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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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erkannte Garth auf den ersten Blick.

    Langsam ließ er sich in den Sattel sinken.
    »Habt Ihr denn in Myrna nicht genug zu tun, Anya?« fragte der Wärter, doch seine Stimme verriet kein Mißtrauen.
    Die ältere Frau zog ihre wohlgeformten Augenbrauen in die Höhe. »Alle gesunden Männer wurden zum Wachdienst abkommandiert. Das Geschäft liegt darnieder. Und da dachte ich mir« – sie machte eine weit ausholende Handbewegung –,
    »welch ein herrlicher Tag für ein Picknick! Wenn wir weit genug fahren, finden wir sicher eine Stelle, die nicht unter einer Rußschicht liegt.«
    Der Wärter hatte bemerkt, daß Joseph und Garth noch immer nicht weitergeritten waren. »Worauf wartet Ihr noch?«
    Vater und Sohn zuckten schuldbewußt zusammen.
    »Äh«, begann Joseph, aber die Frau unterbrach ihn mit einem anzüglichen Lächeln. »Wozu denn die Eile? Vielleicht möchten sie noch ein Stück weit mit uns reiten. Oder sogar mit uns speisen? Wir haben alles dabei, was man für ein richtiges Picknick braucht. Wer weiß?« Sie zwinkerte dem Wärter verschwörerisch zu. »Am Ende machen wir heute doch noch ein Geschäft.«
    Der Wärter lachte kurz auf und sah sich die anderen Frauen im Wagen an. Garth bemerkte erschrocken, wie er innehielt.
    »Die beiden sind mir noch nie begegnet.«
    Anya lächelte kokett. »Ihr hattet nur noch keine Gelegenheit
    – oder nicht das nötige Kleingeld –, um alle meine Zimmer auszuprobieren. Mein Haus hält sicher noch die eine oder andere Überraschung für Euch bereit.«
    Beide Frauen hatten ihre Reize, aber der Wärter hatte nur Augen für die jüngere, die mit ihrem dunklen Haar und den seltsam hellgrauen Augen einfach bezaubernd aussah. »Wie heißt Ihr denn, mein Kind?«
    Ravenna beugte sich einladend aus dem Wagen. »Myst, gnädiger Herr. Wann kommt Ihr mich einmal besuchen?«

    Der Wärter errötete unter ihrem offenen Blick und wandte sich wieder an Anya. »Ihr könnt fahren, Madame.«
    Anya lächelte und schlug den beiden Zugpferden die Zügel über die Kruppe. Der Wagen setzte sich polternd in Bewegung, der Wärter trat zurück. »Der nächste.«
    Joseph und Garth setzten sich hinter den Wagen. Garth sah kurz zu seinem Vater hinüber; Josephs Gesicht war mit einer feinen Schweißschicht überzogen, und ihm selbst erging es vermutlich nicht besser. Joseph bemerkte den Blick und drehte sich kurz nach hinten, um sich zu vergewissern, daß sie weit genug von der Streife entfernt waren.
    »Die ›Schönen Damen‹ von Myrna sind gute Freunde von mir«, erklärte er leise und fuhr, als er Garths Gesichtsausdruck sah, hastig fort: »Nein, nicht wie du denkst! Ich habe sie im Lauf der Jahre immer wieder einmal bei kleineren Unpäßlichkeiten behandelt, und nun waren sie gern bereit, sich mit dieser kleinen List erkenntlich zu zeigen.«
    Garth grinste matt. Eine kleine List? Sie hatten es gewagt, einen ausgebrochenen Sträfling in Frauenkleidern ganz vorn in ihren Wagen zu setzen! Garth konnte freilich nicht bestreiten, daß der Plan gut war. Maximilian hatte feine Züge und nach all den Jahren ohne Sonne eine sehr helle, glatte Haut. Nachdem man ihm eine Perücke aufgesetzt und ihn nach allen Regeln der Kunst geschminkt hatte, mußte man schon sehr genau hinsehen, um ihn als Mann zu erkennen. Und bestimmt, dachte Garth und lächelte noch breiter, hatte man ihn heute morgen besonders gründlich rasiert.
    Joseph hatte das Mienenspiel seines Sohns beobachtet.
    »Vorstus hatte die Rolle des Lockvogels übernommen. Die Wärter sollten jemanden verdächtigen, der sich unmittelbar vor den ›Schönen Damen‹ befand. Dann konnte man eher damit rechnen, daß sie ihren Wagen passieren ließen, ohne ihn allzu gründlich zu durchsuchen.«
    Garth richtete den Blick auf den Wagen, aber die ›Damen‹
    schauten alle auf die Straße, und so konnte er von Ravenna und Maximilian nur den leicht schwankenden Rücken sehen. »Und wie hast du die Wärter dazu gebracht, uns nach vorn zu rufen?«
    Nun lächelte auch Joseph. »Das war pures Glück, Garth.
    Wenn ich ehrlich bin, hatte ich gehofft, der Wagen mit den Frauen hätte die Sperren längst hinter sich. Aber am Ende ist doch noch alles gutgegangen.«
    Sie waren jetzt auf gleicher Höhe mit Vorstus und seinen Schafen, aber sie riefen ihn nicht an. Joseph nickte nur, als sie an ihm vorbeiritten. »Wir treffen uns später«, sagte er leise, als der ›Schäfer‹ bereits hinter ihnen zurückgeblieben war. Garth widerstand der Versuchung, über die Schulter zu

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