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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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dir lassen«, sagte er, sich die Knöchel reibend. »Du bist der Schwergewichtschampion im Beziehen von Arschtritten. Aber ich bin nicht so blöd, mir an deinem harten Kinn noch mehr Haut abzuschürfen. Dafür haben wir unsre Spezialisten.«
    Ich spuckte einen Mundvoll Blut auf den schmutzigen Fußboden und versuchte, einen tapferen Eindruck zu machen.
    Crowley zerrte mich hoch. »Cochrane, Sie und Talloway kommen mit mir mit. Ihr andern geht zum Tatort, damit dort genug Männer sind.« Er drehte sich zu mir zurück. »Ich gebe zu, dass es mich gewaltig gefuchst hat, als sie dich haben laufen lassen. Aber jetzt hab ich endlich die Gelegenheit, dich fertigzumachen.«
    Diesmal war ich so klug, den Mund zu halten.
    Adeline stand unten am Kamin, mit der finsteren Miene einer gekränkten Matriarchin. In dieser Krisensituation zeigte sich, was für einen harten Kern sie hatte. Adolphus saß an einem Tisch, von einem Ermittlungsbeamten mit Armbrust in Schach gehalten. Beide rissen sich um meinetwillen zusammen. Dafür war ich ihnen dankbar.
    Der Weg kam mir sehr lang vor. Sie hatten mir keine Zeit gelassen, meinen Mantel anzuziehen, sodass ich vor Kälte zitterte. Ab und zu sagte Crowley etwas Gemeines und Abgeschmacktes, das aber größtenteils vom Wind davongetragen wurde. Die Menge um uns herum zerstreute sich rasch – die Einwohner der Unterstadt waren in keiner Weise erpicht darauf, das Schicksal zu teilen, das mir offenkundig bevorstand.
    Kurz bevor wir das Schwarze Haus erreichten, fing es an zu nieseln. Um mich zu schikanieren, blieb Crowley kurz stehen. Ich blickte zum grauen Himmel hoch und beobachtete, wie Tropfen eisigen Wassers aus den Wolken fielen. Einer davon klatschte mir direkt auf die Stirn. Dann zerrten sie mich ins Gebäude, und ich bemühte mich, gelassen zu bleiben, selbst als sie mich durch die Tür brachten, die nicht gekennzeichnet war und zu den Katakomben des Schwarzen Hauses führte, selbst als sie mich in die Zelle schoben.
    Der Raum war bewusst nüchtern gestaltet und enthielt lediglich einen Stahlrohrstuhl sowie einen Tisch. In der Mitte befand sich eine kleine, aber unübersehbare Abflussrinne aus Gusseisen, die mit der Kanalisation verbunden war. In meiner Zeit als Ermittlungsbeamter hatte ich diesen Ort immer gehasst, und jetzt, da ich Gefangener war, gefiel er mir keinen Deut besser.
    In der Ecke stand ein Verhörspezialist, in das traditionelle burgunderrote Gewand mit spitzer Kapuze gekleidet. An seiner Hand baumelte ein schwarzer Beutel, der die Utensilien seines Gewerbes enthielt. Der Mann war massig gebaut, genau genommen so fett, dass sich seine rote Uniform über unzähligen Speckwülsten spannte. Aber Folter ist körperlich ja auch nicht sonderlich anstrengend, zumindest nicht für den, der sie ausübt. Und seine Gilde stellte hohe Anforderungen an ihre Mitglieder – zweifellos würde er seiner Aufgabe vollauf gewachsen sein.
    »Genießt du die Umgebung?«, fragte Crowley und versetzte mir einen Tritt in den Hintern, der mich zu Boden schickte. Bevor ich mich hochrappeln konnte, wurde ich von Crowleys Männern gepackt und auf den Stuhl gedrückt. Nachdem sie meine Handfesseln gelöst hatten, schnallten sie mich mit den Lederriemen fest, die sich an den Armlehnen des Stuhls befanden.
    »Ich wusste, dass wir dich eines Tages wieder hier haben würden. Der Alte dachte, du könntest uns durch die Lappen gehen, dich eines Nachts aus der Unterstadt verdrücken. Aber ich hab immer gesagt: Um so was zu machen, liebt uns der Junge zu sehr. Wir werden ihn schon in die Finger bekommen. Allerdings hätte selbst ich nicht gedacht, dass du so weit gehen würdest, dich auf Schwarze Magie einzulassen.« Er fuchtelte mir mit einem seiner Wurstfinger vor dem Gesicht herum. »Du sitzt ganz schön tief in der Scheiße.«
    Crowley zog eine Zigarre aus der Tasche. Nachdem er die Spitze mit seinen quadratischen grauen Zähnen abgebissen hatte, zündete er die Zigarre an und sog mit seinen wulstigen Lippen daran, bis sie richtig Zug hatte und Rauchschwaden aus seinem höhnisch verzogenen Mund aufstiegen. »Was meinst du, auf wen wir jetzt wohl warten?«
    Wie aufs Stichwort ging die Tür auf, und ein großväterlich wirkender Mann in geschniegelter Uniform kam herein. Da wusste ich, dass ich wahrlich in der Tinte saß.
    Wer ist die mächtigste Person in Rigus? Vielleicht die Königin, vielleicht der Kanzler. Möglicherweise aber auch ein kleiner Mann mit offenem Gesichtsausdruck, der von einem

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