Der Herzberuehrer
Texte?« Luis klang skeptisch.
»Ich weiß, wie sich das für dich anhören muss. Darum werde ich zuallererst nach Catanzaro fahren. Dahin, wo alles passiert ist.«
»An diese Schule...?«
Ich nickte entschlossen. »Zu den Padres!«
Ich befand mich an Bord der 'Isabella', jener Jacht, die Luis sein Zuhause nannte.
Luis und ich waren Freunde. Ihm hatte ich es unter anderem zu verdanken, dass ich mit meinem Catering-Service damals über die Runden gekommen bin. Sein Einfluss war maßgeblich dafür verantwortlich gewesen, dass ich meine eigene Fernsehshow bekommen hatte. Bei ihm bin ich zum ersten Mal Jack begegnet, und als es mit meiner Karriere den Bach runter ging, da war er es gewesen, der trotz allem zu mir gehalten hatte.
In einer durchaus beliebten Daily-Soap auf Canale 5 verkörperte Luis den überaus erfolgreichen Zahnarzt Dr. Castelli, dessen einzige Existenzberechtigung es laut Drehbuch war, nach vollbrachter Wurzelbehandlung gut situierten, von der Liebe enttäuschen Ehefrauen entsprechenden Raum für eine erbauliche Auszeit zu bieten.
Im wahren Leben zog er die Gesellschaft derer Söhne vor, vorausgesetzt, sie hatten gerade mal das Mindestalter von sittlicher wie gesetzlicher Reife erreicht. Ich lag mittlerweile jenseits seines Beuteschemas.
»Es gibt da tatsächlich jemanden, mit dem du dich in Verbindung setzen solltest...«, stellte er nun, nach einem Moment des Nachdenkens fest. »Carlo Ricasoli. Ein Dokumentarfilmer. Lebt in Milano. Ich persönlich kenne ihn nicht, aber ich denke, dass deine Geschichte sein Interesse wecken könnte.«
»Wie kommst du darauf?
»Er gilt als sozial engagiert, als konfliktbereit und - was es in diesem Falle interessant macht - er ist bekannt für seine kritische Haltung gegenüber Klerus und Kirche. Außerdem hat er keinerlei Probleme mit unsereins. Du hast bestimmt schon was von ihm gesehen... Frag Fabio. Der müsste ihn kennen«.
Das war in der Tat interessant für mich.
»Wie geht 's dem eigentlich...«
Ich verstand nicht.
»Fabio!«
»Ah, Fabio ... der dreht zurzeit am Corbara Staudamm. Dem geht's gut... denk ich...«
Es war tatsächlich schon eine ganze Weile her, dass wir miteinander gesprochen hatten.
»Freut mich zu hören.«
Für einen Moment schwiegen wir zusammen, etwas, was mir an unserer Freundschaft gefiel, was sie auszeichnete. Während ich interessiert durch eines der langgestreckten Fenster die schneeweißen Leiber der Nachbar-Yachten betrachtete, probierte er sich durch eine Auswahl an Antipasti, die ich ihm als Gastgeschenk mitgebracht hatte.
Wieder einmal fiel mir auf, wie wunderschön die kleine 'Isabella' im Vergleich zu den anderen Booten war, mit ihren handpolierten Holzaufbauten, der ausladenden Messingreling und einer maßgefertigten Außenküche, die bei Bedarf, so wie jetzt im Winter, zerlegt unter Deck gelagert werden konnte.
«Ach ja, Ricasoli arbeitet als Freier...«, nahm Luis den Faden wieder auf, während er sich erfreut der marinierten Krake widmete, »...aber ich vermute, er lebt vor allem von Auftragsarbeiten. Die Frage ist halt, ob er genug Interesse und Zeit hat, auf dein Thema anzuspringen...«
»Wie finde ich das am besten raus?«
»Ich denke, indem du ihn anrufst...«
Er schenkte mir Wasser nach, während er mich mit einem geübten Lächeln bedachte. »Ich hab die Kontaktdaten auf meinem Rechner. Ich schick sie dir im Laufe des Abends zu, okay?«
»Ja klar, danke dir...«
»Sag mal...«
»Ja?«
»Wieso humpelst du eigentlich...?«
18.
»Du meldest dich gar nicht mehr bei mir ...«
»Ja, wundert dich das?« Lorenzos Anruf fehlte mir jetzt gerade noch. »...Nach der Nummer bei der Hochzeit?«, fuhr ich ihn an. »...Du hast mich einfach übergangen, bist über mich hergefallen - und dann noch Mutter...«
»Hey, hey, ...mal halblang. Gut, ich war wie im Rausch, Tomaso hat...«
»Tomaso hat gar nichts!«, unterbrach ich ihn wütend. »Du hat endlich mal ausgeteilt. Schön! Gut! Klasse Renzo! Aber das auf meine Kosten. So war das! Und meinst du, die Kapellen-Nummer hat mir gefallen? Du warst kein Stück besser als er. Du warst wiie... ja - genau wie er!«
Einen Moment hörte ich nur Renzos Atem in der Leitung, ruhig und gleichmäßig.
»Na, ist 's nun raus? Fühlst du dich jetzt besser...?« , fragte er endlich.
Ich dachte darüber nach. »Ja allerdings...! Tue ich tatsächlich...«
»Schön. Also, sehen wir uns?«
Da legte ich einfach auf. Er hatte nichts begriffen.
»Ärger...?«
Erschrocken fuhr
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