wir sind doch solchen Ärger nicht gewöhnt, klar, und die Waldläufer sind alle fort, hat man mir gesagt. Ich glaube, wir haben bis heute noch nicht richtig begriffen, was die alles für uns getan haben. Denn hier hat’s noch Schlimmeres gegeben als nur ein paar Räuber. Im letzten Winter haben Wölfe draußen um die Hecke geheult. Und in den Wäldern treiben sich dunkle Gestalten herum, furchtbare Wesen, so schlimm, dass einem das Blut erstarrt, wenn man bloß an sie denkt. Es war sehr beunruhigend, versteht mich recht!«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte Gandalf. »Fast alle Länder sind in letzter Zeit aus ihrer Ruhe gestört worden, und wie! Aber du kannst aufatmen, Gerstenmann. Du hast am Rande großer Erschütterungen gelebt, und ich bin nur froh, zu hören, dass du nicht tiefer hineingeraten bist. Aber jetzt kommen bessere Zeiten. Vielleicht noch bessere als alle, an die du dich erinnern kannst. Die Waldläufer sind zurückgekehrt: Wir sind mit ihnen gekommen. Und wir haben wieder einen König, Gerstenmann. Er wird bald auch an eure Gegend denken.
Und dann wird der Grünweg wieder offen gehalten, und die Boten des Königs werden nach Norden reiten. Es wird ein Kommen und Gehen herrschen, und das üble Getier wird aus den Ödlanden verjagt. Überhaupt werden die Ödlande nicht lange öd bleiben, und wo jetzt Wildnis ist, werden Leute wohnen und Felder bestellen.«
Herr Butterblüm schüttelte den Kopf. »Wenn ein paar ordentliche und achtbare Leute auf den Straßen unterwegs sind, das kann nicht schaden«, sagte er. »Aber Strolche und Raufbolde wollen wir hier in Bree nicht mehr haben. Und Fremdländer auch nicht, nicht mal in der näheren Umgebung. Wir wollen unsere Ruhe. Und ich will auch keine Horden von Fremden, die hier ein Lager aufschlagen und da eine Niederlassung gründen und sich um das Ödland raufen.«
»Du wirst deine Ruhe haben, Gerstenmann«, sagte Gandalf. »Zwischen Isen und Grauflut oder in den Küstengebieten südlich des Brandywein ist Platz genug für ganze Königreiche, ohne dass irgendwer näher bei Bree wohnt als viele Tagesritte entfernt. Und viel Volk hat früher einmal weiter im Norden gewohnt, über hundert Meilen von hier am Ende des Grünwegs, auf den Nordhöhen oder am Abendrotsee.«
»Oben am Totendeich?«, sagte Butterblüm und schaute noch bedenklicher drein. »Da gehen
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