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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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zurück und goss den kochenden Inhalt des Kessels in eine kleine Tasse aus Ton.
    Dann trat sie mit einem Gesichtsausdruck auf mich zu, der mir verriet, dass das, was mir bevorstand, kein Zuckerschlecken werden würde. Ich packte den Sitz meines Stuhls so fest, wie mein geschwächter Körper es erlaubte, und nickte rasch. Sie hob die Tasse, um mir das kochende Öl in die Wunde zu träufeln. Vor Schmerz schrie ich gellend auf und atmete mehrmals tief durch, während mir das Wasser aus den Augen schoss.
    »Sie sind ein Scheißweib«, stieß ich hervor. »Bei Sakras baumelndem Schwanz, ich hasse Sie.«
    Es war kaum vorstellbar, dass sie in all den Jahren, in denen sie Kriminelle medizinisch versorgt hatte, nicht ein paar Obszönitäten gelernt hatte, doch falls sie mich verstand, ließ sie sich jedenfalls nichts anmerken. Der Schmerz ging zurück und wurde zu einem dumpfen Brennen. Sie holte eine Nadel hervor und machte sich daran, die Wunde in meinem Arm zu vernähen. Die Wirkung des Kügelchens war absolut erstaunlich – ich spürte inzwischen kaum noch, was sie tat. Nach ein paar Minuten legte sie den Kopf schief und schnatterte etwas, das sich wie eine Frage anhörte.
    »Ich hab Ihnen doch erzählt, dass die Lächelnde Klinge dahintersteckt – Sie sollten stolz sein. Ich bin nicht irgendein Rüpel, der hier reingewankt kommt, weil er einen Messerkampf verloren hat. Wichtige Leute versuchen, mich umzubringen.«
    Sie grinste und fuhr sich mit dem Daumen über die Kehle, das universelle Symbol für Mord. Das Böse ist nun mal die Ursprache des Menschen.
    »Würde ich gern tun, das können Sie mir glauben, aber leider kann man sich nicht einfach in das Schlafzimmer eines Adligen schleichen und ihm mit einem Rasiermesser die Kehle durchschneiden.«
    Mittlerweile hatte ihr Interesse nachgelassen, und sie machte sich wieder ans Vernähen meiner Wunde. Ich genoss meinen narkotisierten Zustand und war bald so weggetreten, dass ich erst, als sie mich an der Schulter rüttelte, bemerkte, dass sie fertig war.
    Ich schob ihre Hand weg und betrachtete ihr Werk, das wie immer erstklassig war. »Danke«, sagte ich. »Ich hoffe, dass ich Sie nicht allzu bald wieder aufsuchen muss.«
    Sie murmelte etwas, das wahrscheinlich bedeutete, dass sie wenig Vertrauen zu meinen prophetischen Fähigkeiten habe, und hielt fünf Finger in die Höhe.
    »Sind Sie verrückt? Dafür könnte ich mir ja einen ganzen Arm wieder annähen lassen!«
    Sie kniff die Augen zusammen und knickte zwei ihrer Finger ab.
    »Schon besser.« Ich legte drei Ockerlinge auf den Tisch, die sie blitzschnell in ihrem Gewand verschwinden ließ. Ich schnappte mir Hemd und Mantel, die ich auf dem Weg nach draußen anzog. »Denken Sie wie immer daran: Falls jemand was von meinem Besuch erfährt, müssen Sie sich jemanden suchen, der Wunden noch besser vernähen kann als Sie.«
    Sie gab keine Antwort, aber das war auch nicht zu erwarten. Als die Wirkung des Schmerzmittels, das sie mir gegeben hatte, nachließ, war ich fast schon wieder in der Unterstadt. Außerdem hatte es erneut angefangen zu schneien.

36
    Als ich in den Torkelnden Grafen zurückkehrte, durfte ich erleben, wie Adolphus versuchte, so zu tun, als hätte er sich keine Sorgen um mich gemacht. Seine Schultern strafften sich, als ich eintrat, doch dann gab er lediglich ein Grunzen von sich und machte sich wieder ans Abwischen des Tresens. Ich nahm an der Theke Platz.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er betont desinteressiert.
    »Bestens«, erwiderte ich. »Ist gestern Nacht spät geworden, und bei dem Wetter hatte ich keine Lust, nach Hause zu gehen.«
    Es war deutlich zu merken, dass er mir nicht glaubte. »Das da ist für dich gekommen, während du weg warst.« Er reichte mir zwei Umschläge und sah zu, wie ich das Siegel des ersten aufriss.
    Der Brief – enge Schrift auf cremefarbenem Papier – kam von Celia.
     
    Meine Bemühungen haben Früchte getragen. In einem Geheimfach seines Schreibtischs, das in den Boden eingelassen ist, wirst du Beweise für die Verbrechen des Herzogs finden.
    Viel Glück
    C.
     
    So kurz der Brief auch war, ich musste ihn zweimal lesen, um mich zu vergewissern, dass ich ihn richtig verstanden hatte. Dann legte ich ihn innerlich grinsend beiseite. Ich hatte fast vergessen, dass Celia mir magische Hilfe versprochen hatte – solche Dinge verlaufen selten so wie geplant und nie schnell genug, um von Nutzen zu sein. Aber falls sie recht hatte, dann konnte ich dem Schwarzen Haus endlich

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