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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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– von Kopf bis Fuß und verlangte, daß sie sich vor dem Betreten des großen Lesesaals die Füße abträten und ihre Mäntel ausschüttelten. Dann ging er mit ihnen in den Lesesaal.
    »Ist Harrald nicht da?« fragte Garth und spähte suchend in die Gänge zwischen den Regalen. »Harrald ist krank, ein Winterfieber«, sagte der Mönch, führte sie an einen freien Tisch und bedeutete ihnen, sich zu setzen.
    »Oh! Vielleicht kann ich behilflich sein.«
    Der Mönch lächelte herablassend. »Harrald erhält die beste ärztliche Hilfe, die mit Geld zu kaufen ist, junger Freund. Ich glaube nicht, daß Ihr mehr ausrichten könntet.«
    Ravenna drehte den Kopf zur Seite, um ihr Lächeln zu verbergen.

    »Nun…« Der Mönch faltete die Hände über dem üppigen Bauch. »Was kann ich für Euch tun?«
    Garth setzte zum Sprechen an, doch dann überlegte er. Dieser Mönch würde für seine Suche nach der Legende des Manteceros wohl kaum so viel Verständnis aufbringen wie Harrald – und er spürte plötzlich eine unerklärliche Scheu, das Fabelwesen in seiner Gegenwart überhaupt zu erwähnen.
    »Könnte ich die Handschrift ›Ein Verzeichnis von Proben und Prüfungen‹ bekommen?« fragte er schließlich. Darin mußte das Rätsel des Manteceros doch enthalten sein!
    »Was wollt Ihr denn mit dem alten Ding?« fragte der Mönch mißtrauisch. »Kann ich es Euch überhaupt in die Hand geben?
    Es ist uralt und…«
    »Ich werde behutsam damit umgehen«, versprach Garth und bemühte sich, einen vertrauenerweckenden Eindruck zu machen. Nun war er froh, daß er sein lockiges braunes Haar auch weiterhin kurz geschnitten trug.
    »Ich weiß, wie wertvoll die Schrift ist, und werde sie hüten wie meinen Augapfel.«
    »Ich weiß nicht so recht…« Der Mönch zögerte.
    »Wir werden alle Sorgfalt walten lassen«, erklärte Ravenna mit Nachdruck, und Garth glaubte zu sehen, wie ihre Augen kurz aufleuchteten.
    »Schon gut«, brummte der Mönch unwirsch. »Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt? Ich hole sie Euch sofort.«
    Damit entfernte er sich, aber Garth sah ihm nicht nach, sondern starrte Ravenna mit offenem Mund an. Sie hatte mit einem Mal dunkle Schatten unter den Augen, und ihre Lippen zitterten. »Was hast du? Was… was war das eben?«
    »Nichts, Garth«, sagte sie leise und strich ihm über den Arm.
    »Nichts. Nur ein kleiner Trick.«
    »Aber du siehst elend aus!«

    »In ein paar Minuten ist alles wieder gut, Garth. Bestimmt.
    Schau, der Mönch kommt zurück.«
    Der Mönch legte die Schriftrolle behutsam vor Garth auf den Tisch. »Ihr werdet doch vorsichtig sein?« fragte er noch einmal. Seine Zweifel waren zurückgekehrt.
    »Ihr könnt uns vertrauen«, sagte Ravenna.
    »Natürlich!« rief der Mönch, nahm die Schultern zurück und stolzierte gekränkt davon.
    Garth spürte, wie das Mädchen am ganzen Körper zitterte. Er ergriff ihre Hände und sah sie besorgt an.
    »Ravenna!«
    »Es geht mir gut«, flüsterte sie heiser. »Sieh du dir die Handschrift an!«
    Garth hielt ihre Hände noch einen Herzschlag länger in den seinen. Schon kehrte etwas vom alten Feuer in ihre Augen zurück, und sie blitzten drohend auf.
    Hastig ließ er sie los. Am Ende verhexte sie auch ihn noch.
    »Du glaubst wahrscheinlich, du könntest jeden Wärter vom Eingang zu den Adern bis zu Maximilian mit deinen kleinen Tricks außer Gefecht setzen«, murmelte er. »Oder soll dein Herr des Traumreichs sie alle so tief in seine Welt führen, daß sie nie wieder erwachen?«
    Sie nahm die Stichelei mit Humor, ihre Züge wurden weicher. »Derart banale Aufträge führt Drava nicht aus«, lächelte sie. Dann deutete sie auf die Rolle. »Nun mach schon.
    Können wir der Schrift irgend etwas entnehmen?«
    Vorsichtig öffnete Garth das Pergament. Beim letzten Mal hatte Harrald ihm daraus vorgelesen, nun mußte er sich selbst mit der ungewohnten Handschrift abmühen. Sie war Hunderte von Jahren alt, und der Schreiber hatte die Buchstaben mit eigenartigen Schleifen und Häkchen versehen, die das Lesen erschwerten.

    »Hm«, brummte er und beugte sich tiefer über die Zeilen.
    Leider gab es am Anfang weder Register noch Inhaltsverzeichnis. Langsam arbeitete er sich durch den Text.
    Ravenna wartete geduldig.
    »Hier!« rief Garth eine halbe Stunde später und deutete mit dem Finger auf das Pergament. »Hier ist von zwei gegnerischen Anwärtern und von einer Prüfung die Rede, die der Manteceros durchführen muß.«
    Ravenna beugte sich vor. »Steht da noch mehr?

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