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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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bringt dich zu der Annahme, daran hätte sich jetzt etwas geändert? Ich habe in Frieden gelebt, nicht mehr und nicht weniger, bis ihr alle zurückgekommen seid. Jetzt ist der Himmel voller Flecken, Äpfel verlieren ihren Geschmack, und ohne Frage werden bald noch seltsamere Dinge geschehen. Die Verderbnis wird erneuert, und das nur euretwegen.«
    »Du hast dabei deine Hand nicht im Spiel?«, erkundigte sich Salarkis. »Und bist nicht dafür verantwortlich?«
    »Ich habe meine Kräfte in diesen vielen Jahren nicht mehr eingesetzt. Anders als du und die anderen, die sie rücksichtslos benutzten. Ist es das wert, unschuldige Händler zu verletzen, wenn dadurch die Wunde im Himmel wächst, Salarkis?«
    »Unschuldig?« Salarkis schüttelte den Kopf. »Solche Worte aus dem Mund des Sklavenfürsten von Ander? Von dem Mann, der Mütter mit ihren Säuglingen in die Steinbrüche geschickt hat? Und wenn ich jemanden ein bisschen piekse, reibt er mir ein ›unschuldig‹ unter die Nase?«
    »Dieser Mann bin ich nicht mehr.«
    Salarkis zeigte die Zähne.
    »Du brauchst nicht so zu tun, als würdest du es nicht begreifen«, sagte Rostigan. »Dir ist es auch kurz vor deinem Ende passiert. Du hast dich daran erinnert, wer du früher warst, und da ist dir unter deinen Schuppen unbehaglich zumute geworden. Forger ging dir auch zu weit.«
    »Ach, sei still, Rostigan .«
    »Warum hast du dich sonst von Yalenna segnen lassen? Sie hat dich gefunden, ja, aber warum? Du hättest ihr entkommen können.«
    »Sie hat mich überrascht.«
    »Tatsächlich? Oder wolltest du das, was sie dir angeboten hat?« Rostigan machte sich wieder Richtung Straße auf. »So war es, denn sie hätte dich nicht dazu zwingen können. Willst du es immer noch?«
    »Was bringt dich zu der Annahme, dass der Segen verloren gegangen ist?«
    Damit hatte Rostigan nicht gerechnet. »Ach ja? Ich dachte, eine Segnung würde den Tod nicht überdauern.«
    »Der Rest meiner Struktur hat es überdauert, warum also nicht ein Segen.«
    »Das ist keine Antwort.«
    »Richtig.«
    Rostigan runzelte die Stirn. »Was hast du vor?«
    »Ich habe mich noch nicht entschieden.«
    »Hast du ihn getroffen?« An dieser Stelle musste er ein wenig einlenken, dachte er. »Forger?«
    »Nur kurz.«
    »Wie war er?«
    »Unverändert.«
    »Ich würde dich … bitten, ihm nicht zu sagen, wo ich bin. Und auch keinem der anderen. Du bist der Einzige, der mich finden kann.«
    »Na, ob das jetzt noch zutrifft? Du hast eine Möglichkeit, dich zu verstecken, scheint mir.«
    »Ich habe dir gesagt, dass ich meine Kräfte nicht mehr einsetze. Ich werde wie ein normaler Mensch auf dieser Straße weiterziehen.«
    Vom Städtchen her funkelte ihnen das Licht des Wirtshauses entgegen.
    »Welche Straße ist das denn?«, fragte Salarkis.
    »Die von Silberstein her.«
    »Oder andersherum: die nach Althala.«
    »Zu viele Orte«, erwiderte Rostigan.
    »Einerlei«, sagte Salarkis, »warum sollte ich eine Abmachung mit dir treffen? Was hast du mir schon anzubieten außer übler Laune und Vorwürfen?«
    Rostigan tastete in seiner Tasche nach einem ganz bestimmten Gefäß. Er zog es heraus, nahm den Deckel ab und holte vorsichtig eines der trockenen Blätter heraus.
    »Lockenzahn«, staunte Salarkis. »Den habe ich nicht mehr gefunden, seit …«
    »Nein«, sagte Rostigan. »Die Leute sagen, er sei durch die Große Magie verschwunden. Ich habe kürzlich nach vielen, vielen Jahren zum ersten Mal wieder welchen gefunden.« Er hielt ihm das Blatt hin. »Das bekommst du, wenn du meine Bitte erfüllst … und noch eines später, wenn ich zufrieden bin.«
    Salarkis lächelte. »Wie in alten Zeiten? Du bietest mir für meine Zustimmung Brosamen von deiner Tafel?«
    »Willst du oder nicht?«
    Salarkis hielt ihm die Hand hin, und Rostigan legte das Blatt hinein. Vorsichtig, um es nicht mit den schuppigen Fingern zu zerdrücken, nahm er den Lockenzahn mit der anderen und steckte ihn sich zu Rostigans Überraschung geradewegs in den Mund.
    »Was machst du? Man soll es zusammen mit Speisen zubereiten!«
    Salarkis grinste. »Ich möchte lieber den Geschmack von allem, das ich je gegessen habe, zu neuem Leben erwecken.« Mit den Zähnen zermahlte er das Blatt in winzige Teile und verteilte sie in allen Winkeln seines Mundes.
    Rostigan meinte, etwas gehört zu haben, und wandte sich wieder dem Städtchen zu. Auf der Straße kamen ihnen Gestalten entgegen, manche mit Laternen.
    »Rostigan, bist du das?«
    Es war Tarzi.
    »Beim Ende der

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