Der Herzberuehrer
hatten, fein säuberlich in Holzkisten verpackt, mit Decken umhüllt. Die religiösen Motive waren, bis auf zwei, drei Madonnen von mir aussortiert worden. Auf diese Weise blieben überwiegend Landschaftsaquarelle übrig, die wohl einst eine der Nonnen angefertigt haben musste.
Schlichte alte Holzmöbel - das war es auch schon.
»Komm, lass uns nach unten gehen...«, schlug ich vor. »...Wie wär’s mit Salat und Calamari ...?« Ich wusste, dass sie dies liebte.
Wenig später saßen wir auf der Terrasse, tranken einen eiskalten Pinot und aßen die kleinen Fische, die ich uns zuvor gegrillt hatte. Frischer Knoblauch, bestes Olivenöl, grobes Salz, reichlich Petersilie und viel Zitrone. Das machte dieses Gericht so unwiderstehlich.
Dann, endlich, begann sie zu erzählen.
Strahlend berichtete sie, wie Sebastian Cabarese einst, zur Frühlingszeit, im D’Agosta aufgetaucht war, und wie er sich stets an den kleinen Zweiertisch auf der linken Seite unter der Markise gesetzt hatte, wie er dann irgendwann begonnen hatte, ihr schöne Augen zu machen. Und wie sie schließlich feststellen musste, dass sie Gefallen daran fand. Sie mochte es, worüber sie sich selbst überrascht zeigte. Sie erzählte weiter, wie sie sich irgendwann entschloss, ihn in seinem Laden aufzusuchen, den Kauf einer neuen Sonnenbrille vorgeschoben. Aus einer Brille wurden im Lauf der Wochen schließlich drei. Um diesen kostspieligen Annäherungsversuchen ein Ende zu setzen, fasste sie sich endlich ein Herz und vereinbarte mit Sebastian ein Rendezvous.
» Vereinbarte ...?«
»Ja, ja, ich weiß, wie das klingt, aber so war es nun mal. Wir vereinbarten es...«
Dem einen folgte ein weiteres und weiteres und weiteres, und bald darauf stellte sich so etwas wie Vertrautheit zwischen den beiden ein. Ein unausgesprochenes Abkommen, das zum Spätsommer hin schließlich in einem Antrag seinerseits gipfelte. Die intimen Details klammerte Rebecca aus, umschiffte sie elegant, ohne drängende Fragen nach ihrer Existenz aufkommen zu lassen.
Sie war glücklich...
»Und du...?«, fragte sie, nachdem sie ihre Erzählung beendet hatte. »...Wie sieht es in Sachen Amore bei dir zurzeit aus?«
Ich schüttelte bedauernd den Kopf. »Mau. Nichts konkretes. Er heißt Fabio...«
»Und Shiros Anwesenheit?«
»Ist okay für mich. Irgendwie ist es sogar ganz schön, dass er da ist.«
»Ach... gibt es da irgendwas rauszuhören?«
Ich musste lachen. »Nein, nicht im geringsten. Das ist Geschichte... Aber ich mag ihn nun mal...« Dankenswerterweise bohrte sie nicht weiter.
Nach dem Essen zog sich Rebecca dann zurück, um in Ruhe ihre Koffer auszupacken und etwas zu entspannen.
So hatte ich ausreichend Zeit, das Abendgeschäft vorzubereiten.
·
»Ich würde sie ja gerne sehen..."
Shiro traf mich in der Küche an, während ich gerade dabei war, Rinderfilets von Häuten zu befreien. Er hatte damit begonnen, spazieren zu gehen, um wieder in Form zu kommen.
»Wirst du sicher auch. Sie bleibt mindestens drei Tage."
Er nickte und sah sich dabei aufmerksam in der Küche um. Er kannte sie noch aus Zeiten der Filmarbeiten, doch seitdem hatte sich hier viel verändert. Die Optik spielte nunmehr eine untergeordnete Rolle.
Es waren weitere Arbeitstische hinzugekommen. Außerdem waren die Öfen und Herde nun nach praktischen, nicht nach ästhetischen Gesichtspunkten, im Raum angeordnet. Aber es war nach wie vor die schönste Küche, in der ich je gearbeitet hatte. An diesem Tag standen die Fenster weit offen und ließen die Herbstdüfte des Waldes herein, die sich mit dem Aroma des Tomatensugos vermischten, das auf dem Herd zum Einkochen stand. Und wenn man seine Arbeit am Pastatisch verrichtete, verwöhnte einen der wunderbare Blick in den Gemüsegarten, von dem wir zurzeit täglich ernten konnten. Wo gab es das schon.
»Kann ich helfen?" Ein scheues Lächeln untermalte seine Frage, und er überraschte mich damit.
Es waren immer besondere Momente gewesen, wenn wir gemeinsam gekocht hatten. Seltsam verbundene, intensive Momente. Aber ich freute mich auch über seine Idee und nickte ihm zu.
»Gemüse putzen, wenn du magst..."
»Wie in alten Zeiten..."
»Wie in alten Zeiten", bestätigte ich und fühlte mich prompt an Fano erinnert.
Shiro griff sich ein großes Brett, wählte zielsicher ein geeignetes Messer aus, schnappte sich Kohlrabi, Möhren, Zwiebeln und Kartoffeln, die in einem Korb auf der Anrichte bereit standen und machte sich ans Werk. Er wusste genau, was zu tun
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