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Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Titel: Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Hitchens
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dilettantischen Idioten, entlarven ihn als Pfuscher, Stümper und Tollpatsch, der Ewigkeiten dazu brauchte, ein paar nützliche Wesen zu erschaffen, und dabei einen riesigen Berg von Abfall und Ausschuss auftürmte. Mehr Respekt haben sie nicht vor ihrer Gottheit? Unklugerweise behaupten sie, die Evolutionsbiologie sei »nur eine Theorie«, und verraten damit, dass sie weder die Bedeutung des Wortes »Theorie« kennen noch die Bedeutung des Wortes »Design«. Eine Theorie soll zu den bekannten Fakten passen. Eine erfolgreiche Theorie übersteht aber auch das Bekanntwerden bis dahin unbekannter Fakten. Zur akzeptierten Theorie wird sie, wenn sie über noch unentdeckte Dinge oder noch nicht da gewesene Ereignisse präzise Voraussagen treffen kann. Das kann einige Zeit in Anspruch nehmen und geschieht nach einem Muster, das Ockhams Vorgehen sehr ähnlich ist. Die Astronomen des ägyptischen Pharaos konnten eine Sonnenfinsternis vorhersagen, obwohl sie glaubten, die Erde sei flach; sie mussten nur erheblich mehr Arbeit investieren. Einsteins genaue Vorhersage einer Sonnenfinsternis vor der Westküste Afrikas war eleganter und stützte zudem seine Relativitätstheorie.
    Zwischen den Evolutionsforschern herrscht große Uneinigkeit darüber, wie der komplexe Prozess ablief und wie er eigentlich begann. Francis Crick gestattete sich sogar den Flirt mit der Theorie, das Leben auf der Erde sei von Bakterien eines an der Erde vorüberziehenden Kometen »inseminiert« worden. Solche Uneinigkeiten werden, wenn überhaupt, mittels der bewährten naturwissenschaftlichen und experimentellen Methoden beigelegt. Der Kreationismus oder das »Intelligent Design« dagegen (bei dem lediglich die klammheimliche Umbenennung von Intelligenz zeugt) ist nicht einmal eine Theorie . Ungeachtet ihrer finanziell großzügig ausgestatteten Propaganda sind seine Vertreter bislang den Nachweis schuldig geblieben, dass sich auch nur ein Bestandteil der natürlichen Welt mittels »Design« besser erklären lässt als mit der evolutionären Konkurrenz. Stattdessen ergeht man sich in infantilen Pleonasmen. Einer der Fragebögen, die von Kreationisten in Umlauf gebracht wurden, stellt Entscheidungsfragen folgenden Inhalts:
    Kennen Sie ein Gebäude, das keinen Erbauer hat? Kennen Sie ein Gemälde, das keinen Maler hat? Kennen Sie ein Auto, das keinen Konstrukteur hat? Wenn Sie eine der Fragen mit Ja beantwortet haben, erklären Sie das bitte näher.
    In jedem Fall liegt die Antwort auf der Hand: Es handelt sich um arbeitsintensive, mittels Versuch und Irrtum zustande gekommene Erfindungen der Menschheit und um das Werk vieler Hände – mithin um eine »Evolution«, die noch im Gange ist. Das macht den Ignoranten kreationistischen Vergleich der Evolution mit einem Wirbelwind, der über einen Schrottplatz fegt und die Einzelteile zu einen Jumbojet zusammensetzt, zu leerem Geschwafel. Erstens liegen keine Einzelteile herum, die nur darauf warten, zu einem Ganzen zusammengefügt zu werden. Zweitens hat der Vorgang des Erwerbs und Wegwerfens von Einzelteilen, vor allem von Flügeln, denkbar wenig mit einem Wirbelwind zu tun. Die Zeitdimension, um die es hier geht, ist eher die eines Gletschers als die eines Sturms. Darüber hinaus werden Jumbojets nicht aus kaputten oder überzähligen Teilen zusammengeschustert, die von weniger erfolgreichen Modellen übrig geblieben sind. Warum haben wir uns nur beschwatzen lassen, diese seit Langem widerlegte Pseudotheorie mit ihrem so geschickt gewählten neuen Namen »Intelligent Design« zu nennen? Nichts an ihr ist intelligent. Sie ist nur der gleiche kalte Kaffee. Flugzeuge durchlaufen auf ihre menschgemachte Weise eine »Evolution«. Das gilt auf wieder ganz andere Art auch für uns. Anfang April 2006 wurde in der Zeitschrift Science eine ausführliche Studie der University of Oregon veröffenlicht. Auf der Basis einer Rekonstruktion alter Gene von ausgestorbenen Tieren konnten die Forscher nachweisen, dass die Pseudotheorie der »unreduzierbaren Komplexität« ein Witz ist. Proteinmoleküle, so fanden sie heraus, verwendeten auf der Basis von Versuch und Irrtum bestehende Teile wieder und veränderten sie, um nach dem Prinzip von Schloss und Schlüssel abweichende Hormone an- und auszuschalten. [FUSSNOTE21]

    Dieser genetische Marsch begann völlig ziellos vor vierhundertfünfzig Millionen Jahren, ehe die ersten Lebewesen die Ozeane verließen und sich die ersten Knochen entwickelten. Was wir heute über unsere Natur

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