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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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Flecken könnten von der Pilzseuche stammen. Seht Ihr? Hier… und hier.« Er zeigte auf einige Verfärbungen auf den Kleidern des Mannes.
    Ihr Götter! fluchte Garth bei sich. So kurz vor dem Ziel! Dies war die letzte Streife. Danach wäre die Straße nach Ruen frei gewesen.
    Aber er ließ sich nichts anmerken und saß ab. Joseph hatte sich bereits über den Schäfer gebeugt. Garth mußte sich an einem Wärter vorbeidrängen, um dem Mann ins Gesicht sehen zu können.
    Sein Herz klopfte, als wolle es zerspringen. Obwohl der Mann über und über mit Schmutz bedeckt war, hatte er ihn sofort erkannt – Vorstus!
    »Und wie alt ist der Sträfling, den Ihr sucht?« fragte Joseph geduldig, während er vorgab, Augen, Ohren und Haut des Verdächtigen zu untersuchen.
    »Noch ziemlich jung «, murmelte der eine.
    »Furst sagte, so um die dreißig«, fügte ein anderer hinzu.
    Joseph zog mit einem Seufzer die Augenbrauen hoch. »Mag sein, daß Ihr einen obdachlosen Strauchdieb geschnappt habt, meine Herren, aus den Adern kommt er jedenfalls nicht.«
    »Seid Ihr sicher?« fragte einer der Wärter hörbar enttäuscht.

    Aus Josephs nächstem Seufzer klang deutliche Ungeduld.
    Garth beobachtete seinen Vater mit heimlicher Bewunderung; er hätte Joseph niemals für einen so guten Schauspieler gehalten.
    »Der Mann ist fast schon ein Greis«, sagte er. »Seht Euch nur die gichtig geschwollenen Finger an.«
    »Die könnten auch von der Arbeit mit der Hacke kommen«, bemerkte ein Wärter hoffnungsvoll, aber darauf antwortete Joseph nur mit einem verächtlichen Blick.
    »Die Flecken stammen nicht von der Pilzseuche, es sind Grasflecken. Der Mann schläft sicher bei seinen Schafen. Und seht Euch das an!« Joseph ging unvermittelt in die Hocke und wies auf die Füße des Mannes. Alle Blicke folgten ihm. »Seine Knöchel sind glatt, keine Fesselspuren. Ihr wißt alle, wie es unter Tage zugeht. Ihr wißt, daß die Fußeisen an den Knöcheln der Sträflinge eitrige Wunden verursachen. Dieser Mann hat in seinem ganzen Leben noch keine Kette gesehen.«
    »Und seht auch hierher«, mischte Garth sich eifrig ein, um die Wärter vollends zu überzeugen. »Unter dem Schmutz ist seine Haut tief gebräunt. Dieser Mann verbringt viel Zeit an der Sonne.«
    Joseph zog den Blick seines Sohnes auf sich und nickte ihm zu.
    »Wie auch immer«, sagte der Anführer der Streife langsam.
    Die Enttäuschung in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    »Die Haarfarbe stimmt… und keiner von uns kennt ihn.«
    »Dann sperrt ihn ein, weil er ortsfremd ist«, sagte Joseph gleichgültig und stand auf. »Ein entlaufener Sträfling ist er jedenfalls nicht.«
    Verärgert über den Mißerfolg, suchte sich der Mann ein neues Opfer. »Was habt Ihr eigentlich hier zu suchen, Baxtor?«

    Schweigend reichte ihm Joseph Cavors Schreiben. Der Wärter las es und gab es ihm wieder zurück. »Meinetwegen«, brummte er, »laßt sie durch… und den dreckigen Schäfer auch.
    Wir können schließlich nicht jeden Bauern verhören, der zufällig des Weges kommt.«
    Vorstus ließ sich das nicht zweimal sagen. Er befreite sich aus dem Griff des einen Wärters und drohte den anderen mit seinem Stab. »Und wer hilft mir, meine Schafe wieder einzusammeln?« fragte er.
    »Mach, daß du wegkommst!« zischte der Streifenführer erbost. »Sonst landest du doch noch im Kerker!«
    Vorstus wollte das Spiel wohl nicht zu weit treiben und verzog sich murrend. Er sprang die Böschung hinunter, scheuchte seine Schafe zu einer halbwegs geordneten Herde zusammen und trieb sie, so schnell er konnte, nach Süden.
    Mit einem letzten warnenden Blick zu seinem Sohn wandte sich Joseph an die Wärter. »Und was ist mit Garth und mir?«
    »Passieren«, sagte der Streifenführer barsch und trat an den ersten Wagen in der Reihe. »Wohin des Wegs?« fuhr er die Insassen an.
    Garth wollte eben sein Pferd besteigen, als er eine liebliche Stimme hörte.
    »Wir fahren aufs Land zu einem Picknick. Der Tag ist so schön und warm, da dachte ich mir, sollen die Mädchen doch ein paar Stunden die Frühlingssonne genießen.«
    Garth sah sich neugierig um und vergaß ganz, den Fuß über den Pferderücken zu schwingen.
    In dem Wagen saßen dicht gedrängt fünf oder sechs Frauen, alle in grellbunten Kleidern und mit ähnlichen Lockenfrisuren wie die drei auf der Veranda des Hauses in Myrna. Die Frau, die mit dem Wärter gesprochen hatte, war mit etwa vierzig Jahren die älteste, alle anderen waren jünger… und zwei davon

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