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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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fensterlosen Büro im Schwarzen Haus aus operiert und statt einer Seele ein schwarzes Loch hat. Der Alte, Vorsteher der Spezialabteilung – ein harmloser Titel für den obersten Spion des Reiches. Wo immer Augen spähen oder Ohren an Türen lauschen, da steckt er dahinter. Falls du Dreck am Stecken hast, dann weiß er davon, und falls nicht und falls seine Zwecke es erfordern, dann hängt er dir welchen an. Auf seinen Befehl hin sind mehr Menschen gestorben als an der Seuche. Seit einem Vierteljahrhundert steht er am Ruder der größten Organisation, die der Mensch je geschaffen hat, um seine Mitmenschen zu unterdrücken und unter Kontrolle zu halten.
    Und wenn man ihm auf der Straße begegnen sollte, würde er sich an den Hut tippen, und man würde den Gruß auf gleiche Weise erwidern. Das Böse ist manchmal so.
    Der Alte grinste übers ganze Gesicht und sah mich mit vergnügt funkelnden Augen an. »Was für ein Triumph, wenn eines meiner Kinder nach langer Abwesenheit zu mir zurückkehrt. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr wir Sie hier vermisst haben.«
    Sein Anblick reichte aus, um mir ein äußerst flaues Gefühl im Magen zu bescheren. »Ich dachte, ich komm mal vorbei, um zu sehen, wie hier alles läuft. Aber Sie scheinen so viel zu tun zu haben, dass ich vielleicht lieber ein andermal wiederkommen sollte.«
    Nach wie vor lächelnd, nickte der Alte dem Verhörspezialisten zu, der sich unverzüglich daranmachte, seinen Beutel auszupacken und den Inhalt auf den Tisch zu legen.
    »Wir werden dich in die Mangel nehmen«, sagte Crowley. »Hart in die Mangel nehmen. Und wenn wir mit dir fertig sind, wirst du uns alle Sünden gestanden haben, mit denen du dich befleckt hast.«
    Ich zwang mich zu einem Lachen, was nicht leicht ist, wenn einem Riemen in die Handgelenke schneiden. »Hoffentlich hast du genug Zeit mitgebracht.« Wenn es sich nur um Crowley gehandelt hätte, hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, etwas zu sagen – der ist ein Affe, den lediglich seine Brutalität nützlich macht. Doch der Alte war scharf wie ein Dolch und doppelt so kalt. Hinter der großväterlichen Visage verbarg sich der Geist eines Meisterstrategen und obendrein ein absolut Irrer. Er würde mich gern unter die Erde bringen, ohne Frage, aber das würde ihn nicht beeinflussen – nur Menschen treffen ihre Entscheidungen auf der Basis von Gefühlen. »Abgesehen davon, dass euer Verhörspezialist in Übung bleibt, was er nicht nötig hat – was genau gedenkt ihr eigentlich mit all diesem Aufwand zu erreichen?«
    Crowley kaute auf seiner Zigarre herum. »Du weißt etwas über das Kind und den Dämon, etwas, das uns weiterhelfen könnte. Und falls du nichts weißt …«, er grinste fies, »… werde ich trotzdem das Vergnügen haben zu sehen, wie dein Blut die Wände bespritzt.«
    »Weißt du, Crowley, genau das ist der Grund, warum du mir unterstellt warst. Warum du nie die Position des Alten übernehmen wirst. Du siehst nur dein gegenwärtiges Opfer und hast keinen Weitblick. Du bist so beschränkt, dass du immer jemanden brauchst, der dir sagt, wo’s langgeht.«
    Der Verhörspezialist fuhr fort, seine Utensilien auszupacken, scharfe, blitzende Instrumente, die er auf ein Tuch aus schwarzem Samt legte.
    »Wenn du mich heute fertigmachst und morgen wieder ein Kind verschwindet, was dann? Hier geht es um Wichtigeres als bloß darum, dass du deinem Sadismus frönen kannst.«
    Crowley hatte es geschafft, sich zu beherrschen, obwohl ihm die Augen fast aus den Höhlen getreten waren. »Wir werden den, der die Mädchen umgebracht hat, schon erwischen – da kannst du Gift drauf nehmen.«
    »Quatsch.« Ich richtete den Blick auf den Alten. »Ihr wisst ganz genau, dass ihr hier niemanden habt, der so gut ist wie ich. Wer immer das getan hat, hat es von einem Vertreter der Krone gelernt – auf eure eigenen Leute ist also kein Verlass. Ich hingegen kann mich in Bereichen, die nichts mit dem Thron zu tun haben, nach Hilfe umsehen. Ich habe überall in der Unterstadt Kontaktleute und weiß, wonach ich suchen muss.« Ich schluckte schwer, bevor ich meinen Trumpf ausspielte. »Außerdem habe ich einen Anhaltspunkt.«
    »Dann werden wir ihn mit dem Messer aus dir herauskitzeln und ihn anschließend weiterverfolgen«, sagte Crowley.
    »Irrtum. Euch wird niemand was verraten, und selbst wenn, wärt ihr nicht in der Lage, die einzelnen Teile zusammenzufügen.«
    »Sind Sie so erpicht darauf, wieder in meine Dienste zu treten?«, mischte sich der Alte

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