Der Herr der Ringe
gelassen hatte.
Die Truchsesse
Das Haus der Truchsesse wurde das Haus von Húrin genannt, denn sie waren Abkömmlinge des Truchsessen von König Minardil (1621–34), Húrin von Emyn Arnen, einem Manne von edler númenrischer Abstammung. Nach seiner Zeit hatten die Könige ihre Truchsesse immer unter seinen Nachkommen ausgewählt; und nach den Tagen von Pelendur wurde das Truchsessen-Amt erblich wie eine Königswürde und ging vom Vater auf den Sohn oder den nächsten Verwandten über.
Jeder neue Truchsess übernahm das Amt mit dem Eid, »Stab und Herrschaft zu führen im Namen des Königs, bis er zurückkehrt«. Doch diese Worte wurden bald zu einer bloßen Formel, der niemand mehr Beachtung schenkte, denn die Truchsesse übten alle Machtbefugnisse der Könige aus. Dennoch glaubten noch viele in Gondor, dass irgendwann tatsächlich ein König zurückkehren würde; und manche erinnerten sich der alten Linie des Nordens, von der es gerüchtweise hieß, sie lebe noch im Verborgenen. Doch gegen solche Gedanken verhärteten die Herrschenden Truchsesse ihr Herz.
Dennoch saßen die Truchsesse niemals auf dem alten Thron; und sie trugen keine Krone und hielten kein Zepter. Nur einen weißen Stab trugen sie als Zeichen ihres Amtes; und ihr Banner war weiß ohne Wappenschild. Doch das königliche Banner war schwarz gewesen, und es zeigte einen blühenden weißen Baum unter sieben Sternen.
Nach Mardil Voronwe, der als der Erste der Linie angesehen wurde, folgten vierundzwanzig Herrschende Truchsesse von Gondor bis zur Zeit von Denethor II., dem sechsundzwanzigsten und letzten. Zuerst hatten sie Ruhe, denn es waren die Tage des Wachsamen Friedens, als sich Sauron vor der Macht des Weißen Rats zurückzog und die Ringgeister im Morgul-Tal verborgen blieben. Doch seit der Zeit von Denethor I. war niemals wieder richtiger Friede, und selbst wenn Gondor keinen großen oder offenen Krieg führte, waren seine Grenzen ständig bedroht.
In den letzten Jahren von Denethor I. erschien das Volk der Uruks, schwarze Orks von großer Stärke, zum ersten Mal außerhalb von Mordor, und im Jahre 2475 brachen sie über Ithilien herein und nahmen Osgiliath. Boromir, Denethors Sohn (nach dem der Boromir unter den Neun Gefährten später genannt wurde), besiegte sie und gewann Ithilien zurück; aber Osgiliath war endgültig zerstört, und seine große Steinbrücke war geborsten. Niemand wohnte später mehr dort. Boromir war ein großer Heerführer, und selbst der Hexenkönig fürchtete ihn. Er war edel und schön von Angesicht, ein Mann von kräftigem Körperbau und starkem Willen, aber er trug in diesem Krieg eine Morgul-Wunde davon, die seine Tage verkürzte, und von Schmerzen verzehrt starb er zwölf Jahre nach seinem Vater.
Nach ihm begann die lange Herrschaft von Cirion. Er war wachsam und vorsichtig, doch das Einflussgebiet von Gondor war klein geworden, und er konnte nicht viel mehr tun, als seine Grenzen zu schützen, während seine Feinde (oder die Macht, die sie antrieb) Schläge gegen ihn vorbereiteten, die er nicht zu verhindern vermochte. Die Corsaren plünderten seine Küsten, doch lag die Hauptgefahr für ihn im Norden. In den ausgedehnten Landen von Rhovanion, zwischen dem Düsterwald und dem Fluss Eilend lebte jetzt ein wüstes Volk, das ganz unter dem Schatten von Dol Guldur stand. Oft machten sie Raubzüge durch den Wald, bis das Anduin-Tal südlich des Schwertels weitgehend verlassen war. Diese Balchoth wurden ständig verstärkt durch andere ihresgleichen, die aus dem Osten kamen, während das Volk von Calenardhon sich vermindert hatte. Cirion fiel es schwer, die Stellung am Anduin zu halten.
»Da er den Sturm voraussah, bat Cirion im Norden um Hilfe, aber es war zu spät; denn in jenem Jahr (2510) setzten die Balchoth, die am Ostufer des Anduin viele große Boote und Flöße gebaut hatten, über den Fluss und fegten die Verteidiger hinweg. Ein aus dem Süden heranmarschierendes Heer wurde abgeschnitten und über den Limklar nach Norden getrieben, und dort wurde es plötzlich von einer Orkhorde aus dem Gebirge angegriffen und zum Anduin abgedrängt. Dann kam wider Erwarten Hilfe aus dem Norden, und die Hörner der Rohirrim erschallten zum ersten Mal in Gondor. Eorl der Junge kam mit seinen Reitern, fegte den Feind hinweg und verfolgte die Balchoth über die Felder von Calenardhon, bis keiner mehr übrig war. Cirion verlieh Eorl dieses Land, um es zu bewohnen, und er leistete Cirion Eorls Eid der Freundschaft für die
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