Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
erreichen, und der Weg war noch weit. Ganz Bree war auf den Beinen, um sie zu verabschieden; und mindestens seit einem Jahr war man nicht mehr so guter Laune gewesen. Wer die Fremden noch nicht in ihrer ganzen Herrlichkeit gesehen hatte, konnte sienun bestaunen: Gandalf mit seinem weißen Bart und dem Licht, das von ihm auszugehen schien, als wäre sein blauer Umhang nur ein Wölkchen vor der Sonne; und die vier Hobbits, aufgeputzt wie fahrende Ritter aus fast vergessenen Geschichten. Sogar diejenigen, die über das Gerede vom König gelacht hatten, fingen an zu überlegen, ob an alledem nicht doch ein Körnchen Wahrheit sein könnte.
»Also, viel Glück auf den Weg und Glück bei der Heimkehr!«, sagte Herr Butterblüm. »Ich hätt es euch vielleicht schon eher sagen sollen, aber nach allem, was wir hören, steht es im Auenland auch nicht zum Besten. Komische Sachen sollen dort passiert sein. Aber man vergisst eins übers andere, und ich hab ja selbst so viel um die Ohren. Doch wenn ich mich erdreisten darf, das zu sagen, ihr habt euch sehr verändert auf euren Reisen und macht mir jetzt den Eindruck, als könntet ihr mit allen Schwierigkeiten fertig werden. Sicherlich bringt ihr alles schnell wieder ins Lot. Viel Glück! Und je öfter ihr wieder nach Bree kommt, desto mehr soll es mich freuen.«
Sie sagten Lebewohl und ritten los, zum Westtor hinaus, auf der Straße zum Auenland. Das Pony Lutz nahmen sie mit, und wie beim vorigen Mal trug es ein gut Teil ihres Gepäcks, aber es trottete munter neben Sam her und schien ganz zufrieden.
»Was der alte Gerstenmann wohl gemeint hat?«, sagte Frodo.
»Manches kann ich mir denken«, sagte Sam finster. »Was ich in dem Spiegel gesehn habe: abgehauene Bäume und dergleichen, und mein alter Ohm aus dem Beutelhaldenweg rausgeworfen. Ich hätte schneller heimkommen müssen.«
»Und im Südviertel muss irgendwas faul sein«, sagte Merry. »Sonst wäre Pfeifenkraut nicht überall knapp.«
»Egal, woran es liegt«, sagte Pippin, »Lotho wird dahinterstecken, verlasst euch drauf.«
»Tief drin wird er stecken, aber nicht dahinter«, sagte Gandalf. »Ihr vergesst Saruman. Er hat sich für das Auenland schon interessiert, bevor man in Mordor darauf aufmerksam wurde.«
»Na, wir haben dich ja bei uns«, sagte Merry, »und so dürfte sich alles schnell bereinigen lassen.«
»Bis jetzt bin ich noch bei euch«, sagte Gandalf, »aber nicht mehr lange. Ich komme nicht mit ins Auenland. Die Angelegenheiten dort müsst ihr selbst regeln; das solltet ihr inzwischen gelernt haben. Versteht ihr immer noch nicht? Meine Zeit ist um. Es ist nicht mehr meine Sache, für andere alles zu richten oder ihnen dabei zu helfen. Und was euch angeht, liebe Freunde, so werdet ihr keine Hilfe mehr brauchen. Ihr seid jetzt selber groß. Gewachsen seid ihr, und zwar sehr hoch; ihr zählt zu den Großen, und um keinen von euch muss ich mir mehr Sorgen machen.
Aber wenn ihr’s wissen wollt, ich biege bald ab und reite zu einem langen Gespräch mit Bombadil, einem Gespräch, wie ich es in all meiner Zeit hier nicht hatte. Er ist ein Stein, der Moos ansetzt; und mein Schicksal war es, umherzurollen wie ein Kiesel. Aber nun rollen die Tage aus, und wir werden uns viel zu sagen haben.«
Es dauerte nicht lange, und sie kamen zu der Stelle an der Oststraße, wo sie sich von Bombadil verabschiedet hatten; und ein wenig hofften und erwarteten sie, von ihm dort begrüßt zu werden. Aber er war nicht da. Auf den Hügelgräberhöhen im Süden lag grauer Nebel, und ein dichter Schleier hing vor dem Alten Wald in der Ferne.
Sie hielten, und Frodo blickte nachdenklich nach Süden. »Ich würde den alten Knaben so gern wiedersehn«, sagte er. »Ich möchte wissen, wie es ihm geht.«
»Gut wie immer, verlass dich drauf!«, sagte Gandalf. »Völlig ungestört; und ich kann mir denken, dass nichts von alldem, was wir getan oder gesehen haben, ihn sonderlich interessieren würde, ausgenommen vielleicht unsere Besuche bei den Ents. Vielleicht findet ihr später Gelegenheit, ihn zu besuchen. Aber ich an eurer Stelle würde mich jetzt beeilen weiterzukommen, sonst seid ihr nicht an der Brandyweinbrücke, ehe die Tore geschlossen werden.«
»Aber da gibt es keine Tore«, sagte Merry, »jedenfalls nicht an derStraße, das musst du doch wissen. Das Bocklandtor gibt es freilich, aber da lassen sie mich zu jeder Zeit durch.«
»Es gab keine Tore, meinst du«, sagte Gandalf. »Ich glaube, heute wirst du dort welche finden.
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