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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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ihn seit geraumer Zeit. Nun ist er gekommen, da ich ihn gebeten haben, seinen rechtmäßigen Platz einzunehmen.«
    Merrik grinste zu ihr herab und flüsterte seelenruhig: »Ich bin wirklich ein entfernter Vetter von Harald Schönhaar. Es ist nicht alles erfunden. Zugegeben, in Norwegen ist fast jeder mit jedem verwandt.«
    »Hier ist der Mann, der mein Reich regieren wird, falls mein Sohn Wilhelm Langschwert sterben sollte, bevor er einen Erben in die Welt gesetzt hat. Willkommen, Merrik Haraldsson!«
    Es war eine kühne Rede, ohne Einführung, ohne umständliche Erklärungen oder Rechtfertigungen. Selbst Laren hielt den Atem an, obgleich sie darauf vorbereitet war. Der Schock der Verkündigung zeichnete sich deutlich auf jedem einzelnen Gesicht in dem großen Thronsaal ab.
    »Gut«, sagte Merrik zufrieden. »Nun bin ich die Bedrohung und nicht mehr du.«
    »Mir gefällt das nicht«, murmelte sie nicht zum ersten Mal seit dem Vorabend, als Merrik dem Herzog seinen Plan eröffnet hatte. »Es ist nicht deine Aufgabe, Merrik, dich in Gefahr zu begeben. Sieh dir die Leute an. Sie wissen nicht, was sie tun sollen. Die Nachricht hat ihnen einen großen Schock versetzt. Wo sind eigentlich Helga und Ferlain?«
    Sie hatte lange auf ihn eingeredet, er hatte zugehört und verständnisvoll genickt, ohne sich von seinem Vorhaben abbringen zu lassen. Nun lächelte er in die Gesichter, in denen er Bestürzung las. »Die Neider unter ihnen werden sich bald zu erkennen geben. Für die anderen werde ich mit aller Verwegenheit, die sie von Rollo gewöhnt sind, den kühnen Helden spielen. Ich werde vor Ehrenhaftigkeit bersten. Und Rollo wird mich möglicherweise so sehr bewundern, daß er mich bittet, in der Normandie zu bleiben, um neben ihm und später neben Wilhelm zu herrschen. Was hältst du davon?«
    »Ich halte dich für verrückt.«
    »Ich soll verrückt sein? Glaubst du nicht, daß ich das Zeug dazu hätte, als Rollos Nachfolger zu jedermanns Zufriedenheit zu herrschen? Hältst du mich für unfähig, die Menschen mitzureißen und von meiner Glaubwürdigkeit zu überzeugen?«
    »Du bist zu sehr von dir überzeugt. Und deshalb bist du verrückt.«
    »Denkst du, diese Verrücktheit wird sich in unseren Kindern fortsetzen?«
    Sie blickte ihn an und vergaß einen Augenblick alles um sich herum. »Woher soll ich das wissen?«, meinte sie unsicher.
    »Du hast deine Monatsblutung nicht gehabt, seit ich dich zum ersten Mal beschlafen habe.«
    Sie wurde leichenblaß.
    In diesem Moment wandte Rollo sich lächelnd an Merrik und streckte ihm die Hand entgegen. »Mylord Merrik, tretet vor und begrüßt mein Volk. Möglicherweise werden es einst Eure Untertanen sein.«
    Laren schwankte, blickte ihren Gemahl mit großen Augen an und brachte tonlos hervor: »Mir ist nicht gut.« Merrik fing seine taumelnde Gemahlin auf.
    Wieder entstand großer Tumult. Rollo sprang entsetzt auf die Füße. »Was ist mit ihr?«
    Merrik sagte laut und vernehmlich: »Es ist nur eine Ohnmacht, Sire. Sie ist nicht krank. Sie trägt meinen Erben unter dem Herzen.« Er hob sie in seinen Armen hoch, und seine Stimme klang durch den großen Saal: »Sie trägt den Sohn unter ihrem Herzen, der eines Tages über die Normandie herrschen wird, so Gott will.«
    Leise sagte Helga zu ihrer Schwester, ohne das Lächeln auf ihren Lippen zu verlieren: »Vielleicht trägt sie ihn nicht lang. Vielleicht gleicht sie dir, Ferlain, und ihr Leib ist siech.«
    »Sie hat das Haar unseres Vaters. Keine Frau sollte so auffälliges Haar tragen. Es ist sündig, dieses geschmacklose Rot.«
    »Unser Vater war ein schöner Mann mit seiner roten Haarmähne«, entgegnete Helga. »Schade, daß er seine treulose Frau umbrachte und fliehen mußte. Andererseits habe ich mich immer gefragt, ob er wirklich ihr Mörder war. Zu dumm, daß unser Vater glaubte, er werde beschuldigt und deshalb die Flucht ergriff. Schade auch, daß seine Hure vor ihrem Tod Laren und Taby zur Welt brachte.«
    In Ferlain kroch eine Grabeskälte hoch, die ihren Körper und ihren Verstand erstarren ließ. Sie dachte an ihre acht toten Kinder in ihren kalten Gräbern. Ihre Schwester wandte sich an ihren Gatten: »Nun, Fromm, was hältst du von diesem Merrik Haraldsson?«
    Fromm warf sich in die Brust, eine Gewohnheit, die er von Otta übernommen hatte, und die bei ihm ausgesprochen peinlich wirkte. »Das ist ein abgekartetes Spiel. Der Mann lügt. Er hat den vergreisten Rollo um den Finger gewickelt und redet ihm nach dem Mund,

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