Der Herr der Ringe
zogen mit großen Planwagen daher, und ihre Anführer kämpften in Streitwagen. Aufgestachelt, wie sich später herausstellte, durch Saurons Abgesandte, unternahmen sie einen plötzlichen Angriff auf Gondor, und 1856 wurde König Narmacil II. im Kampf mit ihnen jenseits des Anduin erschlagen. Das Volk des östlichen und südlichen Rhovanion wurde unterjocht; und Gondors Grenzen wurden zeitweise bis zum Anduin und dem Emyn Muil zurückgenommen. (Zu jener Zeit, glaubt man, kehrten die Ringgeister nach Mordor zurück.)
Calimehtar, Narmacils II. Sohn, rächte im Jahr 1899, unterstützt durch einen Aufstand in Rhovanion, seinen Vater mit einem großen Sieg über die Ostlinge auf Dagorlad, und für eine Weile war die Gefahr abgewendet. Es war unter der Herrschaft von Araphant im Norden und von Ondoher, Calimehtars Sohn, im Süden, dass die beiden Königreiche nach langem Schweigen und Entfremdung wieder miteinander berieten. Denn sie erkannten endlich, dass eine einzige Macht und ein einziger Wille den Angriff auf die Überlebenden von Númenor von vielen Stellen aus leitete. Es war zu jener Zeit, dass Arvedui, Araphants Erbe, Fíriel, Ondohers Tochter, heiratete (1940). Aber keines der beiden Königreiche vermochte dem anderen Hilfe zu schicken; denn Angmar nahm seinen Angriff auf Arthedain zur selben Zeit wieder auf, als die Wagenfahrer mit großer Macht anrückten.
Viele der Wagenfahrer zogen jetzt südlich von Mordor weiter und verbündeten sich mit den Menschen von Khand und Nah-Harad; und bei diesem großen Angriff von Norden und Süden wäre Gondor beinahe vernichtetworden. Im Jahr 1944 fielen König Ondoher und seine beiden Söhne, Artamir und Faramir, in der Schlacht nördlich des Morannon, und der Feind ergoss sich nach Ithilien. Aber Earnil, Befehlshaber des Südheeres, errang einen großen Sieg in Südithilien und vernichtete das Heer von Harad, das den Fluss Poros überschritten hatte. Er eilte nach Norden, scharte alles um sich, was er von dem zurückflutenden Nordheer erreichen konnte, und griff das Hauptlager der Wagenfahrer an, während sie feierten und im Siegesrausch schwelgten, weil sie glaubten, Gondor sei niedergeworfen und sie brauchten nur noch die Beute einzusammeln. Earnil erstürmte das Lager, steckte die Wagen in Brand und trieb den Feind zu wilder Flucht aus Ithilien. Ein großer Teil von denen, die vor ihm flohen, ging in den Totensümpfen zugrunde.
»Nach dem Tode von Ondoher und seinen Söhnen erhob Arvedui vom Nördlichen Königreich Anspruch auf die Krone von Gondor als unmittelbarer Abkömmling von Isildur und als Ehemann von Fíriel, des letzten überlebenden Kindes von Ondoher. Der Anspruch wurde zurückgewiesen. Hierbei spielte Pelendur, der Truchsess König Ondohers, die Hauptrolle.
Der Rat von Gondor antwortete: ›Die Krone und Königswürde von Gondor gehört einzig und allein den Erben von Meneldil, Anárions Sohn, dem Isildur sein Reich abtrat. In Gondor gelten als Erben nur die Söhne; und wir haben nicht gehört, dass das Gesetz in Arnor anders ist.‹
Darauf erwiderte Arvedui: ›Elendil hatte zwei Söhne, von denen Isildur der ältere und der Erbe seines Vaters war. Wir haben gehört, dass Elendils Name bis zum heutigen Tage an der Spitze der Linie der Könige von Gondor steht, da er als der Hohe König aller Lande der Dúnedain angesehen wurde. Noch zu Elendils Lebzeiten wurde die gemeinsame Herrschaft im Süden seinen Söhnen übertragen; aber als Elendil fiel, ging Isildur fort, um das hohe Königsamt seines Vaters zu übernehmen, und übertrug die Herrschaft im Süden in gleicher Weise dem Sohn seines Bruders. Er trat seine Königswürde in Gondor nicht ab, noch wollte er, dass Elendils Reich auf immerdar geteilt sei.
Überdies ging einst in Númenor das Zepter auf das älteste Kind des Königs über, sei es Mann oder Frau. Es ist richtig, dass das Gesetz in den Landen der Verbannung, die immer in Kriege verwickelt waren, nicht befolgt wurde; doch so war das Gesetz unseres Volkes, auf das wir uns jetzt beziehen, da wir sehen, dass Ondohers Söhne kinderlos starben.‹ 29
Darauf gab Gondor keine Antwort. Die Krone wurde von Earnil beansprucht, dem siegreichen Heerführer; und sie wurde ihm zugestanden mit Billigung aller Dúnedain in Gondor, da er aus dem königlichen Haus war. Er war Siriondils Sohn, der Calimmacils Sohn war, des Sohns von Arciyas, des Bruders von Narmacil II. Arvedui beharrte nicht auf seinem Anspruch; denn er hatte weder die Macht noch den
Weitere Kostenlose Bücher