Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
Vom Netzwerk:
etwas Konkretes präsentieren. Ich überlegte, welche Machenschaften erforderlich sein würden, um in Beaconfields Haus einzudringen.
    Zeisig kam aus dem Hinterzimmer gerannt. Offenbar hatte er gespürt, dass ich wieder da war. Was gut war, weil ich mit jemandem Kontakt aufnehmen musste und mir nicht der Sinn danach stand, das selbst zu erledigen. »Du musst eine Nachricht für mich überbringen.«
    Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert, doch da er oft genug unter Beweis gestellt hatte, wie gut sein Gedächtnis war, konnte ich auf äußere Anzeichen von Aufmerksamkeit verzichten.
    »Geh die Pritt Street in östlicher Richtung entlang, an den Docks vorbei, bis du nach Alledtown kommst.« Ich nannte ihm einen Straßennamen und eine Hausnummer. »Sag der Frau am Eingang, dass du zu Mort dem Fisch möchtest, dann wird sie dich einlassen. Sag Mort, dass ich mit dem Doktor reden muss. Sag ihm, es sei dringend, und sag ihm auch, der Doktor werde es nicht bereuen.«
    »Und vergiss deine Jacke nicht!«, fügte Adolphus hinzu, obwohl der Junge bereits danach griff. Zeisig zog sie sich über die Schultern und brach auf.
    »Er weiß selbst, was für Wetter ist«, sagte ich, nachdem der Junge verschwunden war.
    »Ich wollte nicht, dass er friert.«
    »Dass du dich seit drei Monaten um ihn kümmerst, heißt noch lange nicht, dass er drei Monate alt ist.«
    Adolphus zuckte die Achseln und tippte mit dem Finger auf den zweiten Brief. »Der Aristokrat ist heute früh vorbeigekommen. Das soll ich dir von ihm geben. Wenn du noch mehr mit dem zu schaffen hast, dann bitte außerhalb meiner Kneipe.«
    »Guiscard ist gar nicht so übel.«
    »Ich würde ihm nicht trauen.«
    »Tu ich auch nicht. Ich benutze ihn.« Ich las den Brief. »Und offenbar ist er von Nutzen gewesen.«
     
    Afonso Cadamost verbringt den größten Teil seiner Zeit in einer Drachenkrauthöhle in der Tolk Street, die durch eine graue Laterne gekennzeichnet ist. Sie hatten recht – wir haben immer noch ein wachsames Auge auf ihn.
     
    Guiscard war äußerst naiv, wenn er nicht wusste, dass das Schwarze Haus auf so gut wie jeden ein wachsames Auge hatte. Ich sah Adolphus an. »Besorgst du mir nun Frühstück oder nicht?«
    Er verdrehte die Augen, ging aber ins Hinterzimmer und rief nach Adeline.
    Ich vernichtete gerade meine Rühreier, als Zeisig zurückkam. Sein Haar war feucht vom Schnee, sein Gesicht vor Eifer gerötet. Vielleicht kam das aber auch von der Kälte.
    »Er hat gesagt, geht in Ordnung. In zwei Stunden erwartet dich der Doktor in der Kneipe Daevas gute Werke in der Nähe der Beston Street.«
    Ich nickte und wandte mich wieder meinem Frühstück zu.
    »Wer ist der Doktor?«, fragte Zeisig.
    »Das wirst du in zwei Stunden erfahren«, erwiderte ich. »Zieh deine Jacke aus. Hier drin ist es warm.«
    Er sah mich an. Dann zuckte er die Achseln und ging zum Kleiderständer.

37
    Es gibt zwei Wege, den besten Fassadenkletterer von Rigus kennenzulernen. Der erste ist der schnellste und einfachste. Man braucht bloß dafür zu sorgen, dass man irgendwo zwischen Kirenerviertel und Offbend ein Messer zwischen die Rippen bekommt. Wenn man dann das Glück hat, nicht auf der Straße zu verbluten, wird man ins Prachetas’ Gnaden-Hospital eingeliefert. In diesem düsteren Gebäude wird man – vorausgesetzt, man gerät nicht in das Räderwerk der dort herrschenden bürokratischen Inkompetenz und wird irgendwo vergessen – zu einem überarbeiteten Mediziner gebracht, der dir erklärt, dass deine Wunde unheilbar ist, und dir ein paar Tropfen Attaraxium verabreicht, um deinen Übertritt ins Jenseits zu beschleunigen. Noch in deinen letzten Momenten würdest du wahrscheinlich schockiert sein, wenn du wüsstest, dass der kleine, leutselig aussehende Herr, der sich gerade über dich beugt und dir dein Treffen mit Ihr-die-am-Ende-aller-Dinge-steht erleichtert, für drei der fünf lukrativsten Raubzüge in der Geschichte von Rigus verantwortlich ist, darunter der legendäre Diebstahl der Bernsteinpagode, der nie vollständig aufgeklärt wurde.
    Wenn einem der erste Weg nicht behagt, muss man den zweiten wählen und sich mit seinem Agenten in Verbindung setzen, einem feisten, unangenehmen Rouender, und hoffen, dass sein Klient den ihm angebotenen Job interessant genug findet, um darauf einzugehen.
    Zu diesem Zweck saß ich jetzt in einer kleinen Kneipe am Rande der Altstadt. Um den Doktor nicht zu beunruhigen, hatte ich Zeisig an einem Ecktisch im vorderen Teil des Raums

Weitere Kostenlose Bücher