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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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einer Haut von enganliegendem Grau und Braun bekleidet zu sein. Ihre Glieder waren lang, und ihre Hände hatten viele Finger; ihr Haar war steif und ihre Bärte graugrün wie Moos. Sie blickten mit ernsten Augen um sich, aber sie schauten nicht auf die Reiter; ihr Blick war nach Norden gerichtet. Plötzlich legten sie ihre langen Hände an den Mund und sandten schallende Rufe aus, klar wie die Töne eines Horns, aber melodischer und vielfältiger. Die Rufe wurden beantwortet; und als sie sich wieder umdrehten, sahen die Reiter, dass andere Geschöpfe von derselben Art rasch durch das Gras heranschritten. Sie kamen von Norden her, und ihre Gangart erinnerte an watende Reiher, aber nicht ihre Geschwindigkeit; denn bei ihren langen Schritten bewegten sich ihre Beine schneller als die Flügel eines Reihers. Die Reiter schrien laut vor Verwunderung, und einige legten die Hand auf den Schwertgriff.
    »Ihr braucht keine Waffen«, sagte Gandalf. »Das sind nur Hirten. Es sind keine Feinde, tatsächlich kümmern sie sich überhaupt nicht um uns.«
    So schien es wirklich; denn als er das sagte, schritten die großen Geschöpfe, ohne einen Blick auf die Reiter zu werfen, in den Wald und verschwanden.
    »Hirten?«, fragte Théoden. »Wo sind ihre Herden? Was für Wesen sind das, Gandalf? Denn es ist klar, dass sie Euch jedenfalls nicht fremd sind.«
    »Es sind die Hirten der Bäume«, antwortete Gandalf. »Ist es so lange her, seit Ihr den Geschichten am Kamin gelauscht habt? Es gibt Kinder in Eurem Land, die aus den verflochtenen Fäden der Erzählungen die Antwort auf Eure Frage herausfinden könnten. Ihr habt Ents gesehen, o König, Ents aus dem Forst Fangorn, den Ihr in Eurer Sprache Entwald nennt. Habt Ihr geglaubt, der Name sei ihm nur aus bloßer Laune gegeben worden? Nein, Théoden, es ist anders: Für sie seid Ihr nur eine vorübergehende Geschichte; all die Jahre von Eorl dem Jungen bis zu Théoden dem Alten zählen wenig für sie; und alle Taten Eures Hauses sind nur von geringem Belang.«
    Der König antwortete nicht. »Ents!«, sagte er schließlich. »Aus den Schatten der Sage beginne ich, das Wunder der Bäume ein wenig zu verstehen. Ich erlebe seltsame Tage. Lange haben wir unsere Tiere versorgt und unsere Felder bestellt, unsere Häuser gebaut, unsere Werkzeuge geschmiedet oder sind hinausgeritten, um Minas Tirith in seinen Kriegen zu unterstützen. Und das nannten wir das Leben der Menschen, den Lauf der Welt. Wenig kümmerten wir uns um das, was jenseits unserer Grenzen lag. Lieder haben wir, die von diesen Dingen berichten, aber wir vergessen sie, nur unsere Kinder lehren wir sie, ein Brauch, über den man nicht viel nachdenkt. Und jetzt sind die Lieder aus seltsamen Gegenden zu uns gekommen und wandeln sichtbar unter der Sonne.«
    »Ihr solltet froh sein, König Théoden«, sagte Gandalf. »Denn nicht nur daskleine Leben der Menschen ist jetzt in Gefahr, sondern auch das Leben jener Geschöpfe, die Ihr für einen Sagenstoff gehalten habt. Ihr seid nicht ohne Verbündete, selbst wenn Ihr sie nicht kennt.«
    »Dennoch sollte ich auch traurig sein«, sagte Théoden. »Denn wie immer das Kriegsglück ausgehen wird, könnte es nicht damit enden, dass vieles, was schön und wundervoll war, für immer aus Mittelerde verschwinden wird?«
    »Das mag sein«, sagte Gandalf. »Das Böse von Sauron lässt sich nicht völlig beseitigen, und es kann auch nicht so getan werden, als sei es gar nicht gewesen. Aber solche Tage zu erleben ist unser Schicksal. Lasst uns nur die Reise fortsetzen, die wir begonnen haben!«
    Die Gruppe wandte sich dann ab von der Talmulde und dem Wald und schlug die Straße zu den Furten ein. Legolas folgte nur widerstrebend. Die Sonne war untergegangen und schon hinter dem Rand der Welt verschwunden; doch als sie aus dem Schatten der Berge herausritten und nach Westen zur Pforte von Rohan schauten, war der Himmel noch rot, und ein brennendes Licht war unter den treibenden Wolken. Dunkel hoben sich davon viele schwarzgeflügelte Vögel ab, die dort ihre Kreise zogen. Manche, die zu ihren Horsten in den Felsen zurückkehrten, flogen traurig krächzend über sie hinweg.
    »Die Aaskrähen waren auf dem Schlachtfeld am Werk«, sagte Éomer.
    Sie ritten nun in gemächlichem Schritt weiter, und die Dunkelheit senkte sich auf die Ebenen um sie herab. Langsam zog der zunehmende Mond herauf, der bald voll sein würde, und in seinem kalten Silberlicht hob und senkte sich das ansteigende Grasland wie ein

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