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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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auf. Sofort zog er sein Schwert; aber er konnte nichts tun. Gollum und Frodo waren eng umschlungen. Gollum zog an seinem Herrn und versuchte, an die Kette und den Ring heranzukommen. Das war wahrscheinlich das Einzige, was die letzten Funken von Frodos Willen und Stärke wieder entfachen konnte: ein Angriff, ein Versuch,ihm seinen Schatz mit Gewalt zu nehmen. Er wehrte sich mit einer Wut, die Sam überraschte, und Gollum auch. Selbst so hätte die Sache vielleicht ganz anders ausgehen können, wenn Gollum sich nicht verändert hätte. Aber welche entsetzlichen Pfade er auch einsam und hungrig und wasserlos gegangen sein mochte, vorangetrieben von einem verzehrenden Verlangen und einer fürchterlichen Angst, sie hatten schmerzliche Spuren bei ihm hinterlassen. Er war ein mageres, verhungertes, abgezehrtes Geschöpf, nichts als Knochen unter straff gespannter, blässlicher Haut. Seine Augen funkelten, aber seine Bosheit entsprach nicht mehr seiner früheren zupackenden Kraft. Frodo schleuderte ihn weg und stand zitternd auf.
    »Runter, runter!«, keuchte er und fasste mit der Hand nach seiner Brust, sodass er unter seinem Lederhemd den Ring umklammerte. »Runter, du schleichendes Ding, und geh mir aus dem Weg! Deine Zeit ist abgelaufen. Du kannst mich jetzt nicht verraten oder erschlagen.«
    Dann plötzlich, wie damals an den Säumen des Emyn Muil, sah Sam die beiden Gegner mit anderen Augen. Ein zusammengekauertes Geschöpf, kaum mehr als der Schatten eines Lebewesens, jetzt völlig vernichtet und besiegt, und dennoch von abscheulichem Gelüste und Raserei erfüllt; und vor ihm stand, unbeugsam, für Mitleid jetzt unerreichbar, eine in Weiß gekleidete Gestalt, aber an ihrer Brust hielt sie ein Feuerrad. Aus dem Feuer sprach eine befehlende Stimme.
    »Scher dich fort und belästige mich nicht mehr. Wenn du mich je wieder anrührst, sollst du selbst in das Schicksalsfeuer geworfen werden.«
    Das kauernde Geschöpf fuhr zurück, Angst und gleichzeitig eine unersättliche Begierde blickten aus seinen blinzelnden Augen.
    Dann verschwand das Bild, und Sam sah Frodo dort stehen, die Hand an die Brust gepresst, sein Atem kam stoßweise, und Gollum zu seinen Füßen, auf den Knien liegend, die weit gespreizten Hände auf dem Boden.
    »Pass auf!«, rief Sam. »Er will springen!« Er trat vor und schwang sein Schwert. »Schnell, Herr!«, keuchte er. »Geh weiter! Geh weiter! Keine Zeit zu verlieren. Ich befasse mich mit ihm. Geh weiter!«
    Frodo sah ihn an wie einer, der jetzt weit fort ist. »Ja, ich muss weitergehen«, sagte er. »Leb wohl, Sam. Dies ist nun das Ende. Auf dem Schicksalsberg wird sich das Schicksal entscheiden. Leb wohl!« Er wandte sich ab und ging weiter, langsam, aber aufrecht den ansteigenden Pfad hinauf.
    »So«, sagte Sam, »endlich kann ich mich mit dir befassen!« Mit gezogener Klinge, bereit zum Kampf, stürzte er vor. Aber Gollum sprang nicht. Er fiel flach auf den Boden und wimmerte.
    »Töte uns nicht«, weinte er. »Verletze uns nicht mit hässlichem, grausamem Stahl! Lass uns leben, ja, nur noch ein bisschen leben. Verloren, verloren! Wir sind verloren. Und wenn der Schatz dahingeht, werden wir sterben, ja, zu Staub werden.« Er kratzte mit seinen langen, fleischlosen Fingern in der Asche des Weges. »Staub!«, zischte er.
    Sams Hand zitterte. Er war außer sich vor Zorn, als er an Gollums ganze Bosheit dachte. Es wäre gerecht, dieses verräterische, mörderische Geschöpf zu erschlagen, gerecht und vielmals verdient; und außerdem die einzige Möglichkeit, diese Gefahr auszuschalten. Doch tief in seinem Herzen war etwas, das ihn zurückhielt: Er konnte dieses Wesen nicht erschlagen, das da im Staub lag, verlassen, vernichtet, durch und durch unglücklich. Er selbst hatte, wenn auch nur eine kleine Weile, den Ring getragen und konnte sich jetzt die seelischen und körperlichen Qualen des verkümmerten Gollum einigermaßen vorstellen, Sklave des Rings und unfähig, je im Leben wieder Frieden oder Erlösung zu finden. Aber Sam fehlten die Worte, um auszudrücken, was er empfand.
    »Ach, verflucht sollst du sein, du stinkendes Ding!«, sagte er. »Geh weg! Scher dich fort! Ich trau dir nicht so weit, wie ich spucken kann; aber scher dich fort. Sonst werde ich dich verletzen, jawohl, mit hässlichem, grausamem Stahl.«
    Gollum stand auf und kroch auf allen vieren ein paar Schritte zurück und drehte sich dann um, und als Sam ihm einen Fußtritt versetzen wollte, floh er den Pfad hinunter. Sam

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