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Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Titel: Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Hitchens
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Gottlosen abzusondern. Mohammed zog sich für den Monat der Hitze oder des Ramadan in eine Wüstenhöhle auf dem Berg Hira zurück, wo er »schlief oder in Trance war« (ich zitiere aus Pickthalls Kommentar). Da hörte er eine Stimme, die ihn aufforderte zu lesen. Zweimal antwortete er, er könne nicht lesen, dreimal wurde er angewiesen, es zu tun. Als er schließlich fragte, was er denn lesen solle, erhielt er weitere Anweisungen im Namen eines Herrn, der den Menschen aus einem Blutklumpen oder Embryo erschaffen habe. Der Erzengel Gabriel stellte sich Mohammed vor, teilte ihm mit, dass er der Sendbote Allahs sein werde, und verschwand wieder. Mohammed vertraute sich seiner Frau Chadidscha an, die ihn nach ihrer Rückkehr nach Mekka zu ihrem Cousin brachte, einem älteren Mann namens Waraka ibn Naufal, »der die Schriften der Juden und Christen kannte«. Dieser erklärte, der göttliche Bote, der einst Mose besucht habe, sei wieder zum Berg Hira gekommen. Von da an trug Mohammed den bescheidenen Titel eines »Sklaven Allahs«, wobei Allah auf Arabisch schlicht »Gott« heißt.
    Die einzigen Menschen, die zunächst überhaupt Interesse an Mohammeds Behauptungen zeigten, waren die gierigen Wächter des Tempels von Mekka, die eine Beeinträchtigung ihres Pilgergeschäfts fürchteten, sowie die gelehrten Juden aus der dreihundertfünfzig Kilometer entfernten Stadt Jathrib, die schon einige Zeit zuvor die Ankunft des Messias vorausgesagt hatten. Die erste Gruppe wurde immer unfreundlicher, die zweite immer freundlicher, weshalb Mohammed eine Reise oder Hidschra nach Jathrib unternahm, das heute unter dem Namen Medina bekannt ist. Das Datum der Flucht gilt als Beginn der muslimischen Ära. Doch wie die Ankunft des Nazareners im jüdischen Palästina, die von so vielen positiven himmlischen Vorzeichen begleitet wurde, ging auch diese Geschichte übel aus, denn die arabischen Juden erkannten, dass sie es wieder mit einer Enttäuschung, wenn nicht gar mit einem Hochstapler zu tun hatten.
    Karen Armstrong zufolge, einer der verständnisvollsten, um nicht zu sagen apologetischsten Islamforscherinnen, litten die Araber damals unter dem Gefühl, keinen Platz in der Geschichte zu haben. Gott hatte sich den Christen und den Juden gezeigt, »den Arabern aber keinen Propheten und keine Schrift in ihrer Sprache geschickt«. [FUSSNOTE35]

    Auch wenn sie es nicht so formuliert, war demnach die Zeit überreif für eine Offenbarung in der Region. Und als sie dann endlich da war, wollte sich Mohammed von Anhängern älterer Glaubensgruppen nicht auch noch vorhalten lassen, sie komme aus zweiter Hand. Seine Laufbahn im siebten Jahrhundert liest sich, ähnlich wie die Bücher des Alten Testaments, wie eine Chronik der brutalen Kleinkriege zwischen ein paar Hundert oder auch ein paar Tausend ungebildeten Dörflern und Stadtbewohnern, die Gott beilegen und entscheiden sollte. Wie bei den urzeitlichen Aderlässen von Sinai und Kanaan, die auch keine unabhängige Quelle bestätigt, stehen Millionen von Menschen seither unter dem Bann der angeblich göttlichen Vorsehung dieser hässlichen Scharmützel.
    Es ist sogar zweifelhaft, ob der Islam überhaupt eine eigene Religion darstellt. Anfänglich stillte er das Bedürfnis der Araber nach einem eigenen oder besonderen Glauben und wird auf alle Zeit mit ihrer Sprache und den folgenden eindrucksvollen Eroberungen assoziiert, die vielleicht nicht so imposant wie die des jungen Alexander von Mazedonien waren, aber zumindest die Vorstellung göttlicher Unterstützung aufkommen ließen, bis sie sich am Rande des Balkans und des Mittelmeers totliefen. Doch bei näherer Untersuchung entpuppt sich der Islam als eine offensichtliche und ungeordnete Reihe von Plagiaten, die sich nach Belieben aus früheren Büchern und Traditionen bedient. Der Islam wurde daher durchaus nicht »im hellen Licht der Geschichte geboren«, wie Ernest Renan es so großzügig formulierte, sondern ist in seinen Ursprüngen so zwielichtig und vage wie die Texte, aus denen er seine Anleihen bezieht. Er erhebt enorme Ansprüche, erwartet von seinen Anhängern, dass sie ihm zu Füßen liegen, »sich unterwerfen«, und fordert von Nichtgläubigen Ehrerbietung und Respekt ein. Solche Arroganz und Anmaßung werden in den Lehren des Islam durch nichts, aber auch gar nichts gerechtfertigt.
    Der Prophet starb nach unserem ungefähren Kalender im Jahre 632. Der erste Bericht über sein Leben wurde ganze einhundertzwanzig Jahre später von Ibn

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