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Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet

Titel: Der Herr ist kein Hirte - Wie Religion die Welt vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Hitchens
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oder solche, »denen wir zuvor das Buch gegeben hatten«. Die Vorstellung, von einem Muslim »toleriert« zu werden, ist mir ebenso zuwider wie die Herablassung, mit der katholische und protestantische Christen einander »tolerieren« oder ihre »Toleranz« den Juden anbieten. Die christliche Welt verhielt sich in dieser Hinsicht lange Zeit so miserabel, dass viele Juden es vorzogen, unter osmanischer Herrschaft zu leben und sich Sondersteuern und anderen Behandlungen zu unterwerfen. Die wohlwollende Toleranz des Islam wird im Koran allerdings auch insofern wieder eingeschränkt, als einige dieser »Völker« »unrecht handeln«. Und man muss den Koran und die Hadithe nicht besonders gut kennen, um ganz andere Aussagen zu finden, etwa die folgende:
    Kein Mensch, der bei Allah etwas Gutes zu erwarten hat, auf das er sich freut, würde nach seinem Tod wünschen, dass er zur Welt zurückkehrte, auch dann, wenn ihm die ganze Welt und was auf ihr an Wert ist, gegeben würde. Ausgenommen davon ist der Märtyrer, der aufgrund der Vorzüglichkeit des Martyriums sich freuen würde, wenn er zur Welt zurückkehrte und noch einmal umkäme.
    Oder diese:
    Siehe, Allah vergibt nicht, dass man Ihm Götter beigesellt, doch verzeiht er im Übrigen, wem Er will. Wer Allah Götter beigesellt, hat eine gewaltige Sünde ersonnen.
    Das erste dieser beiden Zitate habe ich aus einem ganzen Thesaurus unerfreulicher Alternativen ausgewählt, weil es Sokrates’ Worte in Platos Apologie so vollständig negiert; dazu später mehr. Das zweite, weil es sich um eine so offensichtliche und erbärmliche Anleihe aus den »Zehn Geboten« handelt.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass diese von Menschen formulierten Phrasen »unfehlbar«, geschweige denn »endgültig« sein sollen, sinkt nicht nur mit den unzähligen Widersprüchen, sondern auch mit der berühmten Episode von den »satanischen Versen« des Korans, die Salman Rushdie später literarisch verarbeitete. In diesem ausgiebig diskutierten Fall versuchte Mohammed mehrere führende Polytheisten aus Mekka zu beschwichtigen und erfuhr zu gegebener Zeit eine »Offenbarung«, die es ihnen erlaubte, doch noch einige ihrer älteren Gottheiten anzubeten. Später wurde ihm klar, dass das nicht rechtens sein konnte. Sicher war es ihm vom Teufel eingeflüstert worden, der aus einem unerfindlichen Grunde von seiner Gewohnheit abzuweichen beliebte, Monotheisten auf ihrem eigenen Terrain zu bekämpfen (Mohammed glaubte ja nicht nur fest an den Teufel, sondern auch an Dschinns, also kleinere Wüstendämonen). Sogar einer seiner Frauen fiel auf, dass der Prophet hin und wieder eine »Offenbarung« hatte, die seinen unmittelbaren Bedürfnissen entgegenkam, und manchmal wurde er deswegen auch geneckt. Wir erfahren weiterhin – aus einer Quelle, der wir durchaus nicht unbedingt Glauben schenken müssen –, dass er, wenn er in der Öffentlichkeit eine Offenbarung hatte, bisweilen von Schmerzen und lauten Ohrgeräuschen gepeinigt wurde. Sogar an kühlen Tagen floss der Schweiß in Strömen. Herzlose christliche Kritiker stellten bereits die Vermutung an, er sei Epileptiker gewesen – wobei sie die gleichen Symptome beim Anfall des Paulus auf dem Weg nach Damaskus geflissentlich übersahen –, doch an solcherlei Spekulationen müssen wir uns nicht beteiligen. Es ist völlig hinreichend, David Humes unvermeidliche Frage umzuformulieren: Was ist wahrscheinlicher: dass Gott einen Mann als Mittler einsetzt, um bereits existierende Offenbarungen zu übermitteln, oder dass der Mann bereits existierende Offenbarungen von sich gibt, wobei er selbst daran glaubt oder zumindest behauptet, dass Gott es ihm aufgetragen hat? Was die Schmerzen, die Geräusche in seinem Kopf oder auch die Schweißausbrüche angeht, so ist es bedauerlich, dass die direkte Kommunikation mit Gott offenbar keine Erfahrung der Ruhe, Schönheit und Klarheit ist.
    Die körperliche Existenz Mohammeds ist im Hadith zwar nur mangelhaft bezeugt, im Islam aber ein Quell der Stärke wie der Schwäche. Er siedelt ihn mitten in der Welt an und liefert plausible körperliche Beschreibungen des Mannes, was die Sache jedoch gleichzeitig auf eine irdische, materielle und ordinäre Ebene herabholt. Wenn wir von seiner Heirat mit einer Neunjährigen lesen, von seiner großen Freude an allem Kulinarischen und an der Teilung der Beute nach seinen zahlreichen Schlachten und unzähligen Massakern, zucken wir wohl schon etwas zusammen. Vor allem aber – und dies ist eine

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