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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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war, daran hatte ich keinen Zweifel. Als ich dann sah, wie er zu Werke ging, bestätigte sich diese Einschätzung.
    Mit geübten Handgriffen schälte und verarbeitete er die Zutaten in form- und mundgerechte Stücke, ganz wie er es von mir und meinem Bruder Tomaso gelernt hatte.
    Ich beobachtete ihn dabei und als unsere Blicke sich trafen, musste er lächeln, wissend, dass meine Erinnerung mir gerade einen Streich spielte.
    »Wie geht's Rebecca...", fragte er schließlich über die Möhren hinweg.
    »Ich habe sie, glaub ich, noch nie so glücklich gesehen."
    »Das ist schön..."
    »Sie wird sich freuen, dich zu sehen..."
    »Ich mich auch...". Und dann, ganz leise, so dass ich ihn kaum hören konnte, sagte er »...Luca, ich geh zurück nach Japan..."
    »Du gehst was...?"
    »Nach Japan. Ich geh zurück nach Japan."
    Ich legte mein Messer zur Seite und sah auf das Stück Fleisch vor mir. Denn ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte.
    Eigentlich war es ein logischer Gedanke, aber auf der anderen Seite ...
    »... Wieso zurück ? Du bist Italiener..."
    »Du weißt, wie ich es meine..."
    »Nein! Weiß ich nicht...", erwiderte ich tonlos. »...Du warst dort nicht glücklich, erinnere dich..."
    »Das stimmt..."
    »Siehst du."
    »...Aber ich hatte dort keine Angst."
    Da verstand ich plötzlich.
    Es war ein schlimmer Moment.
    ·
    Frischer Lorbeer. Es gibt nichts vergleichbares.
    Möchte man dieses Aroma adeln, empfiehlt es sich, Rinderfilet damit zu ummanteln.
    Eine feine Schicht scharfen Senf bedarf es, auf der die Blätter etwas haften, in ihrem Gewicht großzügig bemessene Tournedos und ausreichend Küchengarn, schon hat man eine Delikatesse auf dem Teller, die im Gedächtnis bleibt.
    Einfach den Bratensatz im Anschluss mit einem richtigen Schuss Cognac ablöschen, gestoßenen Pfeffer dazu - reduzieren – ein Stich eiskalte Butter, und gut.
    Dieses Gericht war es unter anderem, welches ich an jenem Nachmittag mit Shiro zusammen vorbereitete, und jenes wurde ihm und Rebecca am Abend auch auf der Terrasse serviert.
    Die beiden zusammenzusetzen erschien mir als eine gute Idee.
    Mich entlastete es, da ich nicht das Gefühl hatte, mich um meine Schwester kümmern zu müssen, und die beiden konnten sich nach all der Zeit austauschen. Noch dazu war Rebecca gut mit Shiros Mutter Ayumi befreundet. Also gab es auch von dieser Seite genügend Gesprächsstoff.
    Worüber sie sich unterhielten, wie viel Shiro meiner Schwester von seinen letzten Monaten offenbaren würde, konnte ich natürlich nicht ermessen. Ich wusste jedoch, welche Talente in ihr ruhten, ein Gespräch in die gewünschte Richtung zu lenken. Damit hatte sie mich immer wieder überrascht.
    Ich hatte dafür gesorgt, dass sie einen etwas abseits gelegenen Zweier-Tisch am Rande der Terrasse bekamen. So hatte ich sie vom Küchenfenster aus im Blick und das, was ich sah, gefiel mir.
    Ganz im Gegensatz zu dem Gespräch am Nachmittag.
    Shiros Plan, Italien zu verlassen, war meiner Ansicht nach viel zu kurz gedacht.
    Ich konnte mich noch gut daran erinnern, mit welcher Enttäuschung er damals aus Japan zurückgekommen war.
    Die Erkenntnis, dass er hier generell als Asiat abgestempelt wurde, hatte ihn in all den Jahren stark und trotzig werden lassen. Er war Stolz auf das, was er war, als ich ihn kennen lernte. Ein Japaner mit italienischen Wurzeln.
    Als dann sein Traum in Erfüllung gegangen war und er die Chance bekommen hatte, mehrere Monate bei seiner Mutter in Kumamoto zu verbringen, da traf ihn das Verhalten seiner Familie dort wie ein Schlag ins Gesicht.
    Sie akzeptierten ihn einfach nicht.
    So wenig wie es ihm hier möglich war, als ein Italiener wahrgenommen zu werden, so wenig gab ihm Japan die Chance, ein Asiat zu sein.
    Das war schlimm für ihn gewesen, und die Ausgrenzung dort, hatte ihn seinerzeit sehr verletzt.
    Und ich? Ich bekam von alledem nicht wirklich etwas mit. 'Zu beschäftigt mit mir selbst', musste mein rückblickendes Urteil lauten. Dabei hätte er mich so sehr gebraucht, damals.
    Jetzt aber sah ich es. Ich sah, dass er bereit war, einen riesigen Fehler zu begehen.
    Also war es nun an mir, zumindest den Versuch zu unternehmen, ihn davon abzuhalten.
    Das war ich ihm noch schuldig.
    ·
    Als ich mich nach getaner Arbeit zu ihnen setzte, wirkte die Stimmung zwischen den beiden auf mich gelöst. Was allerdings nicht so viel aussagt, wenn man sich überlegt, dass ich direkt aus einer Küche kam, in der zuvor absolute Thermik geherrscht hatte.
    Aber die

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