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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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der P o destà die Zahlen geändert. Nico öffnete den Safe.
    Sein Atem ging flach, als er mit der Lampe in die drei F ä cher des Stahlschranks leuchtete. Da lagen Akten, mehrere Bündel Banknoten und die Schatulle aus Ahorn. Vaters Uhr! Das Blut rauschte durch Nicos Ohren, so aufgeregt war er. Er hob am Bauch die Jacke an, um endlich den mi t gebrachten Sack hervorzuziehen, als plötzlich hinter ihm ein Licht anging.
    »Wer bist du?«, fragt aus Richtung des schwachen Schimmers eine tiefe Stimme, in der kleine Kieselsteine zu tanzen schienen. Nico fuhr herum.
    Massimiliano Manzini saß, nur von einer Leselampe e r hellt, in dem rotledernen Lehnstuhl, den Nico beim Eintr e ten nicht beachtet hatte. Oder war der »Gouverneur« erst eben …?
    »Rühr dich nicht von der Stelle«, befahl Manzini. In se i ner Hand funkelte eine silberne Pistole.
    Nicos Augen richteten sich auf die Waffe. Er bemühte sich, seiner Stimme einen kehligen Klang zu geben, als er antwortete: »Jemand, der am Inhalt Ihres Geldschrankes interessiert ist.«
    »Runter mit der Maske. Ich will dein Gesicht sehen.«
    Blitzschnell überdachte Nico seine Chancen. Konnte er es schaffen, wenigstens die Uhr mitzunehmen? Er musste Zeit gewinnen.
    »Wie kommt es, dass Sie hier in der Dunkelheit sitzen?«
    »Oh, bis eben habe ich mich noch mit Dantes Rime ve r gnügt, aber jetzt bist du ja da. Als ich das Geräusch auf dem Gang bemerkte, machte ich das Licht aus. Es sollte eine Überraschung sein.« Manzini grinste.
    Nico maß die Entfernung zum Ausgang. »Die ist Ihnen gelungen, Don Massimiliano. Schön, dass Sie in diesen unruhigen Zeiten die Muße finden, Dantes Gedichte zu l e sen.«
    Nun geschah etwas, das Nicos Pläne mit einem Schlag zunichte machte. Manzini erhob sich und kam langsam auf ihn zu. Äußerlich blieb der Hausherr die Ruhe in Person.
    »Mir hat gerade ein Vögelchen gezwitschert, dass ich für die nächsten vierzig Tage wohl auf meinen Schutzengel Guido verzichten muss, aber dafür heute Abend mögl i cherweise noch anderen Besuch bekommen werde.«
    Daher das verstopfte Schlüsselloch! Langsam wurde Nico alles klar.
    Manzinis säuselnde Freundlichkeit verwandelte sich u n versehens in einen kalten Befehlston. »Und jetzt wollen wir allmählich mit diesem Spielchen aufhören. Zieh endlich diese alberne Mütze vom Kopf und zeig mir dein Gesicht!«
    Manzini umrundete den Schreibtisch, langte mit der freien Hand für einen Augenblick unter die Tischplatte und b e wegte seinen massigen Leib dann bis auf anderthalb Schri t te an den schwarzen Besucher heran.
    Nico wusste nur einen Grund, warum sein Gegenspieler unter den Schreibtisch gegriffen hatte: Er musste einen A larm ausgelöst haben. Ohne den Blick von der Waffe zu nehmen, hob er die Rechte, krallte die Finger in den Stric k stoff und demaskierte sich mit einer trotzigen Bewegung.
    »Sieh an, der Sohn des Uhrmachers!«, sagte Manzini a müsiert und fügte scharf hinzu: »Bist du bewaffnet?«
    Nico stülpte demonstrativ seine Hosentaschen nach a u ßen. Alles, was dabei zutage trat, war ein Zettelchen, das unbeachtet zu Boden fiel. Ruhig erwiderte er: »Ich will keine Blutrache, falls Sie das fürchten. Aber Sie haben noch etwas, das mir gehört. Ich bin gekommen, es mir zu holen.«
    »Du sprichst doch nicht etwa von meiner Lebensuhr?«
    Laute Stimmen hallten durch den Lichthof des Palastes, als würde sich unten eine ganze Hundertschaft formieren. » Ich bin der rechtmäßige Erbe. Sie haben die Rechnung nie bezahlt.«
    »Das stimmt nicht ganz. Dein Vater hat eine stattliche Anzahlung erhalten. Den Rest kannst du auf der Stelle kri e gen.« Manzini hob die Hand, zielte auf Nicos Gesicht und drückte ab.
    Die Waffe schwieg.
    Klick, klick, klick!
    »Geht das schon wieder los!«, grunzte Manzini. Ehe er die Pistole richtig fallen gelassen hatte, lag schon ein Springmesser in seiner Linken.
    Nico stieß einen unwilligen Summlaut aus. Wie viel Zeit blieb ihm noch?
    Manzini drückte auf den Knopf der Waffe, aber die Kli n ge blieb im Griff. Dafür wurde das Summen seines Kontr a henten immer lauter.
    Und dann ging das Licht aus.
    Leise wie ein Schatten huschte Nico über den Teppich. Erst als er vor der Tür den blanken Boden betrat, bemerkte Manzini, wohin sein Gegenspieler entschwunden war.
    »Stehen bleiben! Du steckst in der Falle.«
    Nico riss die Tür auf und verschwand nach draußen.
    Vom Treppenaufgang hörte er Stiefelgetrappel. Er warf einen raschen Blick über die Brüstung in den

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