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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Zutrauen zu der dünnen grauen Leine wie Sam. Dennoch gab es zwei Stellen, an denen er sich ganz und gar der Leine anvertrauen musste: glatte Flächen, wo selbst seine kräftigen Hobbitfinger keinen Halt fanden und die Vorsprünge weit auseinander lagen. Aber schließlich war auch er unten.
    »Gut!«, rief er. »Wir haben’s geschafft! Wir sind dem Emyn Muil entkommen. Und was kommt nun, frage ich mich? Vielleicht werden wir uns bald wieder nach gutem, hartem Felsen unter den Füßen sehnen.«
    Aber Sam antwortete nicht: Er starrte zurück auf die Felswand. »Einfaltspinsel!«, sagte er. »Dummköpfe! Mein schönes Seil! Da ist es an einen Baumstumpf geknüpft, und wir sind unten. Eine nettere kleine Treppe für den schleichenden Gollum könnten wir wohl kaum hinterlassen. Am besten stellen wir noch ein Schild auf, damit er weiß, welchen Weg wir gegangen sind. Dacht ich mir, dass es alles ein bisschen zu glatt ging.«
    »Wenn du dir eine Möglichkeit vorstellen kannst, wie wir beide das Seil hätten benutzen und es dennoch mit herunterbringen können, dann darfst du den Einfaltspinsel oder jeden anderen Namen, den der Ohm dir vermachte, an mich weiterreichen«, sagte Frodo. »Klettere hinauf, mach es los und lass dich selbst hinunter, wenn du willst!«
    Sam kratzte sich den Kopf. »Nein, ich kann mir auch nicht vorstellen, wie, tut mir leid«, sagte er. »Aber ich lasse es nicht gern dort, so ist das nun mal.« Er streichelte das Seilende und schüttelte es sanft. »Es fällt mir schwer, mich von etwas zu trennen, das ich aus dem Elbenland mitgebracht habe. Vielleicht hat Galadriel es sogar selbst gemacht. Galadriel«, murmelte er und nickte traurig mit dem Kopf. Er schaute hinauf und zog zum letzten Mal an dem Seil, gleichsam zum Abschied.
    Zur völligen Überraschung der beiden Hobbits kam es los. Sam fiel vornüber, und das lange graue Seil glitt leise herunter und blieb auf ihm liegen. Frodo lachte. »Wer hat das Seil geknotet?«, fragte er. »Gut, dass es wenigstens so lange gehalten hat. Wenn ich daran denke, dass ich deinem Knoten mein ganzes Gewicht anvertraut habe!«
    Sam lachte nicht. »Vielleicht bin ich nicht tüchtig beim Klettern, Herr Frodo«, sagte er in beleidigtem Ton, »aber von Seilen und Knoten verstehe ich etwas. Es liegt in der Familie, könnte man sagen. Schließlich hatten mein Großvater und nach ihm mein Onkel Andi, was der älteste Bruder vom Ohm ist, viele Jahre eine Seilerbahn drüben in Reepfeld. Und ich habe einen so festen Knoten an dem Baumstumpf gemacht, wie nur irgendeiner im Auenland oder sonst wo ihn hätte machen können.«
    »Dann muss das Seil gerissen sein – aufgescheuert an der Felskante, nehme ich an«, sagte Frodo.
    »Ich wette, das ist es nicht!«, sagte Sam mit einer noch beleidigteren Stimme. Er bückte sich und untersuchte die Enden. »Nein, das ist es auch nicht. Nicht eine Faser.«
    »Dann, fürchte ich, muss es doch der Knoten gewesen sein«, sagte Frodo.
    Sam schüttelte den Kopf und antwortete nicht. Nachdenklich ließ er das Seil durch die Finger gleiten. »Du kannst es halten, wie du willst, Herr Frodo«, sagte er schließlich, »aber ich glaube, das Seil kam von selbst herunter – als ich rief.« Er rollte es auf und verstaute es liebevoll in seinem Rucksack.
    »Jedenfalls kam es«, sagte Frodo, »und das ist die Hauptsache. Aber jetzt müssen wir uns unseren nächsten Schritt überlegen. Es wird bald Nacht sein. Wie schön die Sterne sind und der Mond!«
    »Dabei geht einem wirklich das Herz auf, nicht wahr?«, sagte Sam und schaute hinauf. »Elbisch sind sie irgendwie. Und der Mond nimmt zu. Ein oder zwei Nächte haben wir ihn bei diesem bewölkten Wetter gar nicht gesehen. Er scheint schon ziemlich hell.«
    »Ja«, sagte Frodo, »aber es dauert noch ein paar Tage, bis er voll ist. Ich glaube, wir wollen es mit den Sümpfen lieber nicht beim Licht eines halben Mondes versuchen.«
    In den ersten Schatten der Nacht machten sie sich auf zum nächsten Abschnitt ihrer Wanderung. Nach einer Weile schaute Sam sich um und blickte dorthin zurück, woher sie gekommen waren. Der Ausgang der Rinne war eine schwarze Einkerbung in der düsteren Felswand. »Ich bin froh, dass wir das Seil haben«, sagte er. »Jedenfalls haben wir diesem Wegelagerer ein kleines Rätsel aufgegeben. Er kann es mit seinen hässlichen Flossenfüßen auf diesen Vorsprüngen versuchen!«
    Sie bahnten sich einen Weg fort von der Felswand, durch eine Wildnis von Findlingen und rauhen Steinen,

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