Der Herr der Ringe
angehört habt.«
»Also fangt an«, sagte Frodo. »Was wisst Ihr?«
»Zu viel; zu viele dunkle Dinge«, antwortete Streicher grimmig. »Aber was Eure Angelegenheit betrifft …« Er stand auf und ging zur Tür, öffnete sierasch und schaute hinaus. Dann schloss er sie leise und setzte sich wieder hin. »Ich habe scharfe Ohren«, fuhr er fort und senkte die Stimme, »und wenngleich ich nicht verschwinden kann, so habe ich doch viele wilde und wachsame Geschöpfe gejagt und kann es, wenn ich will, gewöhnlich vermeiden, gesehen zu werden. Ja, ich war heute Abend hinter der Hecke an der Straße westlich von Bree, als vier Hobbits aus der Gegend der Höhen kamen. Ich brauche nicht alles zu wiederholen, was sie zum alten Bombadil oder untereinander sagten, aber etwas interessierte mich. Bitte denkt daran, dass der Name Beutlin nicht erwähnt werden darf. Ich bin Herr Unterberg, wenn ein Name genannt werden muss. Das interessierte mich so sehr, dass ich ihnen bis hierher folgte. Ich kletterte gleich nach ihnen über das Tor. Vielleicht hat Herr Beutlin einen ehrenhaften Grund, seinen Namen abzulegen; aber selbst dann würde ich ihm und seinen Freunden raten, vorsichtiger zu sein.«
»Ich begreife nicht, welches Interesse irgendjemand in Bree an meinem Namen haben könnte«, erwiderte Frodo ärgerlich, »und es ist mir auch nicht bekannt, warum er Euch interessiert. Herr Streicher mag einen ehrenhaften Grund haben, zu spionieren und zu lauschen, aber selbst dann würde ich ihm raten, den Grund zu erklären.«
»Gut geantwortet«, sagte Streicher lachend. »Aber die Erklärung ist einfach: Ich hielt Ausschau nach einem Hobbit mit Namen Frodo Beutlin. Ich wollte ihn schnell finden. Ich hatte erfahren, dass er aus dem Auenland ein – nun ja, ein Geheimnis mitbringt, das mich und meine Freunde angeht.
Nein, missversteht mich nicht!«, rief er, als sich Frodo erhob und Sam mit einem finsteren Ausdruck aufsprang. »Ich werde das Geheimnis vorsichtiger bewahren als Ihr. Und Vorsicht ist vonnöten!« Er beugte sich vor und schaute sie an. »Beobachtet jeden Schatten!«, sagte er leise. »Schwarze Reiter sind durch Bree geritten. Einer kam, wie es heißt, am Montag den Grünweg herunter; und ein Zweiter traf später ein, er kam den Grünweg von Süden herauf.«
Es trat ein Schweigen ein. Schließlich sagte Frodo zu Pippin und Sam: »Ich hätte es mir denken können, so wie der Torwächter uns begrüßte. Und der Wirt scheint auch etwas gehört zu haben. Warum hat er uns nur gedrängt, uns der Gesellschaft anzuschließen? Und warum in aller Welt haben wir uns so töricht benommen? Wir hätten ruhig hierbleiben sollen.«
»Das wäre besser gewesen«, sagte Streicher. »Ich hätte Euch davon abgehalten, in die große Gaststube zu gehen, wenn ich gekonnt hätte. Aber der Wirt wollte mich nicht hereinlassen und auch keine Botschaft überbringen.«
»Glaubt Ihr, dass er …«, begann Frodo.
»Nein, ich glaube nichts Böses vom alten Butterblume. Nur mag er solche geheimnisvollen Vagabunden wie mich nicht allzu gern.« Frodo sah ihn verwundert an. »Ja, ich sehe ein bisschen verkommen aus, nicht wahr?«, sagteStreicher mit gekräuselten Lippen und einem sonderbaren Glanz in den Augen. »Aber ich hoffe, wir werden einander noch besser kennenlernen. Wenn ja, dann werdet Ihr mir hoffentlich erklären, was am Ende Eures Liedes geschah. Denn dieser Scherz …«
»Das war nichts als ein Missgeschick!«, unterbrach ihn Frodo.
»Na, ich weiß nicht recht«, meinte Streicher. »Also schön, Missgeschick. Dieses Missgeschick hat Eure Lage gefährlich gemacht.«
»Kaum mehr, als sie schon war«, antwortete Frodo. »Ich wusste, dass mich diese Reiter verfolgen; aber jetzt scheinen sie mich jedenfalls verfehlt zu haben und sind weggegangen.«
»Darauf dürft Ihr nicht rechnen!«, sagte Streicher scharf. »Sie werden wiederkommen. Und mehr werden folgen. Es gibt noch andere. Ich kenne ihre Zahl. Ich kenne diese Reiter.« Er hielt inne, und seine Augen waren kalt und hart. »Und es gibt einige Leute in Bree, denen nicht zu trauen ist«, fuhr er fort. »Lutz Farning zum Beispiel. Er hat einen schlechten Ruf in Breeland, und sonderbares Volk sucht ihn in seinem Haus auf. Ihr müsst ihn bemerkt haben in der Gesellschaft: ein schwärzlicher, höhnischer Bursche. Er saß ständig bei einem Fremden aus dem Süden, und gleich nach Eurem ›Missgeschick‹ gingen sie zusammen hinaus. Nicht alle diese Südländer meinen es gut; und was Farning
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