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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Bestattung. Laren beobachtete, wie er Deglins Blut vom Messer wischte, das er aus der Brust des Toten gezogen hatte. Lange blickte er auf die Waffe, bevor er sie Snorri aushändigte.
    Die Reise in die Normandie an den Hof von Herzog Rollo wurde auf die Zeit nach der Ernte festgesetzt, um vor den ersten Winterstürmen zurückzusein.
    Eine Woche später machte das Boot von Merriks älterem Bruder Rorik an der Mole fest.
    Laren lag lachend auf dem Fußboden und versuchte vergeblich, der großen Zunge zu entgehen, die ihr wie ein feuchter Lappen übers Gesicht wischte. Sie krallte ihre Finger in das struppige Fell des Hundes, um ihn von sich zu schieben. Vergeblich. »Steht nicht alle rum«, quietschte sie. »Helft mir doch!«
    »Kerzog, hierher! Dummer Köter, laß das!«
    Kerzog gab sein Opfer endlich frei, um im nächsten Augenblick seine riesigen Pfoten gegen Merriks Brust zu stemmen, der unter dem Gewicht des Hundes in die Knie ging.
    »Kerzog ist immer noch ein Bewunderer schöner Frauen und hat nicht vergessen, daß mein kleiner Bruder ihm mehr Fleisch von seinem Teller gab, als er selber aß.«
    Rorik sah grinsend zu, wie der riesige Köter seine Zunge nach Merriks Gesicht ausstreckte.
    Nachdem jeder die stürmische Begrüßung über sich ergehen lassen mußte, wandte sich Rorik Haraldsson an Laren: »Wie ich höre, bist du ein Skalde. Das ist ungewöhnlich. Meine Frau und ich würden gerne eine Geschichte von dir hören.«
    »Und unsere Söhne«, ergänzte Mirana und wies auf zwei kleine Buben, die einander wie ein Ei dem anderen glichen. Beide hatten das schwarze Haar ihrer Mutter und die hellblauen Augen des Vaters. Die Zwillinge hatten Taby entdeckt, und die Kinder umkreisten einander noch ein wenig mißtrauisch, aber höchst interessiert.
    »In wenigen Minuten liegen sie am Boden und balgen sich«, schmunzelte Mirana zufrieden.
    Und so war es auch. Nach zehn Minuten waren die Buben die besten Freunde und tobten durchs Haus. Die beiden erwachsenen Brüder redeten leise miteinander, und Laren wußte, daß sie von Erik sprachen. Bald verließen die beiden das Haus und besuchten Eriks Grab. Und das Grab ihrer Eltern.
    »So viel Kummer«, sagte Mirana kopfschüttelnd. »Es tut mir leid, daß du so viel durchmachen mußtest. Ein Trost, daß du Beistand von Sarla hattest.«
    »Ja, sie ist mir wie eine liebevolle Schwester.«
    »Und du bist die Nichte des berühmten Rollo.«
    Sarla antwortete lächelnd: »Ja, aber sie besitzt nur drei Kleider, Mirana. Ileria steht gar nicht mehr vom Webstuhl auf, damit die Herrin von Malverne uns nicht mit ihrer ärmlichen Kleidung im Palast des Herzogs beschämt. Wir wollen stolz auf sie sein, wenn sie die Normandie besucht. Hast du Merrik schon überreden können, Laren?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er glaubt immer noch, es sei weniger gefährlich, wenn ich hier bleibe. Aber ich werde alle meine Überredungskünste einsetzen, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen.«
    Die Frauen schmunzelten. Kerzog bellte und lief zu Mirana, die sich lachend hinter Laren verbarg. Der große Hund stieß beide Frauen um, stellte sich über sie und bellte und wedelte mit dem Schweif, der so dick war wie der Unterarm eines Mannes.
    Als Rorik und Merrik das Haus betraten, ein jeder in wehmütige Erinnerungen versunken, wurden sie von fröhlichem Gelächter begrüßt. Und die Gesichter der Männer hellten sich auf. Das Leben war stärker als Tod und Leid.
    Das Langhaus drohte aus allen Nähten zu platzen, so viele Menschen waren darin versammelt. Die Männer hatten einen Rehbock und einen Eber erlegt. Andere hatten Fische gefangen. Das Haus war erfüllt von Essensdüften, die den Geruch der vielen Menschen überlagerten. Laren blickte über die Reihen der Menschen, die in Wolldecken gehüllt auf dem Lehmboden lagerten, als sie jemand am Rock zupfte. Es war Taby in einem langen Leinenhemd, der sich verschlafen die Augen rieb.
    Sie kniete neben ihm nieder und zog ihn an sich. »Bist du aufgewacht, Taby? Hattest du einen bösen Traum?«
    Er nickte. »In deiner Geschichte blieb der Wikinger bei dem kleinen Jungen und beschützte ihn. Wie kann Merrik mein Wikinger Krieger sein, wenn er mich allein läßt? Ihr könnt mir nichts vormachen, Laren. Ich weiß, daß der Ort weit weg ist, an den ich später gebracht werden soll.«
    Tränen brannten in ihren Augen. Sie hatte dem Kind einen Helden gegeben, und jetzt war der Held im Begriff, seinen Schützling im Stich zu lassen.
    »Ich weiß nicht, Schatz«,

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