Der Herzberuehrer
Ihre Haltung erstaunte mich schon.
»Das hat ganz pragmatische Gründe, denke ich. Zum einen will sie den Rummel nicht im eigenen Haus haben...«
»Ja?«
»...und zum anderen hofft sie vermutlich darauf, dass das Fest eine versöhnende Wirkung auf euch haben könnte...«
Ich hatte mir schon so etwas gedacht. Und es nervte mich, dass ich Recht behielt. »Wieso auf uns...?«, hakte ich daher düster nach. »...Sie hat sich damals genau so von uns abgewandt wie Antonio. Denkst du, dass vergesse ich so einfach?«
»Ich weiß, dass du das nicht vergisst! Aber so sieht es nun mal aus.«
»Na, und du?«, fragte ich direkt »...Hoffst du das auch?«
»Ich würde lügen, wenn ich nein sagen würde. Doch ich rechne nicht damit.«
»Aber warum dann hier, Rebecca? Warum tust du mir das an?« Ich muss fast verzweifelt geklungen haben, aber sie lächelte nur ein wenig unergründlich.
»Weil ich dich ehren möchte, Luca. Ja, verstehst du das denn nicht? Du bist mir so viel näher als Tomaso oder Vater.« Sie begann ihren rechten Daumen mit dem linken zu kneten, wie sie es schon immer getan hatte, wenn sie unter Anspannung stand.
»Das aufgeblasene Gehabe in Fano macht mich rasend. Du kannst dir nicht vorstellen wie froh ich bin, aus diesem Haus zu kommen. Endlich mal durchatmen zu können...«
Ich griff zu meinen Zigaretten, aber sie legte ihre Hand auf die meine und sah mich eindringlich an.
»Du warst nicht nur für Lorenzo Vorbild, Luca. Du warst es in gewisser Weise auch für mich. Einfach, indem du gegangen bist. Du hast ohne zu Zögern dieses grässliche Lauro-Gesetz durchbrochen und eine eigene Entscheidung getroffen...«
»Ich wusste nicht...«, sagte ich betroffen, ohne weiter zu wissen.
»Natürlich nicht. Ich habe ja auch perfekt funktioniert. Immer. Ich war ja immer stark. Aber doch nicht hier drinnen...« Sie legte ihre Hand auf die Brust. Dann trank sie ganz pragmatisch einen großen Schluck Orangensaft.
»Ich möchte dich ehren, Luca. Ich möchte meinen kleinen Bruder ehren, weil er Großes geschaffen hat...«
»Und du möchtest bestrafen...«, stellte ich nach einer Weile fest.
Sie lächelte fein. »Das Ehre und Strafe in diesem Fall Hand in Hand gehen, dafür kann ich nichts, oder...?« Dann gab sie mir Feuer.
Nein, dafür konnte sie nichts. Aber dass sie das Ganze durchzog - dafür war sie schon verantwortlich. Na, und nun, ein wenig auch ich. Ich würde Rebecca eine Hochzeit ausstatten, wie sie die Lauros noch nicht gesehen hatten. Grund genug gab es jetzt dafür...
·
Sie bekam ihre Kapelle!
Sowie alles, was ihr sonst noch so vorschwebte. Ich war erleichtert. So gewaltig, wie ich befürchtet hatte, wurde die ganze Angelegenheit nämlich nicht.
80 bis maximal 100 Gäste, die Zahl schwankte noch. Ein traditionelles Menü der gehobenen Kategorie, wie wir es auch à la carte anboten, Mitternachtssuppe und Käsegang inklusive. Die Familie sollte bei uns, die angereisten Gäste in der Umgebung untergebracht werden.
Gut, das war von vornherein klar gewesen, da unsere Kapazitäten nun mal eingeschränkt waren.
»Wirklich die ganze Familie?«, fragte ich zweifelnd.
»Ja, sicher.«
»Tomaso und Giade?«
»Natürlich auch Tomaso und Giade« Sie lächelte beruhigend. »Ja, glaubst du ernsthaft, Tomaso würde es auch nur wagen, irgendeine seiner Gehässigkeiten abzulassen? In deinem Haus?«
»Sofort...«, antwortete ich in der Gewissheit, dass ich Recht hatte.
»Wenn er das tut, wenn er das wirklich wagen sollte, dann schmeiß ihn raus!«
»Worauf du dich verlassen kannst!«
Die folgende Menüplanung war unkompliziert, denn ich wusste, was ihr gefiel. Und ganz wie ich es erwartet hatte, winkte sie alle Vorschläge, die Chip ihr unterbreitete, durch.
Die beiden Frauen mochten sich. Darauf hatte ich gebaut. Außerdem war es mir wichtig, Rebecca zu zeigen, dass das Lauros nicht allein auf meinen Schultern lastete, sondern das ein Team dahinter stand. Ganz so wie es sein sollte.
Eine Wildbouillon bildete den Auftakt. Ganz klar, völlig schnörkellos. Einfach nur der Geschmack des Waldes. Dann ein kleiner Salat mit in hiesigem Honig karamellisiertem Kürbis. Als drittes Pasta. Die zog Rebecca einem Risotto in der Regel vor. Sie stimmte Ravioli mit einer Artischockenfüllung zu, die ich bequem bei meiner Freundin Luisa in Genova vorbestellen konnte.
In der Folge gab es dann Fleisch oder Fisch, je nach Wunsch. Beim Fisch war klar, dass wir uns für jene aus dem Fluss entschieden. Sie passten
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