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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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über ihre Kräfte. Das ist sehr interessant.«
    Rostigan ächzte, während er das Schwert schwang, und sofort verschlang ihn eisiges Wasser. Er tauchte unter und versuchte, die Verfolgung aufzunehmen, obwohl es schwierig war, da die meisten seiner Glieder verletzt waren. Wasser floss durch das Loch in seiner Hand, während er versuchte zu schwimmen, und die Strömung zerrte an seinem bleiernen Fuß. Nur mit Mühe konnte er sich über Wasser halten, während er und Despirrow durch die Schlucht getragen wurden und weiter durch bewaldetes Land. Der Fluss gurgelte und schäumte in seinen Nasenlöchern und drohte ihn zu ersticken, während Despirrow mühelos vorausschwamm. Mit letzter Kraft hob Rostigan sein Schwert aus dem Wasser und warf es hinter Despirrow her. Es schlug hinter seinem Feind ins Wasser und versank.
    »Ich sehe dich bald wieder, Karrak!«, gröhlte Despirrow.
    Rostigan bemühte sich, ans Ufer zu gelangen, und hielt sich schließlich am Schilf fest, das dort wuchs, um sich an Land zu zerren. Er war zu schwer verletzt, um die Verfolgung fortzusetzen, und seine Lunge hatte sich zu sehr mit Wasser gefüllt. Am Ufer kroch er durch den Schlamm, bis er aus dem Wasser war. Stromabwärts war Despirrow ein leuchtend blauer Punkt, der in dem kristallenen Wasser kreiselte und an neugierigen Zuschauern auf Booten vorbeijagte. In einer Biegung des Flusses geriet er außer Sicht.
    »Verdammt sollst du sein«, murmelte Rostigan und ließ den Kopf sinken.

EIN GUTER MANN
    Tarzi tänzelte in dem Halbkreis, den die Rekruten gebildet hatten; sie saßen im Gras und verfolgten ihre Darbietung. Cedris war ebenfalls dort, klopfte mit dem Fuß den Rhythmus und strahlte. Andere unter den Zelten hielten in ihrer Arbeit inne, um neugierig zu Musik und Gesang hinüberzuschauen.
    Ist die Geschichte euch bekannt
    vom Manne, der das Bier erfand?
    Wem immer er den Plan erklärte,
    hielt ihn für nicht bei Verstand.
    »Wirklich aus den gleichen Sachen,
    mit denen sonst das Brot wir machen,
    willst du ein Getränk dir brauen?
    Das ist wirklich nur zum Lachen.«
    Doch er hatte den Verdacht,
    wenn er die Brotzeit flüssig macht,
    müsste das ganz wunderbar sein.
    Darüber schlief er manche Nacht.
    Und morgens, als noch alles schlief,
    nahm er ein Fass her, breit und tief,
    und füllte es nach seinem Plan.
    Dann wartet er, bis ihm vor Gier
    der Speichel aus dem Munde lief.
    »Zeit zu verkosten«, tat er kund
    den Freunden, die staunend mit offenem Mund
    ihn füllen sehen einen Krug
    und wieder schließen des Fasses Spund.
    Der Schaum berührte seine Lippen,
    er wollte nur ein wenig nippen.
    Doch dabei blieb es nicht – wie unter Zwang
    stand er, den ganzen Krug zu kippen.
    Er lässt nicht ab, er trinkt noch mehr.
    Der Kopf ist ihm mal leicht, mal schwer.
    Er spricht: »Bei der Magie der Großen,
    nichts Besseres trank ich bisher!«
    »Es macht mir große Lust zu tanzen
    und schöne Frauen anzuranzen.
    Nie war mir wohler, das vermag
    der Trunk mir in die Brust zu pflanzen!«
    Nicht länger wollten sich genieren
    die Freunde nun und selbst probieren.
    Sie standen Schlange vor dem Fass,
    das Bier floss ohne Unterlass.
    Bald begannen sie zu lachen
    und anderes dummes Zeug zu machen.
    Alle voll wie die Haubitzen,
    und dankbar seinen Geistesblitzen.
    »Der Erfinder lebe hoch«,
    sangen sie zum Schluss dann noch,
    bevor – es war schon tiefe Nacht –
    das Fass ward endlich leer gemacht.
    Wer eben noch vor Kraft gestrotzt,
    hat sich dann erst mal ausgekotzt,
    um dann im nächsten Augenzwinken
    bewusstlos auf das Gras zu sinken.
    Und als die Morgensonne kam,
    da waren ihre Glieder lahm,
    die Köpfe schmerzten ihnen sehr,
    dann der Brand – wo kam der her?
    »Vergiftet hast du uns, du Lump«,
    beschuldigten sie ihn nun plump.
    »Wie sollen wir uns sonst den schweren
    Leidenszustand nur erklären?«
    Der Biererfinder stimmte zu –
    er fand ja selber keine Ruh.
    Tausend Hämmer pochten fleißig
    in seinem Kopf, oh war das …
    Sie krochen heim in ihre Betten,
    nichts mehr könne sie noch retten,
    so glaubten sie mit stumpfen Sinnen,
    und vorm Tod gäb’s kein Entrinnen.
    »Das«, sagten sie, die Zunge schal,
    »tun wir wirklich nicht noch mal.«
    Die Blase quält’ sie manche Zeit,
    wie taten sie sich selber leid!
    Als dann der Tag vorüber war,
    der Abend dämmert, lau und klar,
    da fand sich jeder gut genesen,
    der doch dem Tod so nah gewesen.
    »Das müssen wir feiern«, hieß es im Nu,
    sie holten den freudigen Brauer herzu.
    Der fragt:

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