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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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kann sehen.«
    »Das kann er, Ravenna. Wie findest du das?«
    »Sehr ungewöhnlich.« Ravenna trat zu Garth und streckte ihm lächelnd die Hand entgegen. »Wie geht es dir, Garth Baxtor?«
    Garth nahm die Hand und schüttelte sie. Ihr Griff war kühl und fest. »Es geht mir gut, Ravenna.« Er fand es ziemlich töricht, unter so seltsamen Umständen Höflichkeitsfloskeln auszutauschen. »Aber… aber ich verstehe nicht, was in dieser Hütte vorgeht.«
    Sie umfaßte seine Hand mit ihren beiden Händen und sah ihn aus großen Augen neugierig an. »Du hast ›heilende Hände‹, Garth Baxtor, und du hast ein warmes und tapferes Herz. Du gefällst mir.«
    Garth grinste verlegen. »Du gefällst mir auch, Ravenna. Aber bitte« – er zog seine Hand zurück und deutete um sich –,
    »könntest du mir nicht erst erklären, was das ist?«
    Ravenna sah ihre Mutter an, und beide lachten.
    »Was du hier siehst, ist nichts anderes als der Sumpf, Garth Baxtor«, erklärte Venetia. »Der Sumpf besteht nämlich nicht nur aus niedrigen Bäumen, Wasser und Schlamm, wie du sie draußen gesehen hast. Das ist nur die äußere Schicht, die Maske, die er anlegt, wenn Besucher kommen, bei denen er noch nicht weiß, ob sie ihm willkommen sind.«
    Garth runzelte die Stirn. Die Unsicherheit kehrte zurück.
    »Dann ist der Sumpf nicht das, was er zu sein scheint?«
    »Nein, mein Junge.« Venetias Stimme war hart geworden.
    Plötzlich trat sie dicht vor ihn hin und riß ihm das Hemd auf.
    »So wenig wie du.«
    Garth fuhr zurück, aber es war zu spät; sie hatte bereits mit kräftigen Fingern nach dem Manteceros-Medaillon gegriffen.
    »Was hat das zu bedeuten?« zischte sie. Die Augen von Mutter und Tochter wurden fast weiß.
    Eine starke Kraft fegte durch die Hütte, und Garth spürte, wie sie in seinen Geist einzudringen suchte. Seltsamerweise fürchtete er sie nicht, obwohl er die Anspannung der beiden Frauen deutlich spürte; die Kraft war behutsam und unaufdringlich, hartnäckig neugierig, aber nicht gewalttätig.
    Ruhig erwiderte er Venetias Blick. »Ein Straßenhändler hat es mir gegeben«, sagte er. »Es ist der Manteceros.«
    Venetia öffnete den Mund, ihre Augen glitzerten vor Erregung. Garth sprach hastig weiter, bevor sie ihn unterbrechen konnte.
    »Ich bin auf der Suche nach dem Manteceros, aber er ist nur ein Mythos… ein Traum.« Er hielt inne. Mutter und Tochter starrten ihn immer noch an, aber allmählich wich die Feindseligkeit aus ihren Gesichtern und machte ratlosem Staunen Platz. Ihre Augen wurden wieder dunkler, und die Kraft ließ nach. ›Rufet den Traum‹, hatte Maximilian verlangt, und die Erinnerung an ihn verlieh Garth den Mut, die richtige Frage zu stellen.
    »Doch Ihr sagt, Ihr lebt in den Träumen, Venetia, und mir ist auch so, als stünde ich mitten in einem Traum«, schloß er leise.
    »Wißt Ihr, wo ich den Manteceros finden kann?«

    Er spürte, wie Venetias Finger an seiner Kehle zitterten. Sie ließ das Medaillon los. Es fiel, noch warm von ihrer Hand, auf seine Brust zurück.
    Venetia sah ihre Tochter an, dann starrte sie lange zu Boden.
    Endlich hob sie den Kopf. »Warum suchst du nach dem Manteceros, Garth Baxtor? Was willst du mit seinen Rätseln?«
    Garth verlagerte sein Gewicht und spürte überrascht, wie er mit der Hüfte gegen den Tisch stieß. Allmählich lichteten sich die Nebel, die Umrisse des Raumes traten wieder hervor.
    Venetia und Ravenna schienen es nicht zu bemerken.
    Garth senkte den Blick. Was sollte er tun? Durfte er diesen Frauen mitteilen, was er seinem Vater nicht zu sagen wagte?
    Warum dieser Drang, gerade ihnen anzuvertrauen, was er bisher so eisern für sich behalten hatte?
    Warum? Weil er zum ersten Mal seit Monden wieder Hoffnung schöpfte. Diese Frauen verstanden sich auf Träume
    – und nur ein Traum konnte Maximilian helfen. Garth zögerte nicht lange, er wagte den Sprung und gab sich und Maximilians Leben in Venetias und Ravennas Hände.
    »Vor sechs Monden begleitete ich meinen Vater zum ersten Mal in die Glomm-Minen. Dort behandelte ich einen Mann.
    Am rechten Oberarm« – Garth deutete mit dem Finger auf den eigenen Arm – »trug er eine alte Brandnarbe. Darunter…«
    Venetia riß erschrocken die Augen auf und faßte nach Ravennas Hand.
    »… darunter spürte ich das Zeichen des Manteceros. Es fühlte sich fremdartig an.«
    »Maximilian!« hauchte Ravenna. Garth wandte sich dem Mädchen zu, und die letzte Unsicherheit verflog. Er hatte gut daran getan, sich ihnen

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