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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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die sonst niemanden mehr wahrzunehmen scheint.«
    »Dann ist ihr Zustand schlimmer geworden?«
    Uberto nickte. »Sie hätte im Sanatorium bleiben sollen.«
    »Und … was ist mit Laura?«
    »Du bist in sie verknallt, stimmt’s?«
    Nico senkte den Blick, nickte dann aber doch.
    »Ich habe sie schon seit Wochen nicht mehr lachen sehen. Sie 303
    nimmt neuerdings Fahrunterricht bei mir – ich vermute, um sich abzulenken.«
    »Sie will nicht mehr an mich denken, stimmt’s?«
    »Wohl eher nicht an die jungen Burschen, die Don Massimi-
    liano ständig anschleppt. Seitdem du verschwunden bist, versucht er seine Tochter mit aller Macht unter die Haube zu bringen – er hat sich den Gedanken, eine Dynastie zu gründen, immer noch nicht aus dem Kopf geschlagen. Na, ist auch egal. Laura hat bisher jedem Kerl einen Korb gegeben. Ich glaube, sie kann dich nicht vergessen.«
    Nico schob verlegen die Handflächen über die hölzerne Tischplatte. Sie hinterließen darauf feuchte Spuren. »Davon habe ich bei unserer letzten Begegnung nicht viel bemerkt.«
    »Hat sie klipp und klar gesagt, dass Sie dich nicht mehr
    liebt?«
    Du hast alles zerstört. Glaubst du, du wirst jetzt endlich Frieden finden? »Irgendwie schon.«
    »Irgendwie!«, grunzte Uberto und schüttelte den Kopf.
    Nico brütete eine Weile vor sich hin. Er war nicht in die Trattoria gekommen, um mit diesem Mann über seine verlorene Liebe zu reden. Fast unbeholfen brachte er das Gespräch auf das Thema, das ihn am meisten bewegte.
    »Uberto?«
    »Trink noch einen Schluck, Niklas.«
    Er gehorchte, und der Fahrer schenkte nach. Der kühle Weiß-
    wein schien seine Zunge zu lockern. »Wieso hat dich Don Massimiliano ausgerechnet als Chauffeur angestellt?«
    »Du meinst, wegen meiner zwei linken Hände?« Uberto lachte.
    »Ich habe schon davon geträumt, ein Automobil zu fahren, als ich noch ein Rotzbengel war.«
    »Bist du denn je erwachsen geworden?«
    »Ha! Du hast mich durchschaut, Niklas. Don Massimiliano
    hat dafür wesentlich länger gebraucht. Außerdem waren die Automobile Mitte der zwanziger sowieso noch unzuverlässiger als heute. Als ihm endlich aufging, dass ich und Maschinen ungefähr 304
    dasselbe sind wie Hund und Katze, hatte er sich schon an mich gewöhnt. Er ist sehr konservativ. Sieh dir nur seine Anzüge an, die bunten Westen und das Monokel. Woran er sich einmal ge-höhnt hat, das gibt er so schnell nicht wieder auf.«
    Nico nickte verstehend. »In jener Nacht … als Emanuele dei Rossi ermordet wurde … hast du ihn da auch gefahren?«
    Auf dem Gesicht des Chauffeurs erschien Betroffenheit, so schnell, als hätte sie ihn angesprungen. Er nahm hastig einen tiefen Schluck aus dem Glas. »Wieso willst du das wissen?«
    »Uberto! Ich hab’s dir doch gerade erklärt: Ich bin der Sohn des Ermordeten.«
    »Die Hand, die einen füttert, soll man nicht beißen.«
    »Warum vergleichst du dich eigentlich pausenlos mit einem Hund? Ich habe fast den Eindruck, du fühlst dich tatsächlich so, weil deine Herrschaft dich ständig so behandelt. Ich weiß, dass du nicht im Haus warst, als mein Vater ermordet wurde. Dich trifft an seinem Tod also keine Schuld. Ich möchte lediglich von dir wissen, ob du Don Massimiliano am 2. April 1932 gegen zwanzig Uhr zum Haus des Uhrmachers gefahren hast.«
    Uberto wirkte wie versteinert. Doch in seinen Augen flackerte Panik.
    Weil sich eine Änderung dieses Zustandes auch nach einer
    Minute noch nicht abzeichnete, fügte Nico hinzu: »Also gut.
    Ich sehe ein, dass du nicht gegen deinen Ehrenkodex verstoßen kannst. Aber vielleicht ist es dir möglich, mir anders zu helfen.
    Du brauchst nichts zu sagen. Aber wenn ich mit meiner Vermutung Recht habe, wenn du wirklich in jener bewussten Nacht deinen Herrn zum Haus meines Vaters gefahren hast, dann könntest du vielleicht vor mir den nächsten Schluck aus deinem Weinglas nehmen.«
    Wieder zeigte der Chauffeur keine Reaktion.
    Nach einem langen Moment des gegenseitigen Belauerns
    streckte Nico langsam die Hand zum Glas aus.
    Endlich erwachte Uberto. Rasch nahm er sein Trinkgefäß und kippte den Inhalt mit einer trotzigen Bewegung hinunter.
    305

    Pontinische Sümpfe und Rom, 1943

    r musste noch einmal an den Tresor heran. Aber wie? Nico
    Esorgte sich nicht um die Schlösser im Palazzo Manzini, die waren seine Verbündeten. Aber von Guido Valletta, dem neuen Leibwächter des Stadtvorstehers, konnte man selbiges wohl nicht annehmen.
    Wenigstens hatte Uberto Dell’Uomo einige viel

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