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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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geschweige denn, dass ich an solche Probleme überhaupt gedacht hätte. Aber es stimmte natürlich. Ein Schulinternat, wie das in Catanzaro, ein Klosterinternat noch dazu, hatte sicher Einfluss auf die örtlichen Behörden. Da war es gut, jemanden im Hintergrund zu wissen, jemanden mit Kontakten, wie Ricasoli eben.
    "Gesetzt den Fall, ich würde etwas herausfinden, hätte vielleicht sogar den einen oder anderen, der bereit wäre, vor einer Kamera zu sprechen, wie würde es dann weitergehen?"
    Für einen Moment ruhte sein Blick prüfend auf seinem Teller, dem er durch planloses hin und herschieben der einzelnen Komponenten wie Lamm und Gemüse immer wieder ein neues Aussehen verlieh.
    "Ich würde in diesem Fall prüfen, was Sie haben und entscheiden, ob das für eine Zusammenarbeit reicht..." Er zerfaserte das mürbe Fleisch, zog es mehrmals durch die Soße, um es dann tropfend in seinem Mund verschwinden zu lassen. "...Sehen Sie - ich finanziere einen Großteil meiner Projekte selbst. Das macht den Charme aus. Es macht mich unabhängig, aber es birgt auch Risiken. Wir sitzen jetzt nur hier zusammen, Lauro, weil Sie einen Namen haben - immer noch! Missbrauchsgeschichten: Die gibt es wie Sand am Meer. Damit locken sie mich nicht." Die Serviette wanderte einmal quer über sein Gesicht. "...Mich reizt das Personifizierte an der Geschichte! Wo wir schon dabei sind..." Ein breites Lächeln seinerseits. "...Warum setzen Sie sich in dieser Sache eigentlich so ein?"
"Es betrifft einen guten Freund von mir. Und ich hoffe, auf diesem Weg zu verhindern, dass sich sein Schicksal wiederholt..."
    "Hmhm, ein edles Ziel also. Wenn es zu einer Zusammenarbeit kommen sollte, wäre er denn dazu bereit, vor die Kamera zu treten?"
    "Das kann er leider nicht mehr..."
    "Ah, verstehe..." Ricasoli nickte mitfühlend. "Das heißt, das Material, das ich von Ihnen bekommen habe, ist tatsächlich der einzige Anhaltspunkt, den Sie haben?"
    "Genau!"
"Tja, mein Angebot steht!" versicherte er, in dem er sein Glas hob, um mit mir anzustoßen. "Liefern Sie, dann produziere ich..."
    "Genau, wie wir es in unserer Küche handhaben...", erwiderte ich lächelnd und tat es ihm gleich.
    ·
    »Luca, ich würde dich gerne mal sprechen...«
    Da ich auf dem Rückweg in eine Vollsperrung geraten war, hatte ich drei Stunden für eine Strecke gebraucht, die normalerweise die Hälfte der Zeit in Anspruch nahm. Ich war genervt.
    »Matteo - nicht jetzt bitte...«
    »Ich habe einen schönen Roten offen. Einen von Saputtere...« Seine Augen glänzten hoffnungsvoll. Der Alte Mann wusste, wie man mich locken konnte.
    Saputtere: unser Familien-Winzer aus der Gegend um Urbino...
    Doch an diesem Abend zog mich einfach alles ins Bett. Ich war todmüde und vor allem in einer eigenartigen Stimmung.
    »Nett von dir...«, begann ich, und ich sah, wie Matteos Lächeln der Enttäuschung Platz machte. »...Morgen vielleicht, ja? Heute bin ich einfach zu platt.«
    »Aber ich...«
    »Morgen Matteo, versprochen...«
    Ich klopfte ihm versöhnlich auf die Schulter, ließ ihn dann stehen, ging Richtung Treppe und stieg langsam die zwei Stockwerke hinauf, um in meinem Zimmer in Ruhe darüber nachzudenken, was mir in den kommenden Tagen wohl so alles bevorstehen würde.
    ·
    »Wann meinst du, wird sich das Ganze hier normalisieren?« Chip klang wirklich genervt. Ich konnte es ihr nicht verübeln.
    »Wenn alles gut geht, bin ich in einer Woche zurück, und dann...«, versuchte ich mich nicht zu sehr festzulegen.
    »Ist das eine Größe, mit der ich rechnen kann?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Wirklich...?«
    Sie hatte in der Tat jeden Grund, verärgert zu sein. Seit Wochen schon mutete ich ihr eine Unzulänglichkeit nach der anderen zu.
    »Und du nimmst Shiro mit?«
    »Ja, er begleitet mich...«
    »Noch einer weniger, na klasse...« Sie sagte es zwar leise, aber doch so laut und wütend, dass ich es hören musste.
    »Sandra hat doch angeboten, dass sie...«
    »Sandra ist so belastbar wie ein Zedernzweig. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich ihr Angebot annehme.«
    »Nein...«, antwortete ich kleinlaut, »...natürlich nicht... Stell ein, wen du willst. Du hast freie Hand...«
    »Für eine Woche? Sag mal, wie tickst du denn?«
    »Gerne auch für länger!« Ich versuchte ein versöhnliches Lächeln. »Shiro wird nicht bleiben. Also ist es eh nicht verkehrt, eine neue Küchenkraft einzustellen, oder...?«
    Sie wischte sich die Hände an ihrer Kochjacke ab, strich sich über ihre Stirn und

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