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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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Gestalt und wandte ihnen den Rücken zu.
    »Ja«, sagte Vorstus leise, »es geht ihm gut – den Umständen entsprechend. Er weiß inzwischen wieder, wer er ist, aber das ist auch schon alles.«
    Dann lächelte er. »Und er hat nach Euch gefragt, Garth.«
    »Nach mir?« Garth war überrascht. Maximilian hatte doch sicher an wichtigere Dinge zu denken.
    »Er erinnert sich nur an kleine Bruchstücke seiner Vergangenheit, mein Junge. Mehr läßt er nicht zu, es brächte ihn um den Verstand. Aber Euch hat er nicht vergessen. Und er will mit Euch sprechen.«
    Garth war schon auf dem Weg zu Maximilians Bett, doch dann hielt er inne. »Vorstus, Ihr habt doch den alten König und seine Königin gekannt.«
    Der Mönch nickte.
    »Und… sieht Maximilian ihnen ähnlich? Ist er…?«
    »Ihr meint, ob er ein echter Persimius oder, wie er selbst behauptet hat, ein Wechselbalg ist, Garth? Nun…«, Vorstus zögerte. Sein Gesichtsausdruck gefiel weder Garth noch seinem Vater. »Um ehrlich zu sein, ich kann es nicht sagen.
    Der alte König war hager und von hohem Wuchs und hatte schwarzes Haar. Die Königin hatte dunkelblaue Augen. All das findet sich bei Maximilian wieder… aber weiter geht die Ähnlichkeit nicht. Wenn er ein Wechselbalg ist – wartet, mein Junge! Ich sagte, wenn! – dann hätte die Königin sicher ein Kind von hochgewachsenen, schwarzhaarigen und blauäugigen Eltern gewählt.« Er hielt inne und sah auf seine Hände nieder.
    »Garth, Maximilian machte unten in den Adern eine Bemerkung, die mir verrät, daß er die Bedeutung der Verse des Manteceros kennt. Das ist ein gutes Zeichen. Wenn er diese Prüfung besteht, wenn er Anspruch auf den Thron anmelden kann, dann verspreche ich im Namen meines Ordens, ihn zu unterstützen. Aber«, mahnte er, »das letzte Wort hat der Manteceros.«
    Damit war Garth zufrieden. Im Innersten wußte er, daß Maximilian der wahre König war. »Kann ich…«
    »Ja, mein Junge. Geht und sprecht mit ihm. Euer Vater kann sich inzwischen mit mir und Ravenna an den Tisch setzen und Brot und Käse mit uns teilen.«

    Garth ging langsam auf Maximilian zu. Er wußte nicht, was ihn erwartete. Bisher hatte er den Prinzen nur mit Schmutz bedeckt im Dunkeln kauern sehen, und selbst in seinen Träumen war er ihm immer eigenartig gesichtslos erschienen.
    Als Maximilian sich nun beim Klang seiner Schritte umdrehte, war Garth erstaunt über dieses harmlos gutmütige Antlitz; er hatte strenge, heroische Züge erwartet, geprägt von den Härten und Entbehrungen seines Lebens. Doch als Maximilian lächelte, erging es Garth nicht anders als zuvor schon Ravenna und Vorstus. Ihm stockte der Atem.
    »Ihr seid Garth Baxtor?« fragte der Prinz.
    »Ja, ich bin Garth.« Er zögerte, dann setzte er sich auf die Bettkante. Maximilians Aussehen beunruhigte ihn. Sein Gesicht war fiebrig gerötet, und die Augen glänzten verdächtig.
    Maximilian hob die Hand, und Garth ergriff sie. »Ihr seid der junge Mann, der mich gefunden hat, nicht wahr?«
    »Ja.« Garth ließ sich nichts anmerken, doch was er durch seine ›Hand‹ spürte, war bedenklich.
    »Ihr habt von mir verlangt, mich zu erinnern.«
    Garth schwieg und sah ihn nur mitfühlend an.
    Maximilian fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich erinnere mich, daß ich einst Maximilian Persimius hieß, und ich erinnere mich, daß ich in dieser seltsamen Welt über dem Hangenden lebte. Das ist so ziemlich alles.« Wieder huschte ein leises Lächeln über sein Gesicht. »Wenn man davon absieht, daß ich jetzt wieder weiß, wie Tee schmeckt.«
    Garth umschloß nun beide Hände Maximilians mit seinen eigenen. »Erinnert Ihr Euch, daß Ihr mit mir über den Manteceros gesprochen habt?«
    Maximilian runzelte die Stirn. »Den Manteceros? Nein…
    nein. Habe ich darüber gesprochen? Garth, ich…« Er hielt inne und dachte angestrengt nach. »Doch«, sagte er endlich. »Doch, ich erinnere mich. Ihr wart so hartnäckig. Immer wieder habt Ihr behauptet, ich sei dieser Maximilian. Ihr wolltet mich retten.« Er stieß einen langen, tiefen Seufzer aus. »Ja, jetzt erinnere ich mich auch an den Manteceros. Und ich erinnere mich, daß ich Euch sagte, er halte wohl nicht viel von mir. Ich bin nicht würdig, Garth. Das weiß ich noch genau.«
    »Aber Ihr seid von den Toten auferstanden, Maximilian«, sagte Garth leise und eindringlich und drückte die Hände des Prinzen. »Euer ganzes Leben liegt noch vor Euch. Nun habt auch den Mut, es zu leben.«
    Maximilian lachte verbittert.

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