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Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Titel: Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Hitchens
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wohl führende Kapazität auf diesem Gebiet, hat unter anderem herausgefunden, dass drei völlig unterschiedliche Fischfamilien unabhängig voneinander vier Augen entwickelt haben. Eines dieser Meerestiere, Bathylychnops exilis , besitzt ein Augenpaar, das nach außen blickt, und ein zweites, integriert in die Wand der beiden Hauptaugen, mit dem das Tier direkt nach unten sehen kann. Das wäre für die meisten Tiere eher hinderlich, bringt aber einem Wasserbewohner offensichtliche Vorteile. Bemerkenswert ist indes, dass das zweite Augenpaar entwicklungsbiologisch keine Kopie oder Miniatur des ersten ist, sondern eine völlig eigene Evolution durchlaufen hat. Dr. Nilsson schrieb in einem Brief an Richard Dawkins: »Diese Fischart hat, obwohl sie bereits über eine Linse verfügte, eine neue erfunden. Das stützt die Ansicht, dass die Evolution der Linsen nicht weiter kompliziert ist.« Eine kreative Gottheit hätte vermutlich die Optik von vornherein doppelt angelegt, was dazu geführt hätte, dass es für uns nichts zu entdecken gegeben hätte. Oder, wie Charles Darwin im gleichen Kapitel seiner Entstehung der Arten fortfuhr:
    Als zum ersten Mal ausgesprochen wurde, die Sonne stehe still und die Erde drehe sich um sie, hielt man allgemein diese Meinung für falsch; dem alten Sprichwort »vox populi, vox dei« darf aber die Wissenschaft kein Vertrauen schenken. Der Verstand sagt mir: Wenn zahlreiche Abstufungen vom einfachen, unvollkommenen Auge bis zum zusammengesetzten und vollkommenen nachgewiesen werden und jede Abstufung ihrem Besitzer nützt, was ja sicher der Fall ist; wenn ferner das Auge beständig variiert und diese Veränderungen erblich sind, was gleichfalls sicherlich zutrifft; und wenn schließlich diese Veränderungen einem Tier unter wechselnden Lichtverhältnissen nützen, so kann die Schwierigkeit der Annahme, dass ein vollkommenes, kompliziertes Auge durch die natürliche Zuchtwahl gebildet worden sein könne (so unüberwindlich sie unserer Einbildungskraft auch erscheinen mag), unsere Theorie nicht umstürzen. [FUSSNOTE20]

    Heute wirkt es komisch auf uns, wenn Darwin sagt, »die Sonne stehe still« oder das Auge sei »vollkommen«. Doch das liegt allein daran, dass wir das Glück haben, mehr zu wissen als er. Das wahre »Wunder« ist, dass wir, die wir Gene mit den Bakterien gemein haben, mit denen das Leben auf unserem Planeten begann, uns so weit entwickelt haben. Andere Lebewesen haben überhaupt keine Augen ausgebildet oder nur sehr schwache. Es ist ein faszinierendes Paradox: Die Evolution hat keine Augen, kann aber welche schaffen. Leslie Orgel, ein Kollege des genialen Professors Francis Crick, der die DNS-»Doppelhelix« mit entdeckte, formulierte dieses Paradox eleganter, als ich es kann: »Die Evolution«, sagte er, »ist klüger als wir.« Doch dieses Kompliment an die »Intelligenz« der natürlichen Auslese ist keineswegs ein Zugeständnis an die irrige Vorstellung von einem »intelligenten Design«. Einige Ergebnisse sind sehr imposant, wie natürlich in unserem eigenen Fall: »Welch ein Meisterwerk ist der Mensch!«, ruft Hamlet aus, um sich gleich darauf zu widersprechen, indem er den Menschen als »Quintessenz von Staube« beschreibt; beide Aussagen haben den Vorzug, wahr zu sein. Doch der Prozess, der auf die Ergebnisse hinführt, ist langsam und unglaublich mühsam; er bringt es mit sich, dass sich auf unserem DNS-»Strang« allerlei nutzloser Müll angesammelt hat und wir viele Gene mit niederen Lebewesen gemein haben. Den »Stempel der niederen Herkunft« tragen wir in Form unseres Blinddarms, des mittlerweile nutzlosen Haarbewuchses, der uns nach fünf Monaten im Mutterleib wächst, um dann wieder auszufallen, unserer allzu schnell verschleißenden Knie, unseres rudimentären Schwanzes sowie den zahlreichen Capricen unserer urogenitalen Ausstattung. Warum sagt man »Der Teufel steckt im Detail«? Gott kann es jedenfalls nicht sein, es sei denn, seine tölpelhaften kreationistischen Fans sind bereit, die Verantwortung für seine Ungeschicktheit, sein Scheitern und seine Inkompetenz zu übernehmen.
    Diejenigen, die sich – durchaus nicht kampflos – den überwältigenden Beweisen für die Evolution gebeugt haben, möchten sich für das Eingeständnis ihrer Niederlage nun gern eine Medaille anheften. Die Großartigkeit und Vielgestaltigkeit der Evolution, so behaupten sie jetzt, lässt auf einen ordnenden und schaffenden Geist schließen. So machen sie ihren Gott aber zu einem

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